Wüchsiges Wetter für Kartoffel und Pilz
Im Vergleich zur selben Kalenderwoche des letzten Jahres sind die Kartoffelbestände aktuell deutlich weniger weit. Dafür ist das Blattlausvorkommen noch unterdurchschnittlich. Kartoffelkäfer befinden sich erst in der Paarung bis Eiablage. Für Schnecken herrschen ideale Umweltbedingungen. Haupt-Augenmerk muss aktuell auf der Krautfäule-Infektionsgefahr liegen. Aus verschiedenen Gründen ist das Risiko für Krautfäuleinfektionen derzeit hoch.
Mehrere Krautfäule-Primärherde
Schon im Mai wurden im Kanton Zürich Krautfäule-Befälle in Frühkartoffelfeldern festgestellt. Den betroffenen Produzenten ist zu danken, dass sie Befälle (siehe www.phytopre.ch) gemeldet haben und damit Berufskollegen gewarnt wurden. Diese Krautfäule-Erstbefälle – sogenannte Primärherde – wurden dieses Jahr dort gefördert, wo im Zeitraum Ende März bis Anfang April eine Frostberegnung durchgeführt werden musste. Anhaltend hohe Bodenfeuchten fördern die Übertragung des Krautfäulepilzes von einzelnen, latent infizierten Pflanzknollen auf die wachsenden Triebe im Boden. Diese infizierten Stauden – oft sind das nur einzelne Stauden an einer Stelle im Feld – streuen dann Sporen auf die benachbarten Stauden im Feld und schliesslich mit dem Wind auch in Nachbarfelder. Da sich Sporen vom Wind leicht transportieren lassen, gelten Nachbarsfelder im Umkreis von 20 Kilometern als infektionsgefährdet. In einem Jahr, wo das Frostschutz-Vlies zeitig entfernt wird und die Felder dann unmittelbar mit einem Fungizid behandelt werden, kann die epidemieartige Ausbreitung allfälliger Primärherde gebannt werden. Dieses Jahr blieben die Frühkartoffelfelder an einigen Orten bis Mitte Mai mit Vlies und somit ohne Fungizidschutz gedeckt. So konnten sich unter Vlies die Infektionen schon ausbreiten.
Witterungsbedingt hohe Infektionsgefahr
Anhaltende Blattfeuchte und Temperaturen zwischen 18-24 °C entsprechen den optimalen Vermehrungsbedingungen der Krautfäule. Die Menge und Regelmässigkeit der örtlich unterschiedlichen Niederschläge der letzten Wochen, führten zu einer hohen Zahl optimaler Infektionstage. Ist bei solchen Infektionstagen streuender Befall in einer Region vorhanden, gleichzeitig eine auf Krautfäule anfällige Sorte im Anbau und noch kein Fungizidschutz vorhanden, kann der Pilz leicht Fuss fassen. Sporuliert die Krautfäule in einem Bestand, können nebst dem Kraut auch die Knollen infiziert werden, in dem die Sporen mit viel Niederschlag oder mittels Bewässerung ins Knollennest gespült werden. Wenn sich die Krankheit in einem Bestand festgesetzt hat, gestaltet sich die Bekämpfung demzufolge aufwändig und kostenintensiv. Im Hauptanbaugebiet des Zürcher Weinlandes empfiehlt sich darum aktuell die Beimischung eines sporenabtötenden Wirkstoffes.
Die erste Fungizidbehandlung gegen Krautfäule sollte nun wegen den festgestellten Befällen und der Witterung zum heutigen Zeitpunkt in allen Beständen - unabhängig des Entwicklungsstadiums - erfolgt sein.
Rasche und konsequente Reaktion
Die Frühjahrswitterung 2016 hat uns vor Augen geführt, was die Kraut- und Knollenfäule anrichten kann bzw. wie aggressiv der Pilz ist. Bei optimalen Bedingungen kann sich der Krautfäulepilz innert 3-4 Tagen reproduzieren. Wird in dieser Phase ein Befall nicht sofort bemerkt und eine angepasste Abstopp-Bekämpfungsstrategie gefahren, kann sich eine Infektion explosionsartig verbreiten.
In der aktuellen Befallssituation ist es für den Bekämpfungserfolg zentral die Kartoffelfelder auf einen allfälligen Befall zu kontrollieren, unabhängig des Stadiums. Krautfäule-Streubefall nistet sich auf den obersten Blättern oder auf den Stängeln der jüngsten Blattetagen ein. Trotz Befall darf man nicht überreagieren und «spritzen was das Zeug hält». Wie immer gilt es situationsangepasst, nach guter fachlicher Praxis, zu handeln.
Befall abstoppen
Bestände in denen eingeflogene Krautfäule in Form eines Streubefalls ist (mehrere Stauden im Feld mit Blattinfektionen vorhanden), wird mittels «Stoppspritzung» aus Mischung von sporenabtötendem und kurativem (rückwirkendem) Wirkstoff behandelt. Vom Einsatz der systemisch wirkenden Phenylamide wird in dieser Situation abgeraten. Die Gefahr einer Fungizid-Resistenzentwicklung in sporulierenden Beständen ist hoch.
Drei Tage später ist dieselbe Behandlung zu wiederholen, damit neue Infektionen unterbunden werden können. Anschliessend kann die Krautfäulebekämpfung in einem ordentlichen Rhythmus weitergeführt werden.
Wirkungsweise der Fungizide
In der aktuellen Wachstumsphase der Kartoffelbestände erfolgt das Krautwachstum zügig. Wenige Tage nach einer Krautfäulebehandlung sind bereits wieder ungeschützte Blattäste herangewachsen. Solche können am effektivsten durch teilsystemische oder systemische Fungizidwirkstoffe geschützt werden, kombiniert mit einem kürzeren Behandlungsintervall von ca. 1 Woche.
Jetzt kommen systemische- oder teilsystemische Fungizide zum Einsatz. Systemische verteilen sich in der ganzen Pflanze, schützen den Neuzuwachs und können Infektionen die älter sind als 3 Tage noch abstoppen. Sie dürfen aber bei sichtbarem Befall im Bestand nicht eingesetzt werden. Bei den Teilsystemischen heben wir den Wirkstoff Cymoxanil hervor, der jetzt bis zu 3 Tage alte Infektionen abstoppen kann. Reine Kontaktmittel sind jetzt nicht optimal, weil wegen dem extremen Wachstum der Blätter und Stängel der Kontakt-Fungizidfilm rasch lückig wird. Kontaktfungizide die eine sporenabtötende Wirkung haben, sind ideale Mischpartner bei Stoppspritzungen.
Mancozeb ist/war ein guter Partner zu systemischen- oder teilsystemischen-Mitteln. Sogar alleine eingesetzt war er in normalen Jahren ein bewährter Kontaktwirkstoff. Der Bund hat aus gesundheitlichen und aus umweltbezogenen-Bedenken den Wirkstoff verboten. Bis Ende Jahr müssen Mittel mit Mancozeb aufgebraucht sein (4.1.2022)
Alternaria
Im Gegensatz zur Krautfäule ist Alternaria solani ein Schwächeparasit der gegen Ende des Krautwachstums sichtbar wird. Trockenheit und Hitze beschleunigen dessen Entwicklung. Das Auftreten von Alternaria ist verbreitet, ein Schaden aber weit geringer als bei der Krautfäule. Alternaria kann zu Minderertrag führen, jedoch nicht zu mengenmässig oder qualitativ einschneidenden Ausfällen. Relevant betroffen sind praktisch nur spätere Sorten mit längerer Wachstumszeit. Trotzdem muss auch Alternaria präventiv behandelt werden. Bei anfälligen Sorten empfiehlt sich über die gesamte Krautfäule-Behandlungszeit der Einsatz von Wirkstoffen mit Alternaria-Wirkung, mit zweiwöchigem Abstand und abwechselndem Wirkstoffeinsatz zur Resistenzvorbeugung.
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Sortenresistenzen
Punkto Krautfäule-Resistenz gibt es in der aktuellen Schweizer Sortenliste nur einzelne mit einer sehr geringen Anfälligkeit auf Krautfäule. Das Resistenz-Niveau dieser Sorten erlaubt eine Ausdehnung der Behandlungs-Intervalle und einen späteren Behandlungsstart, nicht jedoch der Verzicht auf einen grösseren Teil der Behandlungen. In einem aktuell laufenden Projekt von IP-Suisse untersucht die Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) den Praxisanbau der hochresistenten Sorte «Twinner» indem diese ohne Herbizide und mit 50% weniger Fungizideinsatz produziert wird.
Schnecken frühzeitig in Schach halten
Schneckenpopulationen können sich bei idealen Bedingungen rasch aufbauen. Innert Wochen kann sich die Anzahl von Schnecken verdoppeln. In Kartoffeln sind kleine Ackerschnecken, welche sich im Boden - im Bereich des Knollennestens - fortbewegen können, eine Gefahr für die Knollenqualität. Erfahrungsgemäss lassen sich solche Schnecken mit Schneckenkörnern im Sommer nicht mehr dahingehend dezimieren, dass keine Qualitätsabzüge drohen. In Schnecken-belasteten Fruchtfolgen empfiehlt sich darum ein Einsatz von Schneckenkörnern bereits zum jetzigen Zeitpunkt, kurz vor dem Schliessen des Krautdaches.