«Im Mittelpunkt steht der Boden»
An der Kartoffelbautagung «Qualität entlang der Wertschöpfungskette» von dieser Woche, organisiert von Sonja Basler vom Strickhof und Tobias Gelencsér vom FiBL, blickten die Referentinnen und Referenten aus dem In- und Ausland auf die von vielen Niederschlägen und ausserordentlich hohem Krautfäuledruck geprägte Saison zurück. Gleichzeitig zeigten sie auf, wie diese und weitere Herausforderungen angegangen und die Situation verbessert werden könnte. Eingeladen waren sowohl ÖLN- als auch Bioproduzenten. «Es geht um den Austausch und dass wir miteinander nach Lösungen für die Problematik mit der Krautfäule suchen», erklärte Sonja Basler. Zur Lösung beitragen sollen auch die Pflanzversuche des Strickhofs auf den Feldern von Florian Peter in Oberwil. Die 46 angebauten Sorten bildeten an der Tagung eine eindrückliche Kulisse, die unter den Produzenten und Fachberatern für Gesprächsstoff sorge. Unter den Sorten waren alle Verarbeitungsrichtungen und einige vielversprechende robuste Sorten vertreten. In den Pausen konnten die Anwesenden zudem verschiedene Kartoffelsorten degustieren und bewerten.
Boden bestimmt Pflanzzeit
Rolf Peters von Doc Potato begann die Vortragsreihe mit dem Thema Pflanzung. Der Forscher aus Norddeutschland hat sein Berufsleben ganz der Kartoffel und der Versuchsarbeit gewidmet. Für ihn ist ein vernünftiger Umgang mit dem Boden der wichtigste Erfolgsfaktor im Kartoffelbau: «Wer eine gute Ernte will, muss den Boden in den Mittelpunkt stellen.» Kartoffeln sollten nur in einen gut abgetrockneten und einigermassen warmen Boden gepflanzt werden, betonte Peters. Doch ein zu warmer Boden hat auch seine Nachteile: Die Pflanzen beginnen sehr schnell zu wachsen, was der Kartoffel viel Energie abverlangt und sie schneller abreifen lässt. Schliesslich führt das zu einem niedrigeren Ertrag.
Wuchs- und Fahrraum trennen
Rolf Peters erklärte ebenso den Zusammenhang zwischen den Wachstumsbedingungen auf dem Feld und dem Verhalten im Lager. Trockenheit, Hitze, Krankheiten und Nährstoffe beeinflussen das physiologische Alter der Kartoffel. Diese «Erinnerungen» an die Zeit auf dem Feld lässt die Kartoffel sich im Lager anders verhalten. Sie könnte beispielsweise stark verfrüht zu keimen beginnen. «Im Lager ist folglich zu berücksichtigen, was die Kartoffel auf dem Feld erlebt hat», sagte Rolf Peters. Einen besonderen Fokus legte der Forscher auf den Bodendruck. Schwere Maschinen und das Befahren von zu nassen Böden verdichten die Erde nachhaltig, was unweigerlich zu vermindertem Ertrag führt. Bewässern oder eine Düngergabe können diesen Nachteil nicht wettmachen. Er empfiehlt, wenn möglich den Wuchs- und den Fahrraum zu trennen oder mindestens ein Bodenlockerungsgerät zwischen Traktor und Setzmaschine einzusetzen.
Robuste Sorten
Tomke Musa von der Agroscope blickte auf den Krautfäulebefall der Saison zurück, wobei selbst Lagen, die sonst nicht betroffen sind - wie der Jura und Arosa - Krautfäule verzeichneten. Sie stellte den aktuellen Stand des Kraut- und Knollenfäule-Prognosemodells PhytoPre vor, das vielversprechend weiterentwickelt wird. Patrice de Werra, auch von der Agroscope, zeigte den aktuellen Anbaustand der gegen Kraut- und Knollenfäule robuste Sorten. Um die Risiken der Pflanzenschutzmitteleinträge bis im Jahr 2027 um 50% zu reduzieren, müssten erheblich mehr robuste Sorten angebaut werden. Der Trend laufe aber derzeit in eine andere Richtung.
Die beiden Landwirte, ÖLN-Produzent Daniel Peter aus Rickenbach und Bio-Produzent Heinz Höneisen aus Andelfingen, haben bereits Erfahrungen mit robusten Sorten gesammelt. Diese stellten sie an der Tagung vor. Daniel Peter hat die Sorte Twinner getestet, die nicht befallen wurde und sich gut bewährt hat. Heinz Höneisen erreichte gute Erträge mit frühen Sorten, die ebenfalls nicht befallen wurden. Er befürwortet robuste Sorten, um die Erträge zu sichern, speziell im Biobereich.
Vielseitigkeit gefragt
Die Tagung veranschaulichte deutlich, wie fast grenzenlos vielfältig Kartoffeln sein können, aber auch müssen. Susanne Kirchmaier, Züchterin bei der Niederösterreichischen Saatbaugenossenschaft gab Einblick in die Kartoffelzüchtung; in ihren Augen ein Wettlauf mit dem Klimawandel. «Ich muss wissen, wie sich der Klimawandel in den nächsten Jahrzehnten entwickelt, damit ich die Sorten mit den passenden Eigenschaften züchten kann», erklärt sie. Die Frage ist also, ob sie gegen Hitze, Trockenheit oder eher gegen Überflutung robust sein müssen? Oliver Käser von der «Bina» (Fresh Food and Beverage Group) zeigte die Sicht des Verarbeiters auf. Ein Drittel der Kartoffeln wird industriell verarbeitet, davon die Hälfte als Pommes frites. Für ihn sind die Kriterien bei der Sortenauswahl umfangreich. Auch die Ökologie soll eine Rolle spielen, fraglich sei aber, an welcher Stelle und ob die Verfügbarkeit des Saatguts in der geforderten Menge gewährleistet wäre.
Text: Ursina Berger, Strickhof