Tierwohl bis zum letzten Tag
Am online Fachabend des Teams Tierhaltung von dieser Woche gewannen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen umfassenden Einblick in das Thema «Hof- und Weidetötung». Einführend erläuterte Eric Meili vom FiBL die Grundlagen dieser alternativen Schlachtmethode (unabhängig Produktionssystem). Bei der Hof- oder Weidetötung findet der Betäubungs- und Entblutungsprozess auf dem Betrieb – in gewohnter Umgebung des Tiers – statt. Die bereits getöteten Tiere werden anschliessend zum Schlachthof transportiert, wo das Ausweiden und die weitere Verarbeitung unternommen werden. Diese Schlachtung ohne Lebendtiertransport wirke sich positiv auf das Tierwohl und auf die Fleischqualität aus, weil das Tier weniger oder sogar keinem Stress ausgesetzt ist. Eric Meili erwähnte eine Studie vom FiBL, die besagt, dass bei transportierten Tieren, das Fleisch einen um 80% höheren Anteil des Stresshormons Cortisol aufweise, als bei Tieren mit Hof- oder Weidetötungen.
Einschränkendes Zeitlimit
In der Schweiz ist seit Juli 2020 die entsprechende Verordnung in Kraft und Betriebe mit einer Bewilligung dürfen Hof- und Weidetötungen vollziehen. Seither sind in der Schweiz über 100 Bewilligungen erteilt worden, die meisten für Hoftötungen, ein paar wenige für die Weidetötung. Die Hoftötung mit Bolzenschuss kann bei allen Nutztieren praktiziert werden; für Rinder ist auch die Weidetötung mit Kugelschuss möglich. Das FibL hat ein Merkblatt zum Thema erarbeitet, das auf www.bioaktuell.ch unter Tierhaltung/Schlachtung zu finden ist. Eric Meili nennt die grosse Schwierigkeit im ganzen Verfahren, dass vom Entbluten bis zum Ausweiden im Schlachthof maximal 45 Minuten vergehen dürfen. Für viele Betriebe sei das schlicht zu kurz, weil kein Schlachtbetrieb in der Nähe ist. Aktuell ist jedoch eine Vernehmlassung für eine Verlängerung dieses Zeitlimits auf 90 Minuten im Gang.
Schonende Behandlung
Im Praxisteil begrüsste Organisatorin Katrin Müller die Teilnehmenden vor den Bildschirmen auf dem Horgenberg bei Familie Herzog. Familie Herzog betreibt seit Sommer 2021 die Hoftötung. Bisher haben sie zirka 20 Tiere auf diese Weise geschlachtet. Michael Herzog zeigte Schritt für Schritt vor, wie eine Hoftötung eingerichtet und durchgeführt wird und welche Materialen und Einrichtungen dafür gebraucht werden. Ebenfalls anwesend war Metzger und Landwirt Simon Stocker aus Wädenswil, der bei den Hoftötungen für die Betäubung zuständig ist. Simon Stocker entweidet und verarbeitet die Tiere jeweils in seiner eigenen Hofmetzgerei. Michael Herzog und Simon Stocker sind überzeugt von dieser Art, Tiere zu schlachten, weil sie so die Tiere möglichst schonend behandeln können und sie damit gute Erfahrungen gemacht haben.
Durchdachter Ablauf
Das Interesse der Teilnehmenden am Fachabend war gross und es wurde rege die Gelegenheit genutzt, Fragen via Chat zu stellen, einerseits zu den Voraussetzungen und Vorgaben, andererseits zur Einrichtung wie Fanggitter, Frontlader, Transportanhänger und weiterem mehr. Dabei kam klar zum Ausdruck, dass sämtliche Schritte gut durchdacht und vorbereitet sein müssen, damit keine Zeit verloren geht. Denn selbst bei kurzen Transportwegen wie bei Herzog und Stocker ist die Zeit von 45 Minuten knapp bemessen.
Auch wenn die Konsumenten die schonende Tierhaltung begrüssen, werde die Hof- und Weidetötung vermutlich eine Nische mit Potential in der Direktvermarktung bleiben, glaubt Eric Meili.
Text: Ursina Berger
Infozeilen:
Das FibL-Merkblatt zum Thema «Hof- und Weidetötung» ist im Internet auf www.bioaktuell.ch unter Tierhaltung/Schlachtung zu finden.