Versuchsbericht Bio-Mahlweizen Praxisstreifen 2021
Auf dem Strickhof Partnerbetrieb Stiegenhof wurden auch im Jahr 2021 acht Mahlweizensorten auf ihre Anbaueignung unter Biobedingungen geprüft. Dabei werden Kandidatensorten mit bewährten Sorten verglichen und bei einer positiven Bewertung nach dreijähriger Prüfung auf die neue Bio-Sortenliste aufgenommen. Die Sortenstreifen Praxisversuche des FiBL ergänzen die Sortenprüfungen, welche Agroscope auf Kleinparzellen durchführt. Die Sortenstreifen-Versuche werden in der Regel im Rahmen der Flurbegehung Bio-Ackerbau am Stiegenhof vorgestellt.
Methodik
Anzahl Standorte | Anzahl Versuchsjahre | Anzahl Wiederholungen | Art des Versuchs |
8 | 3 | 1 pro Standort | Streifenversuch |
Acht Bio-Mahlweizensorten wurden an acht Standorten in der Schweiz verglichen. Die Sorte WIWA von Getreidezüchtung Peter Kunz steht auf rund 50 Prozent aller Bioweizen-Flächen in der Schweiz und dient als Standardsorte im Versuch. Bio-Weizensorten werden aufgrund ihrer Herkunft in Kategorien eingeteilt. Dabei bezeichnet die Kategorie I Sorten, aus zugelassenen biologischen Pflanzenzüchtungsprogrammen (z. B. Bioverita) oder vergleichbarer Züchtung. Sorten aus der Kategorie II, erfüllen nicht alle Anforderungen für biologische Züchtungsprogramme, verwenden aber keine kritischen Züchtungstechniken und durchlaufen die Sortenprüfung unter Biobedingungen.
Tabelle 1. Bio-Mahlweizensorten im Praxisstreifenversuch 2021 (* = begrannte Sorten)
Beschreibung (Züchter, Prüfjahr, Herkunft) | |
Wiwa (Standard) | GZPK, seit 2005 auf ESL Bio, Bioverita, Kat. I |
Prim | GZPK, 3. Prüfjahr, 2021auf ESL Bio, Bioverita, Kat. I |
Wital | GZPK, 2. Prüfjahr, Bioverita, Kat. I |
Baretta | DSP/Agroscope, seit 2018 auf ESL Bio, biogez., Kat. I |
Rosatch* | DSP/Agroscope, seit 2018 auf ESL Bio, Kat. II |
Montalbano* | DSP/Agroscope, 3. Prüfjahr, 2021auf ESL Bio, Kat. II |
Bodeli | DSP/Agroscope, 1. Prüfjahr, Kat. II |
Piz Nair | DSP/Agroscope, 1. Prüfjahr, Kat II |
Der Weizen wurde am 19. Oktober 2020 gesät mit einer Saatdichte von ca. 475 Körnern pro Quadratmeter gesät. Anfang März und Anfang April wurde mit je 20m3 Gülle (1x Rindermast, 1x Schweinegülle) gedüngt, was rund 80-90 Kilo Strickstoff entspricht. Als Vorkultur standen im Jahr 2020 Zwiebeln auf dem Feld. Die Bestände wurden im März zweimal im Abstand von 14 Tagen gestriegelt. Die Böden am Versuchsstandort Stiegenhof sind mittelschwere Lehmböden, mit einem guten Nährstoffspeichervermögen.
Wetterbedingte Bewährungsprobe im 2021
Die aussergewöhnlichen Wetterverhältnisse haben das Anbaujahr 2021 stark geprägt. Während am Stiegenhof in der Regel ab Mitte Juli der Weizen geerntet wird, mussten wir dieses Jahr bis am 12. August warten, um den Sortenversuch zu dreschen. Die Monate Mai bis Juli brachten sehr viel Regen. Im Vergleich zum 30jährigen Mittelwert der Wetterstation in Zürich-Fluntern, die hier als Referenzwert dient, wurden im Mai pro Quadratmeter rund 85 Liter mehr, im Juni über 60 Liter mehr und im Juli sogar gut 120 Liter mehr gemessen als im langjährigen Durchschnitt. Ein grosser Teil der Niederschläge kam in Form heftiger Gewitter, begleitet von starkem Wind. In der Nacht auf den 13. Juli zog ein heftiger Hagelsturm über den Stiegenhof hinweg, so dass die bereits ziemlich gebeutelten Sortenstreifen noch Kornverluste durch Hagelschlag einstecken mussten. Weil die beiden Sorten WITAL und PRIM aufgrund des Sturmwetters total gelagert waren, wurden sie in der diesjährigen Ertragsauswertung nicht berücksichtigt. Auch die Ertragszahlen der übrigen Sorten sind mit Vorsicht zu interpretieren. Zum Vergleich wurden die Mittelwerte aller Standorte in den Resultaten abgebildet.
Resultate
Erträge tiefer als in anderen Jahren
Die untenstehende Grafik zeigt die Resultate vom Standort Stiegenhof im Vergleich zum Mittelwert aller Versuchsstandorte aus dem FiBL-Praxisstreifenversuch; die Sorten sind nach der Höhe der Erträge in der Gesamtauswertung geordnet.
In der Gesamtauswertung des FiBL wurden die Erträge vom Stiegenhof aus den genannten Gründen nicht mitgewertet. Die Qualitätsanalysen konnten jedoch trotzdem gemacht werden und wurden in der Gesamtauswertung der acht Standorte berücksichtigt. Für das Versuchsjahr 2021 lag der Mittelwert der Erträge aller Sorten und Standorte bei 47.8 Dezitonnen pro Hektare. Am Standort Stiegenhof erreichten die sechs ausgewerteten Sorten einen Mittelwert von 57.2 Dezitonnen. Die Sorte ROSATCH erreichte im Durchschnitt die höchsten Erträge: In der Gesamtauswertung lag der Wert bei 50.3 dt/ha. Am Stiegenhof erreichten die Sorten BARETTA, ROSATCH, MONTALBANO und PIZNAIR alle vergleichbar hohe Erträge zwischen 58.3 und 59.6 dt/ha .
BODELI, PRIM und ROSATCH mit hohen Proteingehalten
Der Proteingehalt aller Bio-Mahlweizensorten lag in der Auswertung aller Standorte bei 12.8 Prozent. Die drei Sorten BODELI, PRIM und ROSATCH erreichten Proteingehalte von über 13 Prozent. Auch beim Hektolitergewicht erreichte die Sorte ROSATCH den höchsten Wert mit 78 kg/hl. Die Sorten WIWA, WITAL und PRIM von Getreidezüchtung Peter Kunz erreichten Hektorlitergewichte zwischen 75 und 77 Kilo, während die übrigen vier Sorten unter Bio-Bedingungen Hektorlitergewichte zwischen 71 Kilo (BARETTA) und 74 Kilo (MONTALBANO) erreichten.
Aufgrund des aussergewöhnlichen Wetters waren verschiedene Sorten an einzelnen Standorten von Auswuchs betroffen. Besonders auffällig war dieses Jahr die Sorte BARETTA, die an keinem Versuchsstandort den Minimalwert von 220 Sekunden erreichte. Demgegenüber erwiesen sich MONTALBANO, WITAL und ROSATCH als besonders robust gegen Auswuchs. Die Fallzahl lag für diese drei Sorten an allen acht Standorten über 220 Sekunden.
Diskussion
Rohprotein normal, Feuchtkleber sehr tief
Das Anbaujahr 2021 war wettermässig sehr herausfordernd. Es erwies sich als Härtetest für die Weizensorten bezüglich Auswuchs, Standfestigkeit und Qualität. Die durchschnittlichen Feuchtklebergehalte (26.2%) und das Hektolitergewicht (75 kg/hl) waren auffallend tief. Die relativ normalen Rohprotein-Werte sollten deshalb nicht überbewertet werden. Hans-Georg Kessler von Biofarm kommt zum Schluss, dass der Mehlkörper der Getreidekörner sehr klein und schlecht entwickelt war und der Proteingehalt anteilsmässig nicht aus dem Korninnern, sondern vorwiegend aus dem Keimling stammte. So täuscht der Eindruck, so dass der Proteingehalt in einem normalen Bereich lag. Neben dem Keimling enthielten die Körner einen fast leeren Mehlkörper. Für die Backqualität sind die Erwartungen dementsprechend pessimistisch.
Matthias Klaiss vom FiBL schreibt: „Die Sorte BARETTA bildete mit nur 12.6 Prozent Protein, 72 kg/hl Hektoliter und einer Fallzahl von 154 Sekunden das Schlusslicht bei der Qualität. Die Schwestersorte ROSATCH schnitt hingegen sehr gut ab. Sie wies stabile Erträge und eine überdurchschnittliche Qualität auf. Die relativ neue Sorte MONTALBANO konnte nicht mehr so überzeugen wie in den Vorjahren. Sie hatte zusammen mit WIWA die tiefsten Feuchtkleberwerte.
Die Sorten aus der Züchtung von Peter Kunz erwiesen sich als Sorten mit relativ gutem Hektolitergewicht und guter Auswuchstoleranz. An einigen Standorten hatten die langen Sorten dieses Jahr mit der Standfestigkeit zu kämpfen. Die neue Sorte PRIM aus der Züchtung von Peter Kunz zeigte wie bereits im 2020 die höchsten Feuchtklebergehalte.“
Zwei neue Mahlweizensorten auf der empfohlenen Bio-Sortenliste
Die beiden Sorten PRIM und MONTALBANO wurden neu auf die Sortenliste Biogetreide für die Ernte 2022 aufgenommen. PRIM ist eine frühreife, langstrohige Sorte, die mit einem hohen Rohproteingehalt, einem gutem Hektolitergewicht und guter Backqualität überzeugen kann. Demgegenüber hat sich MONTALBANO als besonders krankheitsresistent und standfest erwiesen und gilt als ertragsstarke Sorte.
Katrin Carrel, Strickhof Fachstelle Biolandbau
Link zum Gesamtbericht der Sortenversuchen Biomahlweizen des FiBL
Link zum Video "Bio-Weizensorten im Praxisstreifenanbau"