Herbstzeitlose (Colchicum autumnale)
Lebenszyklus und Wuchsform
Die Herbstzeitlose verfügt über eine unterirdische, mehrjährige Zwiebel, in die Reservestoffe eingelagert werden. Aufgrund dieser Reservestoffe kann sich die Pflanze lange an einem Standort halten und auch vegetativ vermehren. Die Hauptausbreitung erfolgt jedoch über Samen.
Ab August bis Anfang Oktober erscheinen die rosafarbenen Blüten, die an blatt-lose Krokusse erinnern (a). Nach der Winterruhe wachsen als erstes die bis zu 25 cm langen, dunkelgrün glänzenden Blätter (b), in Tallagen ab Ende März. Ab Mitte April werden auch die hellgrünen dreikammerigen Samenkapseln sichtbar (c). Die Samen reifen ab Mitte Juni. Ab Ende Juni bis Ende Juli verwelkt die Pflanze und zieht ein. Die Herbstzeitlose wird bis zu 30 cm hoch.
Standort und Verbreitung
In extensiven Wiesen auf frischen bis sehr feuchten Böden oder in Waldnähe.
Wirkung auf Pferde
Verzehrrisiko
Auf der Weide werden die Herbstzeitlosen von erfahrenen Tieren gemieden. Bei jungen, unerfahrenen Tieren besteht aber Vergiftungsgefahr. Eine unerwünschte Aufnahme der Pflanzen erfolgt daher vorwiegend über das im Stall vorgesetzte Futter.
Giftigkeit
Alle Pflanzenteile der Herbstzeitlose sind extrem giftig. Herbstzeitlosen enthalten das Alkaloid „Colchicin“. Dieses hemmt die Zellteilung. In der Forschung kann aber eine kontrollierte Dosierung als Mutagen verwendet werden oder als Medikament bei
z.B. akuten Gichtanfällen, da es anti-inflammatorisch wirkt.
- Besonders giftig sind die Blüten, Samen und die im Boden befindliche Zwiebel.
- Aber auch die weniger giftigen Blätter können schwere bis tödliche Vergiftungen auslösen.
- Durch das Trocknen oder das Silieren wird die Giftwirkung nicht vermindert.
- Einzig während des Welkprozesses am Ende der vegetativen Periode im Juli nimmt der Giftgehalt der Pflanze deutlich ab.
- Allerdings behalten die Samen ihre Giftigkeit.
Letale Dosis beim Pferd
15g getrocknet/100kg LG (Rind 200g/100kg LG), Tod tritt nach 1-3 (-7) Tagen durch Atemlähmung oder Organversagen ein.
Latenzzeit:2-48h
Symptome einer akuten Vergiftung
- Schwere Kolik
- Speicheln
- Erhöhte Wasseraufnahme
- schwankender Gang, Zittern
- Apathie
- Schweissausbrüche
Durch den sinkenden Blutdruck kommt es zum Kreislaufkollaps.
Wirkmechanismus
Das Gift wird im Darm schnell aufgenommen und gelangt in den enterohepatischen Kreislauf. Das heisst, es wird mit der Galle ausgeschieden und im Darm erneut zurückresorbiert, sodass es mit der Galle erneut ausgeschieden wird. Dieser Kreislauf macht die Entgiftung schwierig. An Schleimhäuten ist es stark reizend und führt zu Entzündungen im Maul, im Rachen und zur Magen-Darmentzündung (Gastroenteritis).
Die Pferde speicheln deshalb. Ihr Maul ist wund. Sie trinken viel und dabei können Schluckbeschwerden auftreten. Im Knochenmark wird die Zellteilung geschädigt. Dadurch fehlen Blutplättchen. Es kommt zu Blutungen und zur mangelhaften Blutgerinnung.
Anfänglich oder bei geringerer Dosis werden Muskeln und Nerven angeregt, die Pferde wirken nervös. Bei fortschreitender Vergiftung folgen Lähmungen und Muskelkrämpfe.
Chronische Vergiftung
Die langsame Vergiftung mit niedrigen Mengen ist schwierig zu erkennen. Oft tritt sie bei Heufütterung auf. Die Symptome sind sehr unterschiedlich und alles andere als eindeutig:
- Wiederkehrende leichte Koliken
- (blutige) Durchfälle
- Husten, Leistungsschwäche, Atemnot als Zeichen der Wirkung auf den Atmungsapparat
- Ödeme, vor allem am Kopf, aber auch unter dem Bauch, zeigen die Wirkung auf den Kreislauf
- Erhöhte Leberwerte durch Leberschädigung
- Lahmheiten: Bereits eine sehr geringe Menge kann eine Hufrehe auslösen.
Behandlungsmöglichkeiten bei chronischer Vergiftung
Toxinbinder (z.B. kurzfristige Gabe von Aktivkohle) im Futter können helfen, den enterohepatischen Kreislauf im Darm zu unterbrechen. In der Kräutermedizin wird Mariendistel verwendet, die der Leber helfen kann. Ansonsten erfolgt eine symptomatische Therapie in Absprache mit dem Tierarzt, je nach den individuellen Schäden, die das Pferd erlitten hat.
Weil Leber und Niere bereits geschädigt sind, sollte jeder Einsatz von Medikamenten vorsichtig erfolgen. Abbau und Entgiftung der meisten Medikamente erfolgen in Leber und Niere, bei geschädigten Organen aber verlangsamt. Wird darauf nicht Rücksicht genommen, kann sich das Pferd an einem gutgemeinten Medikament vergiften. Hier wäre Akupunktur eine gutverträgliche Alternative.
Bekämpfungsmöglichkeiten
Mechanisch
Ende April/Anfang Mai (Entwicklungsstand: Samenkapsel befindet sich 8 - 10 cm über der Bodenoberfläche) die Herbstzeitlosen ausreissen oder ausstechen. Zu diesem Zeitpunkt hat die alte Zwiebel ihre Reserven am stärksten abgebaut. Wird diese Prozedur mehrere Jahre konsequent nacheinander wiederholt (Jungpflanzen nicht vergessen!), ist man Herbstzeitlosen für lange Zeit los. Die erfolgreichste und sicherste Methode ist das Ausstechen.
Chemisch
Seit 2015 ist der Einsatz von Ally Tabs (Wirkstoff Metsulfuron-Methyl) als Einzelstockbehandlung mit dem Handspritzgerät erlaubt (1 Tablette pro Liter Wasser). Um die Wirkung zu erhöhen, sollte ein Netzmittel zugegeben werden.
Intensivierung
Auf Standorten, auf denen eine intensivere Bewirtschaftung sinnvoll und möglich ist, können die Herbstzeitlosen durch folgende Massnahmen zurückgedrängt werden:
- Düngen. Die Herbstzeitlose ist nicht konkurrenzkräftig auf gedüngten Wiesen.
- Ende April/Anfang Mai mulchen oder schneiden. Bei Schnittnutzung ist das Schnittgut zu entsorgen.
- Frühlingsweide durch erfahrene Tiere. Regelmässige Trittbelastung mag die Herbstzeitlose nicht.
Tipps aus der Praxis
- Das jährliche Ausstechen der Zwiebeln vor der Heuernte ist die effektivste Bekämpfungsmöglichkeit
- Braune Stücke lederiger Blätter im Heu weisen auf das Vorkommen von Herbstzeitlose hin
Das Wichtigste in Kürze
- Herbstzeitlose verliert ihre Giftigkeit auch im Heu nicht.
- Erfahrene Pferde meiden die frische Herbstzeitlose auf der Weide.
- Hat ein Pferd Herbstzeitlose gefressen, verbleibt das giftige Colchizin längere Zeit im Kreislauf.
- Akute Vergiftung führt innert Tagen zum Atemstillstand.
- Auch kleine Mengen führen mit der Zeit zu chronischer Vergiftung.
Quellen
- www.gartenjournal.net/herbstzeitlose-im-Heu, 2025, Alicia Mendes
- Giftpflanzen des Grünlandes, 2000, Dr. Gottfried Briemle