Erfahrungen aus der Umstellungszeit – Marianne und Werner Siegrist im Porträt
Mit der Umstellung auf Biolandbau hat der Betrieb von Werner und Marianne Siegrist grosse Veränderungen durchlaufen. Der Betriebszweig der Mutterkuh-Haltung wurde wegen stallbaulicher Vorschriften aufgegeben. Stattdessen entschied sich das Betriebsleiterehepaar dafür, mit Zuchtsauen in die Bio-Jagerproduktion einzusteigen. Waren es zunächst nur fünf, sind es heute 20 Moren, die in Freilandhaltung von einer Weide zur nächsten wechseln. Marianne Siegrist investiert viel Zeit und Herzblut in die Aufzucht der Jager; nachdem eine More bei der Geburt verstarb, scheute sie auch nicht davor zurück, vier Ferkel an den Schoppen zu gewöhnen und in der Anfangsphase alle sechs Stunden zu füttern. Durch den regelmässigen Transport zwischen den Weideparzellen, haben sich die Schweine sehr gut an Menschen gewöhnt und lassen sich auch am Schlachttag problemlos verladen. Siegrists setzen keine Hormone ein und dadurch sind die Würfe nicht synchronisiert. Durch die Haltung von zwei Ebern sind dennoch immer etwa vier bis fünf Sauen zur selben Zeit trächtig, so dass es möglich ist, kleine Gruppen zu bilden. Die Bio-Jager sind gefragt, die Vermarktung läuft gut.
Werner ist ein Ackerbauer mit Leib und Seele: Auch in diesem Bereich hat sich einiges verändert. In der Umstellungszeit wurden der Raps- und der Zuckerrübenanbau aufgegeben. Dafür sind Dinkel, Einkorn und Emmer als neue Kulturen dazugekommen. Seit diesem Jahr wird aus diesen drei Getreidearten das „Gemeinschaftsbrot“ auf Sauerteigbasis produziert, das in den Filialen des BachserMärts verkauft wird; an diesem Projekt sind zwei weitere Bio-Betriebe aus dem Kanton Schaffhausen beteiligt.
Die Fruchtfolge auf dem Betrieb Siegrist wird zusätzlich durch Kartoffeln, Saatweizen, Saatdinkel und Kleesamen ergänzt. Ackerbohnen und Winterlein sind ebenfalls neu dazugekommen. Auch Sojabohnen und Speisehirse hat Werner Siegrist ausprobiert, musste aber feststellen, dass seine eher schweren Böden und die Unkrautflora seines Betriebs in Kombination mit den extremen Witterungsverhältnissen der letzten Jahre nicht gut zusammenpassten.
Werner Siegrist ist ein Tüftler, der sein landtechnisches Know-How in einem Schweisserkurs und mit jahrelangem Ausprobieren immer mehr erweitert hat; bei Bedarf baut er auch mal seinen Hatzenbichler-Striegel um, damit er in der optimalen Weise an den Dreipunkt-Kraftheber angebaut und die neuen 7mm-Zinken in der richtigen Höhe eingestellt werden können. Dadurch dass die Herbstsaaten in seiner Fruchtfolge ein Schwergewicht bilden, ist die Ackerfuchsschwanz-Bekämpfung ein wichtiges Thema. Unkraut-Kuren vor der Saat, striegeln und auskämmen sind besonders wichtige Arbeiten auf dem Bio-Acker. Auch bei der Lein- und Kleesamenernte kann Werner Siegrist sein Flair für Landmaschinen einsetzen: Gemeinsam mit einem Nachbarn hat er sich einen John Deere Mähdrescher gekauft und solange getüftelt und eingestellt, bis er mit dem Resultat zufrieden war. Obwohl der Leinbestand dieses Jahr teilweise gelagert war, konnte er im Direktdruschverfahren geerntet werden.
Herausforderungen in den ersten Jahren als Biobetrieb
Fragt man Werner und Marianne nach ihren grössten Herausforderungen, nennen sie die Wildschweine in ihrer Region und die extreme Witterungsverhältnisse der letzten Jahre. Durch die aussergewöhnlich vielen Niederschläge mussten viele Arbeiten innert kurzer Zeit ausgeführt werden. So wurde auch schon mal eine Nachtschicht eingelegt und aus dem geplanten Bodenheu mussten Siloballen gemacht werden. Diese Arbeitsspitzen, bei denen man an drei Fronten gleichzeitig präsent sein sollte, gehörten zu den grössten Herausforderungen der letzten Jahre. Wie viele andere Bio-Landwirte, zählt auch Werner Siegrist die Unkraut-Bekämpfung und die administrativen Arbeiten zu den Bereichen, die besonders viel Zeit in Anspruch nehmen.
Die Haltung der Freiland-Sauen erfordert mit dem Füttern und dem Zäunen ebenfalls einen grossen zeitlichen Aufwand. Auch die Ernte der spezielleren Ackerkulturen ist zeitweise recht aufwendig. Zum Teil sind die Anfahrtswege zur nächsten Sammelstelle weiter als vorher.
Ratschläge für Neu-Einsteiger
Welchen Ratschlag würden Werner und Marianne Siegrist neuen Umstellbetrieben mit auf den Weg geben? „Der fünftägige Bio-Umstellkurs sollte für Mann und Frau obligatorisch sein“, sind die beiden überzeugt. Obwohl der Kurs nur den Anfang der Umstellungszeit darstellt, ist er nach Meinung des Betriebsleiterpaares eine wichtige Ausgangsbasis. „Es ist wichtig, dass man dasselbe meint, wenn man zusammen über ein Thema spricht und Entscheidungen treffen sollte“, meint Werner Siegrist; die Erfahrung hat ihn gelehrt, dass die strikte Trennung der Arbeitsbereiche zumindest in der Anfangszeit nicht immer sinnvoll ist.
Als wichtiger und zugleich ganz praktischer Punkt, empfiehlt Werner Siegrist jedem Bio-Umsteller, von Anfang an bei der Unkrautbekämpfung konsequent dran zu bleiben und bei Bedarf auch eine Beratung beizuziehen. „Bei Wurzelunkräutern nicht mit schneidenden Bodenbearbeitungsgeräten, wie die Scheibenegge oder Bodenfräsen, arbeiten. Blacken und Disteln nie versamen lassen, sondern ausreissen, schneiden und dabei nicht nachlassen, damit man nicht während den nächsten zehn Jahren die verpasste Bekämpfung nachholen muss.“
Auch der Austausch mit Berufskollegen, die Teilnahme an Anlässen wie der Besuch der Praxisabende für Neu-Umsteller schätzen Siegrists als sehr wichtig ein. Durch den Einblick in andere Betriebe erhalten neue Bioproduzenten wichtige Impulse, können vom Wissen erfahrener Biolandwirte profitieren und werden auf ihrem Weg ermutigt. Auch die Filme im Internet zu verschiedenen Themen des Bio-Landbaus schätzen die beiden als wertvolle Informationsquelle. Werner und Marianne Siegrist haben sich bewegt und sind auf andere Bio-Betriebsleiter zugegangen, haben nachgefragt und haben dabei sehr viel für ihre Umstellungszeit gelernt.
Autorin: Katrin Carrel, Strickhof