Welche Kuh passt auf die Alp?
54 Milchkühe der Rassen Holstein, Original Braunvieh und Hinterwälder verbringen einen Teil des Sommers auf der Alp Weissenstein bei Preda (GR), einem der Forschungsstandorte von AgroVet-Strickhof. Den ganzen Tag grasen sie auf der Weide und werden zweimal täglich im mobilen Weidemelkstand gemolken. Von Forschenden werden die Kühe beobachtet: Welchen Teil der Weide nutzen sie? Welche Pflanzen bevorzugen sie beim Grasen? Wie viel Methan produzieren sie? Schliesslich wird auch die Milchmenge und deren Inhaltsstoffe analysiert.
Unterschiedliches Fressverhalten
Mit dem Versuch «PeaMaps» wollen die Forschenden herausfinden, welche Kuhrasse für welche Weide am besten geeignet ist – je nach Futterangebot und Terrain kann die Antwort unterschiedlich ausfallen. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, welche Kuhrasse sich unter den oft anspruchsvollen Bedingungen der Alp wohlfühlt, ökologisch nachhaltig wirkt und sich finanziell lohnt. Dazu werden eine intensive Milchrasse (Holstein), eine mittel-intensive Zweinutzungsrasse (Original Braunvieh) sowie eine extensive Zweinutzungsrasse (Hinterwälder) untersucht.
Gerade Alpweiden unterscheiden sich stark in der Futterqualität, in der Zusammensetzung der Pflanzen und im Gefälle. Der Versuch soll zeigen, ob extensive Kuhrassen besser mit schlechterer Futterqualität zurechtkommen als intensive Kuhrassen. Bereits im Jahr 2018 wurde ein ähnlicher Versuch mit Fleischrindern durchgeführt, der aufwies, dass sich extensive Rassen vermehrt in steileren Lagen aufhalten und diese gleichmässiger abgrasen als intensive Rassen, welche flache Weiden bevorzugen und das Futter selektiver auswählen.
Beweidung bringt Artenvielfalt
Caren Pauler, Wissenschaftlerin bei Agroscope, interessiert die Frage, wie die Rassenvielfalt in der Schweiz – insbesondere in den Alpen – zurück auf die Weiden gebracht werden kann. Die heutige Entwicklung weg von extensiven hin zu intensiven Rassen ist gerade für die Alpregionen problematisch, da deren Bergweiden meist weniger produktiv sind als die Weiden im Flachland. Werden Hochleistungsrassen auf die Alp gebracht, wird die Fläche oft nicht mehr optimal abgeweidet oder es wird ganz darauf verzichtet, sie zu bestossen. Unbewirtschaftete Weiden verbuschen, was zu einem starken Rückgang der Biodiversität führt. Eine gezielte Beweidung hingegen hat positive Auswirkungen auf die Artenvielfalt. Der Versuch auf Alp Weissenstein soll aufzeigen, wie die vorhandenen Flächen optimal genutzt werden können, um eine nachhaltige Bewirtschaftung sicherzustellen.
----------------------------------
Ablauf des Versuchs
Die 54 Milchkühe werden in Etappen nach Alp Weissenstein gebracht. Jeweils 18 Tiere kommen gleichzeitig auf der Alp an und können sich während zwei Wochen an die Umgebung gewöhnen. Danach grasen sie nacheinander auf drei verschiedene Weidetypen: Eine qualitativ gute Weide, eine mittelmässige Weide und schliesslich eine Waldweide mit Büschen. Auf jedem Weidetyp erfassen die Forschenden die Futterpflanzen-Auswahl und die aufgenommene Futtermenge.. Die Tiere sind mit einem GPS-Tracker ausgestattet, der ihr Bewegungsverhalten aufzeichnet. Zudem wird mit dem «Greenfeed» - einem mobilen System zur Messung der Atemluft - der Methanausstosses der Tiere gemessen. Insgesamt sind zwölf Mitarbeitende auf der Alp Weissenstein tätig. Drei davon sind für den regulären Alpbetrieb zuständig, die anderen arbeiten für den Versuch.
Der Versuch wird vom Schweizerischen Nationalfonds finanziert. Melissa Terranova von Agrovet-Strickhof betont, wie wichtig Alp Weissenstein für diese Forschung ist.: «Alp Weissenstein ist der einzige Ort, an dem solche Forschung durchgeführt werden kann. Für private Alpen wäre der Aufwand viel zu gross.»
Text: Ursina Berger, Strickhof