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Die Referentinnen und Referenten der AgroVet-Strickhof Tagung mit Organisator Matthias Schick, Leiter Tierhaltung und Milchwirtschaft am Strickhof (5.v.l.).>

Wo die Kuh am besten frisst

Wie lässt sich Nutztierhaltung effizient, nachhaltig und an den Standort angepasst gestalten? Diese Frage stand im Zentrum der AgroVet-Strickhof Tagung von Ende Oktober.

Wie in den vergangenen Jahren brachte die AgroVet-Strickhof Tagung von Ende Oktober Fachleute, Landwirte, Lernende und Forschende zusammen und bot eine Plattform für den Austausch von Wissen und Erfahrungen aus Praxis und Forschung.

Marco Pezzatti, Leiter des Amts für Landschaft und Natur des Kantons Zürich, eröffnete die Tagung und zeigte auf, welche Kriterien eine standortgerechte Tierhaltung erfüllen sollte: Sie muss gesellschaftsverträglich sein, natürliche Ressourcen nutzen, marktorientiert und politisch abgestimmt sein sowie eine ressourceneffiziente Produktion ermöglichen. Marco Pezzatti ist überzeugt, dass viele Landwirte bereits intuitiv standortgerecht wirtschaften. Wichtig sei, dass aus dem Bestreben einer standortangepassten Nutztierhaltung keine neuen Vorschriften entstehen, denn jede zusätzliche Regel könne Fehlentwicklungen auslösen. Er erachtet vor allem die Ressourceneffizienz als besonders relevant, was auch mit Nachhaltigkeit gleichgesetzt werden könnte.

Auf die Frage, was Landwirte konkret ändern sollten, appellierte Pezzatti an die Forschung: Sie solle den Fokus auf die Schweizer Verhältnisse nicht verlieren. «Es wird viel geforscht, aber die Erkenntnisse für die Schweiz sind oft schwierig zu erkennen», so sein Fazit.

Tiere und Pflanzen gehören zusammen

Jean-Marc Chappuis, stellvertretender Direktor des Bundesamts für Landwirtschaft, stellte globale Zusammenhänge her: Weltweit ist jede dritte Person mangelernährt, und die Nachfrage nach tierischen Produkten steigt weiter – nicht zuletzt aufgrund des Bevölkerungswachstums. Bis 2050 müssen rund 10 Milliarden Menschen ernährt werden. Dafür braucht es mehr Fläche oder eine intensivere Nutzung – und das möglichst nachhaltig. «Das ist eine grosse Herausforderung mit vielen Zielkonflikten», sagte Chappuis.

Er betonte die Bedeutung der Kreislaufwirtschaft, in der Nutztiere eine zentrale Rolle spielen – insbesondere als Verwerter von Gras. Für eine bessere Ernährungssicherheit in der Schweiz sei ein höherer Selbstversorgungsgrad nötig. Das bedeute, die Produktion und den Konsum von pflanzlichen Nahrungsmitteln zu erhöhen, sowie die Eier-, Geflügel- und Schweinefleischproduktion zu senken, bei gleichbleibender Rindfleischproduktion.

Chappuis warnte davor, Nachhaltigkeit nur national zu denken: «Wollen wir die Nachhaltigkeit der Lebensmittelproduktion in der Schweiz erhöhen, liegt die Gefahr nahe, dass wir vermehrt Produkte importieren und die Umweltbelastung ins Ausland verlagern.» Sein Fazit: Es gilt, die pflanzliche und die tierische Produktion nicht gegeneinander auszuspielen, sondern beides am passenden Standort zu produzieren. 

Mit Biosicherheit gegen Tierseuchen

«In den letzten zwei Jahren hat sich bei Tierseuchen alles radikal geändert», sagte Gertraud Schüpbach, Dekanin an der Vetsuisse-Fakultät der Universität Bern. Sie gab einen Überblick über die aktuell grassierenden Tierseuchen. Die Bekämpfung und der Nachweis seuchenfreier Bestände seien aufwendig. Besonders überraschend: die Maul- und Klauenseuche ist in Europa wieder aufgetaucht und kann jederzeit erneut auftreten. Sie betonte, dass bei jeder Tierseuche die Biosicherheit viel zur Abwehr beitragen könne, weshalb ihr grosse Beachtung geschenkt werden müsse: «Vorbeugen lohnt sich!»

Zukunft mit Zweinutzungsrassen?

Adrian Arnold, Präsident von Braunvieh Schweiz, stellte die Vorteile von Zweinutzungsrassen vor. Während Hochleistungsrassen zunehmen, geht die Zahl der Braunviehkühe zurück – obwohl sie in allen Produktionssystemen mithalten können und weltweit verbreitet sind.

Der Hitzestress ist für die Rinder ein zunehmendes Problem: Die Folgen reichen von Leistungseinbussen bis Stoffwechselprobleme. Braunvieh sei deutlich robuster als Holstein und werde gezielt auf Hitzetoleranz weitergezüchtet, so Arnold. Zudem sei Braunvieh effizienter und verursache weniger Stickstoffemissionen. 

Arnold plädierte dafür, die Milchproduktion wieder stärker auf Grünlandstandorte zu verlagern und weniger Holsteinkühe zu halten. 

Forschungsthemen sehe er bei den Fragen in wie weit Zweinutzungsrassen die regionale Selbstversorgung mit tierischen Proteinen durch Kombination von Milch und Fleischproduktion steigern können? Oder etwa wie sich der ökologische Fussabdruck und die Treibhausgasemissionen von Zweinutzungsrassen und Hochleistungstieren unterscheiden?

Hubert Pausch von der ETH erläuterte in seinem Referat die Grundlagen für moderne Züchtungsarbeit, dessen Kenntnis notwendig ist, damit man Forschungsfragen zu genetisch bedingten Unterschieden zwischen Rassen angehen kann. Und Caren Pauler von Agroscope stellte erste Resultate aus einem Versuch vor, in dem es darum ging welche Kühe am besten mit Alp Weiden zurechtkommen. Aus ihrer Sicht haben die Leistungszucht und die Tatsache, dass die milchbetonten Rassen immer grösser werden, die Eignung der Kühe für die Alpung reduziert. Wenn man die Alpweisen längerfristig nachhaltig nutzen will, brauche es standortangepasste Weidetiere. 

Weitere Referate widmeten sich aktuellen (Forschungs-)Themen rund um die Nutztierhaltung. So zeigte Thomas van Boeckel von der Universität Zürich auf, wo und wie sich global Antibiotika Resistenzen entwickeln. Christina Nathues erläuterte, wie aus Sicht der BLV die Überwachung der Tiergesundheit mittels Digitalisierung verbessert werden sollte und wie diese Daten Tierhalter und Tierärzte bei ihren Entscheidungen unterstützen sollten. Daniel Imhof von Nestlé erläuterte die Sicht der Nahrungsmittelindustrie auf die Milchproduktion in der Schweiz. Und in einem Versuch der Universität Zürich, der von Niels Verhulst vorgestellt wurde, wurde aufgezeigt, dass gewisse Probiotika das Potential haben, den Befall mit Gnitzen zu reduzieren, wenn sie auf das Fell der Tiere aufgetragen werden. 

Auch in diesem Jahr wurden auf über 30 Postern wieder aktuelle Forschungsarbeiten präsentiert. Von diesen konnten 10 Forschende ihre Arbeit zudem in einer Kurzpräsentation vorstellen.

Text: Ursina Berger, Strickhof und Melissa Terranova, AgroVet-Strickhof

 

AgroVet-Strickhof-Tagung
Die Referentinnen und Referenten der AgroVet-Strickhof Tagung mit Organisator Matthias Schick, Leiter Tierhaltung und Milchwirtschaft am Strickhof (5.v.l.).