Phänologie und Pflanzenschutz (Kern- und Steinobst) – Obst-Info ZH 2/2024
Phänologie: es geht weiterhin vorwärts
Die ungewöhnlich warmen Temperaturen seit dem Versand der letzten Obst-Info haben zu einem deutlichen Fortschritt der Vegetation geführt.
Beim Apfel ist der Knospenaufbruch (BBCH 53) erfolgt und demnächst ist mit dem Abspreizen der ersten Blätter zu rechnen (Mausohrstadium). Birnen sind mehrheitlich im Mausohr-stadium.
Kirschen befinden sich je nach Lage und Sorte noch in Winterruhe oder beginnen mit dem Knospenschwellen (BBCH 51), bei Zwetschgen ist das Knospenschwellen zu beobachten (BBCH 51), bei frühen Sorten bereits der beginnende Knospenaufbruch (BBCH 53). Frühe Aprikosensorten sind teilweise auch im Freiland bereits am Blühen.
Kernobst: Pflanzenschutz
Frühe und hohe Ascosporenausstösse
Bereits Ende Februar wurden in Wädenswil die ersten Ascosporenausstösse verzeichnet. Die heutige Kontrolle der Sporenausstösse haben gezeigt, dass gestern (6. März 2024) bereits ein bedeutender Ascosporenflug in Lindau stattfand. Ein vergleichbar starker Ascosporenflug wurde auch in Güttingen verzeichnet.
Gemäss unserer Beurteilung unterschätzen die Prognosemodelle, welche die Berechnungen aufgrund der Temperaturen in 2m Höhe vornehmen, im Moment die Sporenreife. Grund dafür könnten die relativ warmen Temperaturen am Boden sein.
Unsere Praktikantin Hélène Bettschart hat sich die Daten der letzten Jahre genauer angeschaut. Die Messdaten zeigen eindrücklich, wie aussergewöhnlich dieser Februar im Vergleich zu allen anderen Jahren ist. Bereits im Januar lagen die Bodentemperaturen relativ hoch. Extrem sind die Unterschiede für den Februar mit einer durchschnittlichen Bodentemperatur von 6.6°C. Solche Durchschnittswerte werden normalerweise erst im Monat März erreicht!
Schorfbehandlung Anfang der kommenden Woche einplanen
Gemäss unserer Einschätzung führt die Kombination von reifen Ascosporen und der bereits weit fortgeschrittenen Entwicklung der Blütenknospen mit den ersten entfalteten Blättern zum ersten Schorf-Infektionsereignis 2024.
Wir empfehlen darum, vor den erwarteten Niederschlägen eine protektive Behandlung, vorzugsweise mit Kupfer, vorzunehmen.
Schorf: PSM-Einsatz IP + BIO: In Anlagen mit Schorf-, Krebs- oder Rindenbrandproblemen beim Austrieb Kupfer** verwenden. Pro Behandlung genügen 150-300g Reinkupfer/ha. Maximaler Kupfereinsatz im Kernobst ist auf 1,5 kg Reinkupfer pro ha und Jahr beschränkt. IP: Ab Knospenaufbruch BBCH 51-53 (B-C) vor Niederschlägen vorbeugende Mittel wie Dithianon (z.B. Delan WG) einsetzen. Dithianon nicht mit Ölpräparaten mischen. Mengenbeschränkung 3'400 g Dithianon-Wirkstoff beim Kernobst ab Blüte bis Ende Juni pro ha und Jahr. |
Behandlungsempfehlung aus dem Pflanzenschutzbulletin Obst Mittelland Nr.3/2024
Das einzig vernünftige Zeitfenster für Betriebe, die eine frühe Ölbehandlung eingeplant haben, öffnet sich gemäss Prognose am Samstag, wo eine Applikation bei Temperaturen im Bereich der gewünschten 12-14°C möglich scheint und keine Frostgefahr mehr herrscht. Gemäss den heutigen Prognosen sind danach die Temperaturen für eine wirkungsvolle Ölbehandlung bis auf Weiteres zu tief.
Steinobst: Pflanzenschutz
Um Infektionen mit Blütenmonilia zu verringern, sollen spätestens jetzt alle hängenden Fruchtmumien entfernt werden. Für eine direkte Monilia-Behandlung ist es noch zu früh, diese ist bei entsprechenden Infektionsbedingungen ab dem Ballonstadium (BBCH 59) einzuplanen. Ausnahme: Aprikosen, wo bei entsprechenden Niederschlagsereignissen jetzt eine erste Behandlung und eine zweite bei ca. einem Drittel offener Blüten vorgenommen werden sollte. Details siehe «Pflanzenschutzbulletin Obst Mittelland» Nr. 3.
Für eine allfällige Austriebsbehandlung mit ölhaltigen Produkten gegen verschiedene Schadorganismen (u.a. Schwarze Kirschenblattlaus) ist jetzt der richtige Zeitpunkt. Die Temperaturen müssen dabei während der Behandlung über 12°C betragen und es soll nur behandelt werden, wenn keine Nachtfröste zu erwarten sind. Auf eine gründliche Benetzung der Bäume achten.
Geringe Frostgefahr für bereits blühende Aprikosenbäume
Die gemeldeten Temperaturen am frühen Freitagmorgen könnten im schlechtesten Fall zu ersten leichten Frostschäden an bereits offenen Blüten führen.
Aus mehreren Gründen scheinen Bekämpfungsmassnahmen aber übertrieben:
- Die angekündigten Temperaturen liegen nicht in einem Bereich, wo massive Schäden zu erwarten sind.
- Die Frostbekämpfung mit Frostkerzen ist extrem teuer und sollte daher nur eingesetzt werden, wenn relevante wirtschaftliche Schäden zu erwarten sind. Mit Frösten muss leider noch etwa 2 Monate gerechnet werden. Auch wenn dies bei Minustemperaturen schwerfällt, sollte man sein Pulver (physische Kerzen und finanzielle Mittel) nicht unnötig früh verschiessen.