Solarpanels und dreiblättrige Windräder
«Das Reiseprogramm war gespickt mit Hofbesuchen und wir gewöhnten uns langsam aber sicher an die weitläufigen Wiesen und Äcker, nur einzeln unterbrochen von kleinen Wäldchen und Hecken. Noch extremer war der Landschaftswechsel während der Fahrt und so hoben sich unweigerlich zwei uns eher unbekannte Kulturen hervor. Ob schon in voller Blüte oder erst am Schossen, einen Unterschied sah man nicht. Oder erkennt ihr ein Solarpanel oder dreiblättriges Windrad «Trifolium vindonum» im Stadium DC 27?
Ehemalige Genossenschaften
Da wir nun wussten, wo der ganze Wind herkam, konnten wir unsere Konzentration wieder voll und ganz den Betrieben widmen. Welche durch die kommunistische Herrschaft von einzigartiger Grösse und Ausgestaltung waren. Diese ehemaligen Staatsbetriebe, auch Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften genannt, haben regelmässig 4000 ha LN. Einer davon war die Agrargesellschaft Priessnitz, ein Familienbetrieb mit mehreren Angestellten, inkl. zwei Mechanikern, mit rund 4000 ha LN, Mastschweinen und Milchkühen. Von der Ernte wird die Hälfte selbst eingelagert, vieles aber auch in der Biogasanlage verwertet.
Schläge bis 150 ha
Aufgrund der vielen Betriebszweige ist der Betrieb auf drei Standorte aufgeteilt. Das am Dorfrand liegende Getreidelager kann in der Saison bis zu 2000 t Getreide pro 24 h einlagern. Der Milchviehstall befindet sich im nächsten Dorf. Die 220 Milchkühe (Holstein und Jersey) sind in vier Gruppen aufgeteilt und werden von vier Melkrobotern bedient. Man bedenke, dass bei dieser Anzahl an Kühen auch der Nachwuchs Platz finden muss. Aber das ist ja kein Problem in Ostdeutschland, denn wer hat nicht auch eine sonst leerstehende Scheune für die gesamte Aufzucht von aktuell 40–50 Kälber? Auch die Felder kamen nicht zu kurz, das ist bei ihrer Grösse auch eher schwierig. Wir fuhren nicht selten an Schlägen von 60 bis 150 ha vorbei und zwischendurch sahen wir auch immer wieder ein dreiblättriges Windrad, welches sich in die Höhe reckte.
Riesige Getreidelager
Weiter gen Magdeburg wurden die Tierhalter immer seltener, denn die «Magdeburger Börde» ist bekannt für ihren perfekten Boden mit 100 Bodenpunkten. In den mächtigen Innenhöfen und Hallen haben sie viel Platz und müssen beim Einparken nicht um jeden Zentimeter kämpfen wie wir in unseren Remisen. In diesen berühmt, berüchtigten Ackerbauregionen darf der Getreideabnehmer nicht fehlen und er ist mit der Magdeburger Getreide GmbH bestens vertreten. Direkt am Mittellandkanal ist der Transport von Getreide, Roheisen und Soda auch auf den Wasserweg verlegbar. Täglich passieren zirka 400 Lastwägen voller Getreide die Probeentnahmestelle. Für den Umschlag vom Getreide stehen 10 Silos à 1000 t und 15 Silos à 2500 t zur Verfügung. Um das Getreide definitiv zu lagern, haben sie zwei grosse Lagerhallen à je etwa 130 000 t Fassungsvermögen. Diese Hallen sind unterteilt in Abteilungen à 10 000 t und 20 000 t. Bio-Getreide war an diesem Standort nicht vertreten; er macht auf den ganzen Getreidehandel lediglich ein Promille aus.
Besuch im Braunkohletagebau
Neben den erneuerbaren Energien ist Deutschland auch bekannt für ihren Braunkohleabbau, welcher aber auch nicht mehr lange währen wird. Wir hatten das Glück, uns solch einen Tagebau ansehen zu können. Die über 20 Millionen Jahre gereifte Kohle war einfach nur schwarz und zerbröckelte in den Händen.
Abschluss in Berlin
Nach einem letzten Halt beim Magdeburger Wasserkreuz, wo der Mittellandkanal mittels Äquadukt über die Elbe geführt wird, fuhren wir nach Berlin. Nach einer Woche Ländereien begaffen, war es eine angenehme Abwechslung, wieder einmal den Puls einer Stadt zu spüren. Denn diese Stadt ist der Geschichte so trächtig wie eine Kuh im zehnten Monat dem Kalbe.
Samstagmorgen 6:45 Uhr Abfahrt der Cars. Ankunft am Strickhof ca. 18.30 Uhr. Zum Glück hatten wir am Freitagabend genügend Ideen und Mittel, ausreichend Müdigkeit aufzubauen, um die gesamte Heimfahrt mit Schlaf optimal zu nutzen.»
Autoren: Corino Wyder und Lukas Nussbaum