Wintergerste Sortenversuch 2019 – 2021
Ausgangslage und Versuchsfrage
Wie verhalten sich verschiedene Wintergerstensorten ertragsmässig und qualitativ unter Extenso- und ÖLN-Bedingungen?
Die Wintergerstensortenversuche werden in Zusammenarbeit mit Agroscope, der Groupe Cultures Romandie, DSP und mit Unterstützung der Branchenorganisation swiss granum durchgeführt. Die für die Auswertung berücksichtigten Standorte sind unten aufgeführt. Leider konnten in diesem Jahr am Standort Delley keine Versuche geerntet werden. Der Standort Moudon fiel ebenfalls weg. In Courtedoux hatte es zwar gehagelt, was einen Einfluss auf Ertrag und HLG hatte, aber der Standort konnte trotzdem in die Auswertung einfliessen. Der letzte Erntetermin in diesem speziellen Jahr war in Goumoens am 23. Juli. Somit können im ÖLN sechs und im Extenso sieben Standorten ausgewertet werden. Das Forum Ackerbau ist mit den zwei Standorten Gränichen und Riedholz vertreten.
Methodik
Anzahl Standorte | Anzahl Versuchsjahre | Anzahl Wiederholungen | Art des Versuchs |
6 - 8 | 3 | 3 | Kleinparzellen |
Standorte
- Ernte 2019: Gränichen AG (Liebegg), Riedholz SO (Wallierhof), Moudon VD (nur ÖLN), Delley FR, Grangeneuve FR, Nyon VD (Changins), Zürich (Reckenholz, nur Extenso), Courtedoux JU
- Ernte 2020: Gränichen AG (Liebegg), Riedholz SO (Wallierhof), Delley FR, Grangeneuve FR (nur Extenso), Zürich (Reckenholz), Moudon (nur ÖLN), Goumoens (nur Extenso)
- Ernte 2021: ränichen AG (Liebegg), Riedholz SO (Wallierhof), Grangeneuve FR, Courtedoux JU, Zürich (Reckenholz), Nyon VD (Changins), Goumoens (nur Extenso)
Anbaudaten
- Sorten 2021: KWS Orbit, SY Galileoo (Hy), Maltesse (2z), KWS Cassia (2z), KWS Tonic, KWS Higgins, SY Baracooda (Hy)
- Vergleichs- und Prüfsorten: SU Celly (2z), Esprit, Adalina, KWS Tardis, SU Laubella, Camilla, SY Kingston, KM13CO024 «KWS Feeris», Carioca, KW 6-1853 «KWS Honoris», LEU 83105, KWS Joyau, Sensation
- Saatdichte: 280 Körner/m2, 300 Körner/m2 (2z), 180 Körner/m2 (Hybriden)
- Pflanzenschutz: 1-2 Fungizide, 1-2 Wachstumsregler (Extenso: nur Herbizid)
- Düngung: ÖLN 140-150 kg N, Extenso 30 kg N/ha weniger
Resultate und Diskussion
Witterung war begrenzender Faktor
Das Anbaujahr 2021 war geprägt durch einen trockenen April, gefolgt von einem nasskalten Mai. Im Juni stiegen die Temperaturen an, bei weiterhin häufigen Niederschlägen. Schlussendlich war es im Juli bei der Erntereife der Gerste so regnerisch, dass kaum ein Zeitfenster für die Ernte gefunden werden konnte und sich diese dann gegen den 20. Juli hin verlagerte. Das erste Zeitfenster für die Gerstenernte war der 12. Juli, der einzige Tag, wo es tagsüber vielerorts trocken blieb. Das stehende Wasser im Feld verhinderte aber an einigen Standorten ein Befahren mit dem Mähdrescher.
Auch an den Versuchsstandorten konnte die Gerste erst später als üblich gedroschen werden. Die Erträge lagen deutlich tiefer als in den beiden sehr guten Vorjahren. Die Kornerträge des ÖLN-Verfahrens lagen deutlich unter 90 dt/ha, nämlich bei durchschnittlich 80.1 dt/ha. Unter Extenso-Bedingungen waren es 71.4 dt/ha. Die Grafik zeigt aber, dass die diesjährigen Extenso-Erträge sich nicht viel vom dreijährigen Durchschnitt unterscheiden. Beim ÖLN ist die Ertragsdifferenz zu den Vorjahren grösser. Die beiden Anbauverfahren ÖLN und Extenso sind 2021 näher zusammengerückt. Dies lässt vermuten, dass 2021 die Witterung und Erntebedingungen viel entscheidender waren als Düngung und Pflanzenschutz.
SY Galileoo und Esprit im ÖLN vorne
Die ertragsstärkste Sorte im ÖLN war SY Galileoo mit 86.9 dt/ha. Gleich danach platzierten sich die KWS-Sorten Orbit und Higgins mit jeweils 82.6 dt/ha. Die neue Sorte Esprit schnitt dieses Jahr nicht so gut ab mit 79.6 dt/ha. Wird ein Blick auf die dreijährigen Resultate geworfen, so vermag Esprit aber durchaus mit SY Galileoo mitzuhalten. Die Sorten Esprit und KWS Orbit sind beide früh beim Ährenschieben. Eventuell hatte diese Eigenschaft im Jahr 2021 eher negative Auswirkungen auf den Ertrag. Sehr gute Resultate lieferte die neue zweizeilige Sorte SU Celly, welche sich mit 79.4 dt/ha an vierter Stelle einreihte. Die Sorte Adalina fiel mit 77.0 dt/ha etwas ab, jedoch ist ihr Hauptvorzug nicht der Ertrag, denn Adalina ist sehr frühreif – sowohl beim Ährenschieben wie auch bei der Ernte. Durch die gleichzeitige Ernte aller Sorten wurde diese Eigenschaft speziell in diesem Jahr aber eher abgestraft. Die Erträge der zweizeiligen Sorten Maltesse und KWS Cassia lagen mit 78.0 und 74.6 dt/ha nicht weit entfernt von denjenigen der sechszeiligen. Wird auf den dreijährigen Schnitt fokussiert, so machen SY Galileoo und Esprit das Rennen. In der Rangliste folgen dicht dahinter KWS Orbit, KWS Higgins und SU Celly. Die zweizeilige Sorte Maltesse erreichte im Schnitt 2.2 dt/ha mehr Ertrag als KWS Cassia.
Esprit im Extenso-Verfahren top
Im dreijährigen Schnitt setzte sich Esprit mit dem höchsten Ertrag (82.8 dt/ha) durch. SY Galileoo drosch nur 1 dt/ha weniger und an dritter Stelle kam die zweizeilige SU Celly mit 77.7 dt/ha. KWS Higgins und KWS Orbit lagen jeweils 1.1 dt/ha beziehungsweise 2.1 dt/ha hinter SU Celly. Adalina, Maltesse und KWS Cassia erreichten mit 73.9, 72.8 und 72.9 dt/ha vergleichbare Erträge. Adalina ist im Extenso-Anbau stärker als im ÖLN-Anbau. Neben dem Vorteil der Frühreife bei Fruchtfolgen mit Zweitkulturen hat sie ein sehr gutes Resistenzprofil und ein für eine sechszeilige Sorte ansprechendes Hektolitergewicht.
Schwache Hektolitergewichte
Im Jahr 2021 bewegten sich die Hektolitergewichte (HLG) in sehr tiefen Bereichen, teilweise sogar weit unter 65 kg/hl. Der Hauptgrund war die Witterung, welche im Juni und Juli während der Abreife viel und häufig Niederschlag brachte. Auch in den beiden Vorjahren lagen die HLG tief, weshalb ein unterdurchschnittlicher Dreijahresschnitt resultiert. Im Extenso kamen als einzige die zweizeilige Sorte KWS Cassia und die sechszeilige Sorte Adalina im dreijährigen Schnitt über 64.0 kg/hl. An dritter und vierter Stelle folgen SU Celly und Maltesse. Sind die Wettervoraussetzungen für eine gute Kornqualität schlecht, können sich zweizeilige Sorten besser behaupten und noch ansprechende HLG hervorbringen, wie auch die Zahlen von 2021 zeigen. Im ÖLN-Verfahren platzierten sich die zweizeiligen Sorten deutlich vor den sechszeiligen. Im dreijährigen Schnitt waren sie schwerer als 65 kg/hl, im Jahr 2021 schaffte dies nur KWS Cassia mit 65.2 kg/hl.
Im ÖLN-Verfahren waren die Körner 2021 je nach Sorte 0.1 bis 3.6 kg/hl schwerer als im Extenso. Die grosse Differenz von 3.6 kg/hl gab es bei Maltesse. KWS Cassia und SU Celly hatten 1.7 und 1.6 kg/hl Differenz. Alle anderen Sorten wiesen nur sehr geringe Unterschiede von 0.1 bis 0.7 kg/hl auf. In den letzten Jahren lag die Differenz meist höher, da die Bestände am Schluss aufgrund des fehlenden Wassers notreif wurden. In den letzten beiden Jahren waren nicht die fehlenden, sondern die vielen Niederschläge zum Zeitpunkt der Abreife ein Problem.
Wirtschaftlichkeit
Es stellt sich oft die Frage, ob eine Sorte mit maximalem Ertrag aber tiefem HLG oder eine ausgeglichene Sorte angebaut werden soll. Um dieser Frage nachzugehen, wurden die Sorten nebeneinandergestellt. Die Sorten können innerhalb der Intensität ÖLN und Extenso miteinander verglichen werden. Wie bereits in den Vorjahren festgestellt, ändert sich auch 2021 nichts an der Tatsache, dass der Ertrag entscheidender ist für den Erlös. Die ertragsstarken Sorten liegen klar im Vorteil. Im Extenso-Anbau steht die neue Sorte Esprit mit dem höchsten Erlös an erster Stelle. Mit leicht tieferem Ertrag und fast gleichem HLG-Abzug positionierte sich SY Galileoo an zweiter Stelle. Auf den dritten Platz schaffte es SU Celly. Mit leicht tieferem Ertrag aber soliderem HLG weist sie nur Fr. 46.50 weniger Erlös pro Hektare auf als Esprit und Fr. 39.70 weniger als SY Galileoo.
Im ÖLN-Anbau liegt SY Galileoo mit Fr. 2'945.50 Erlös pro Hektare auf dem ersten Platz. Ihr folgenden die KWS Sorten Tonic, KWS Higgins und KWS Orbit, welche alle einen Erlös um Fr. 2'800.- hervorbrachten. Wie auch die Ertragsdifferenz von Extenso zu ÖLN ist folglich auch der berechnete Erlös zwischen den Verfahren dieses Jahr nicht gross. Als Beispiel die Sorte Esprit, bei welcher der Erlös pro Hektare im ÖLN nur Fr. 108.40 höher liegt als im Extenso. Bei SY Galileoo ist der Unterschied mit Fr. 362.70 grösser.
Weiter muss beachtet werden, dass wenn bei Gerste die Hektolitergewichte unter 61 kg/hl liegen, die Abzüge nach Absprache erfolgen (Übernahmebedingungen von swiss granum). Bei Tabelle 2+3 wurde immer mit dem maximalen Abzug von 60 Rappen gerechnet. Bei so tiefen Hektolitergewichten wie dieses Jahr war es die Praxis, dass ein Posten mit <61 kg/hl in der Sammelstelle noch einmal gereinigt wurde, bis das HLG höher lag. Dadurch resultiert eine schlechtere Ausbeute respektive weniger vermarktbarer Ertrag und schlussendlich weniger Erlös.
Die einfache Berechnung unter Berücksichtigung der Erlöse von Ertrag (Richtpreis) und HLG (Zuschlags- und Abzugsskala von swiss granum) verdeutlichen, dass es sich meistens lohnt, eine ertragreiche Sorte anzubauen – trotz eines schwächeren HLG. In einem Jahr wie 2021 mit sehr tiefen HLG im Abzusgsbereich und sogar unter 61 kg/hl lohnt es sich, eine sowohl im Ertrag wie auch im HLG stabile Sorte zu wählen. Im Gerstenmarkt sind Sorten mit gutem HLG nachgefragt.
Die Wirtschaftlichkeit der Sorten ist mit der Berücksichtigung von Ertrag und Hektolitergewichtszahlung nicht abschliessend beurteilt. Es können weitere Faktoren eine wichtige Rolle spielen wie die Saatgutkosten. Zwischen den Sorten gibt es hier eine Diskrepanz von mindestens 60 % höheren Saatgutkosten für die Hybridsorten.
Druckversion: Wintergerste Sortenversuch 2021
Barbara Graf, Wallierhof