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Von 525 auf 2’750 Kälber

Die angehenden HF Agrotechniker/innen haben im Rahmen einer Studienreise die Landwirtschaft der Niederlande erkundet. Petra Büeler berichtet hier über den Besuch eines Kälbermastbetriebs.

Am Dienstag, 16. April 2024, dem zweiten Tag unserer Hollandreise, durften wir in der Nähe von Venlo einen Kälbermastbetrieb besuchen. Nach einer spannenden Carfahrt durch die Region von Venlo mit unserem Reiseführer Piet Holtermans, erreichten wir nach dem Mittagessen den Betrieb von Arjan Klopman. Dort zogen wir uns aus Biosicherheitsgründen Plastikstiefel über die Schuhe und einen weissen Overall an. Fertig eingekleidet durften wir den Stall betreten. 

Arjan bewirtschaftet einen Kälbermastbetrieb mit 20 Hektaren landwirtschaftlicher Nutzfläche. Auf dieser Fläche baut er Mais an, welchen er komplett für die Fütterung seiner 2750 Mastkälber benötigt. Um den Krankheitsdruck im Mais zu verringern und die Fruchtfolgen optimaler zu gestalten, tauscht Arjan Klopman das Land jeweils mit Nachbarn ab, damit er immer die volle Fläche Mais zur Verfügung hat.

Hollandreise HF 23 Besuch Kälbermastbetrieb
Reisegruppe eingekleidet für den Besuch im Stall

Seit einem schweren Unfall im Jahr 2001 ist Arjan Klopman körperlich etwas eingeschränkt. Trotzdem war er immer gewillt, weiter in der Landwirtschaft tätig zu sein. Im Jahr 2009 baute er, nach vier Jahren Planungszeit, den ersten Stall, für 1300 Tiere. Gestartet hatte er mit 525 Kälber, diese Grösse war aber noch nicht rentabel. Im Jahr 2016 baute er den zweiten Stall und stockte auf 2750 Tiere auf. Die Planung für eine Verdoppelung des Komplexes besteht. Aktuell sind die Regelungen betreffend Stickstoffemissionen aber in reger Diskussion und daher wartet er erst einmal ab, wie sich alles entwickelt. Ebenso wie sich das Interesse seines Sohns für eine Übernahme entwickelt.

Die Kälber für die Mast stammen heute grösstenteils aus Deutschland. Früher kamen sie von Irland, die Kälber hätten eine gute Qualität gehabt, meinte Arjan Klopman. Die Einfuhr dieser Kälber hat die Regierung aber nun unterbunden. Das produzierte Fleisch wird zu 95% wieder exportiert, davon bleiben etwa 94% im EU-Raum. 

Hollandreise HF 23 Besuch Kälbermastbetrieb
Kälber mit zwei Futtertrögen pro Gruppe.

Die Kälber werden im Alter von 14 bis 32 Tagen auf den Betrieb gebracht, wo sie die ersten zwei Wochen in Einzelboxen gehalten werden. 1'400 Kälber kommen innerhalb von vier Tagen auf den Betrieb. Nach zwei Wochen werden sie in Gruppen von neun gleich schweren Tieren eingeteilt und werden dort angepasst gefüttert. Die Ration besteht aus Schotte von Frankreich, heissem Wasser, Fett und Premixer. Diese Komponenten werden wieder zu Milch gemischt, welche etwa 30-34% Trockensubstanz aufweist. Zweimal täglich erhalten die Mastkälber diese Milch. Zusätzlich zur Milch, erhalten sie einmal täglich eine an den Verzehr angepasste Futterration aus Maiskolbensilage, Stroh, Leinsamenöl, Salz und Mineralstoffen. Ab der zehnten Woche erhalten sie diese Mischung vier Mal täglich. Die Tiere werden so auf etwa 155kg Schlachtgewicht gemästet. Die Fütterung läuft vollständig automatisch ab. Leinsamenöl verfüttert er, weil Louis Vuitton einen Aufpreis zahlt, da das Leder eine bessere Qualität aufweist. 

Arjan Klopman hält die Kälber wie schon oben erwähnt in Gruppen. Jede Gruppe hat zwei Futtertröge, einer für die Milch und der andere für die Futtermischung. Teilweise sind Nuggis im Trog angekettet, damit die jungen Kälber zu Beginn der Mast die Milch wie gewohnt vom Nuggi trinken können, bis sie lernen ohne Nuggi zu trinken. Stroh zum Liegen haben die Kälber nicht, sie verbringen ihre Mastzeit auf Vollspaltenböden. Die Vollspaltenböden sind bei uns in der Schweiz nicht mehr erlaubt.

Hollandreise HF 23 Besuch Kälbermastbetrieb
Kälber werden auf Spaltenboden gehalten.

Beim Einstallen erhalten alle Kälber über die Milch Antibiotika zur Verringerung des Krankheitsdrucks. Wenn 10% der Kälber krank sind, wird auch der ganze Bestand über die Milch mit Antibiotika behandelt, denn wenn 10% sichtbar krank seien, seien schon 30% krank, meint Arjan Klopman. Nach 12 Wochen muss er praktisch keine Antibiotika mehr einsetzen. Er hat einen Abgang von etwa zwei Prozent, der Durchschnitt in Holland liegt bei vier bis fünf Prozent. Ein Stall wird innerhalb einer Woche eingestallt und nach 200 Tagen Mast auch wieder ausgestallt. Dann werden die Gitter und der Gang gewaschen, die Roste werden jedoch so belassen. 

Die Milch wird eingesetzt, um weisses Fleisch zu erhalten. Am Anfang der Mast nimmt Arjan Klopman Stichproben. Das heisst er nimmt den Kälbern Blut ab und lässt den Hämoglobinwert überprüfen, so sieht er den Eisengehalt. Zu Beginn der Mast möchte er den Wert höher haben, damit die Kälber gesund bleiben und weniger anfällig für Krankheiten sind. Gegen Ende der Mast nimmt er nochmals Proben, da er nun tiefere Werte möchte, damit das Fleisch nicht rosa wird, sondern weiss bleibt. Momentan liegt der Erlös bei EUR 6.10 pro Kilogramm Schlachtgewicht.

Gülle wird weggeführt
Jährlich fallen ungefähr 6'000m3 Jauche an. Er führt alles weg, bis auf 800m3, welche er für seine eigenen Flächen braucht. Die Jauche kann er an Bauern in der Umgebung liefern, welche viele Ackerflächen haben. Auf den Dächern der Ställe sind Solaranlagen montiert, die ihm jährlich 450’000 kWh pro Jahr liefern. Arjan Klopman benötigt davon 220'000 kWh, den Rest speist er ein, dadurch hat er eine zusätzliche Einnahmequelle.

Arjan Klopman bewirtschaftet den Betrieb praktisch allein, ausser am Wochenende kommt ihm sein Sohn zur Hilfe. Ich war überrascht, als er uns dies erzählte, denn Arjan Klopman ist auf einen Stock angewiesen seit seinem Unfall, er ist zu Fuss nicht gut unterwegs. Im Stall hat er ein eigen gebautes Elektromobil, damit er nicht zu Fuss durch die Gänge laufen muss. Die Arbeit auf dem Feld erledigt ein Lohnunternehmer für ihn. Arjan Klopman zeigt einmal mehr, dass das Leben nach einem schweren Unfall nicht vorbei ist und man seiner Arbeit nachgehen kann, die einen erfüllt. 

In der Schweiz nicht erlaubt
In der Schweiz wäre diese Grösse von Mastbetrieb nicht erlaubt. Bei uns gilt ein maximal Tierbestand von 300 Mastkälber. Ebenfalls würde es bei uns mit der Grösse der landwirtschaftlichen Nutzfläche auf Anzahl Tiere nicht aufgehen, 20 Hektaren Land für 2750 Mastkälber. Das Jauche Problem kennen auch die Holländer, noch extremer als wir in der Schweiz. Sie haben momentan ein grosses Problem die Jauche loszuwerden. Die Landwirte dürfen auf Grünland nur noch 30m3 pro Hektare und Jahr ausbringen, im Ackerbau haben sie noch keine Beschränkung. Dies hat zur Folge, dass zu viel Jauche vorhanden ist und die Preise für die Abfuhr in die Höhe schiessen. Viel Jauche wird nach Deutschland exportiert. 

Der Besuch bei Arjan Klopman bleibt mit in positiver Erinnerung. Ich fand es sehr interessant in einen Kälbermastbetrieb dieser Grösse Einblick zu erhalten. Der Landwirt hat uns den Betrieb und seine Philosophie sehr gut vorgestellt und alle unsere Fragen beantwortet. Die Haltung auf den Spaltenböden passt mir jedoch nicht wirklich, aber es ist ein anderes Land und dort gelten andere Vorschriften. Die Kälber haben mir einen gesunden, aufgeweckten Eindruck gemacht. 

Petra Büeler, Agrotechnikerin HF