Rebbau aktuell 15/2020
Das Rebjahr 2020 – ein Rückblick!
Ein turbulentes und facettenreiches Jahr neigt sich dem Ende zu. Ein Jahr, wo Flexibilität und Anpassungsfähigkeit gefordert waren. Ein Jahr mit Einschränkungen und vielen Veränderungen ausgelöst durch die Covid-Pandemie, welche die Gesellschaft möglicherweise nachhaltig verändert hat. Die Rebe blieb davon jedoch unbeeinflusst und das Rebjahr ging seinen gewohnten Lauf, für manche vielleicht eine willkommene Konstante.
Ein trockener, warmer Start
Zu Beginn des Jahres ahnte noch niemand durch welche starken gesellschaftspolitischen Veränderungen das Jahr 2020 geprägt sein würde. Der Winter war warm, die Temperaturen lagen deutlich über dem langjährigen Mittel, und ausreichend feucht. So konnte der Rebschnitt bei angenehmem Wetter erfolgen, auffällig waren nur die häufigen Oidium-Spuren vom letzten Jahr. In der zweiten Märzhälfte kam es zu einer Kaltphase. Da sich die Rebe aber zu jener Zeit noch in der Winterruhe befand, hatte dies keinen Einfluss. Der April war geprägt von Trockenheit und Sonnenschein bei sehr warmen Temperaturen, und natürlich von der ersten Covid-19 Welle. Die gut gefüllten Keller aus den Vorjahren führten bereits zu einem höheren Marktdruck, der Einbruch im Gastrobereich und Tourismus dann zu einer weiteren Verschärfung der Situation. Trotz aller Schwierigkeiten ergaben sich für manche auch Chancen, vor allem im Privatverkauf. Alle mussten sich anpassen, nur die Reben genossen die Wärme und entwickelten sich rasch. Bei Blauburgunder waren, je nach Lage, eine Woche nach Ostern bereits die ersten Blätter sichtbar. Wenigstens startete, dank der fehlenden Niederschläge, die Pflanzenschutzsaison entspannt.
Feucht-kühle Blüte begleitet von Marktturbulenzen
Die Rebblüte begann in sehr frühen Lagen bereits in den letzten Maitagen, rund zwei Wochen früher als üblich. Zu diesem Zeitpunkt war auch das Wetter noch sehr gut. In der ersten Junihälfte, genau während der Hauptblüte, wurde es kalt und nass. Schlechte Bedingungen für die Rebblüte. Je nach Lage und Sorte hat die schlechte Witterung zu teils starken Verrieselungen der Trauben geführt. Kurz vor der Blüte verabschiedete der Bundesrat auch die COVID-19-Verordnung für Wein. Diese sah eine finanzielle Unterstützung von Betrieben vor, die Wein mit kontrollierter Ursprungsbezeichnung der Jahrgänge 2019 und älter zu Tafelwein deklassierten. Mit einher ging die Forderung, die Höchsterträge für die Ernte 2020 ausgehend von der Bundeslimite um mindestens 200 g, auf 1.0 kg für rote bzw. 1.2 kg für weisse Sorten zu senken. Eine Massnahme, die nicht überall auf offene Ohren gestossen ist, gleichwohl aber da war, um das drohende Überangebot von Wein abzuschwächen.
Der Sommer – warm aber nicht zu heiss
In den meisten Fällen zeigten sich die Bestände im Sommer sehr gesund und wüchsig, kein Wunder bei dem Wetter. Laut MeteoSchweiz lag die Sommertemperatur (Juni – August) 0.8 °C höher als der langjährige Durchschnitt, Hitzetage kamen aber nur wenige zustande. Die Niederschläge lagen weitgehend in der Norm, nur Junganlagen hatten zeitweise mit Trockenstress zu kämpfen und mussten bewässert werden. Die konsequente Pflege der Anlagen und des Unterwuchses haben ebenfalls zum guten Gesundheitszustand der Reben beigetragen. Vereinzelt sah man erste Anzeichen von Falschen und Echtem Mehltau, vor allem auf Geizen, aber auch einzelne befallene Trauben konnten festgestellt werden. Anfang August war dann die Pflanzenschutzsaison auf den meisten Betrieben abgeschlossen.
Erntebeginn noch im August
Die sommerlichen Temperaturen bis weit in den September hinein liessen die Trauben in rasantem Tempo reifen. Die Wespen störte das nicht, und es kam für kurze Zeit zu einer regelrechten Wespenplage, mit regional starken Schäden bei früh reifenden Sorten. Die allgemein trockene Witterung war der Traubenqualität sehr förderlich, wirkte sich aber negativ auf das Beerengewicht aus. Auf der Fachstelle lagen bereits Ende August die ersten Erntemeldungen der frühen Sorten Solaris und Siegerrebe vor. In der ersten Septemberhälfte wurde dann der Müller-Thurgau (RS) gelesen, und auch die ersten Blauburgunderposten aus frühen Lagen wurden den Kellereien zugeführt. Diese frühe Ernte hat sehr geholfen, dass trotz den teilweise ergiebigen Niederschlägen von Ende September, allgemein sehr gesundes und qualitativ hochwertiges Traubengut geerntet werden konnte. Botrytis und Essigfäule traten nur vereinzelt auf und auch die Kirschessigfliege hatte nur lokal, entlang von Waldrändern, zu Schäden geführt. Nach 2018 und 2019 konnte in Befallslagen aber auch dieses Jahr wieder die Schwarzholzkrankheit gefunden werden, die gefährlichere Goldgelbe Vergilbung wurde bisher aber nicht nachgewiesen.
Unterdurchschnittliche Erträge aber sehr gute Qualitäten
Nach den ertragsreichen Jahren 2018 und 2019 fiel die Traubenernte 2020 in den Kantonen Schaffhausen mit 80% respektive im Thurgau mit 85% vom 10-Jahresmittel deutlich unterdurchschnittlich aus. Eine vergleichsweise gute Ernte gab es im Kanton Zürich mit rund 95% vom langjährigen Mittel. Im Kanton Zürich ergab die offizielle Weinlesekontrolle eine totale Erntemenge von rund 3.8 Mio Kilogramm. Davon wurde der grösste Teil als AOC geerntet, nur knapp 5% gingen in Zürich als Landwein oder Sonstiges in den Keller. In Schaffhausen beträgt die Gesamternte 2.8 Mio Kilogramm, wovon rund 9% als Landwein eingekellert wurden. Im Kanton Thurgau wurden rund 1.4 Mio Kilo Trauben gelesen wovon 7% als Landwein.
Der Blauburgunder ist und bleibt in allen drei Kantonen die mit Abstand wichtigste Sorte. Im Kanton Zürich wurde die Sorte im Durchschnitt mit knapp 95 °Oechsle geerntet bei einer gemittelten Menge von ungefähr 590 g/m2. In Schaffhausen resultierten 574 g/m2 bei durchschnittlich 97 °Oechsle. Im Thurgau waren es 526 g/m2 und 95 °Oechsle.
Fachstelle Rebbau SH-TG-ZH, 01. Dezember 2020