Speisehafer Sortenversuch 2022
Ausgangslage und Versuchsfrage
Schweizer Bio-Speisehafer erfreut sich einer wachsenden Nachfrage und enthält wertvolle Inhaltsstoffe für die menschliche Ernährung. Diese Getreideart kommt mit wenig Dünger aus und eignet sich für einen extensiven Anbau. In der Fruchtfolge wird Hafer positiv bewertet, da er keine Krankheiten von Weizen und Gerste überträgt. Bio-Speisehafer wird von der Biofarm Genossenschaft vermarktet und kann nur mit einem Anbauvertrag angebaut werden.
Aufgrund von Farbe und Geschmack (Bitterstoffe) sind nicht alle Hafersorten für die Flockenproduktion geeignet. Nachdem mehrere Jahre ausschliesslich die Winterhafersorte WILAND für den Bioanbau empfohlen wurde, ist durch die gestiegene Nachfrage die Sortenpalette an Hafer merklich erweitert worden. Aktuell sind zwei Sommerhafer (CANYON und HUSKY) sowie zwei Winterhafersorten EAGLE und KWS SNOWBIRD auf der Sortenliste und welche sich auch für den Speisehaferanbau eignen. Grundsätzlich geht man davon aus, dass eine geringere Aussaatdichte eine bessere Standfestigkeit (bessere Bestockung) und einen geringeren Krankheitsdruck im Bestand bewirkt; dünnere Aussaaten sollen so zu höheren Erträgen und besserer Qualität führen. Ein hohes Hektorlitergewicht (HLG) ist für die Qualität entscheidend. Es wird ein Wert von 54 kg/hl und mehr angestrebt. Durch zwei Reinigungsdurchgänge können Posten mit mindestens 50 kg/hl nachträglich aufgewertet werden. Hafer mit einem HLG unter 50 Kilogramm wird als Futterhafer verwertet.
Speisehafer hat einen hohen Fettgehalt und muss nach der Ernte rasch getrocknet werden, damit kein Dumpf-geruch entsteht (Bild: © Biofarm)
Methodik
Anzahl Standorte | Anzahl Versuchsjahre | Anzahl Wiederholungen | Art des Versuchs |
1 | 3 | 1 | Streifenversuch |
Saat, Düngung, Pflege und Ernte
Im diesjährigen Versuch wurden drei Sommerhafer- und fünf Winterhafersorten auf derselben Parzelle angebaut und miteinander verglichen. Die Vorkultur waren Speisezwiebeln. Die gesamte Parzelle wurde am 28.09.2021 gepflügt und am 10.10.2021 geeggt. Der Winterhafer wurde am 11.10.21 gesät. Die Sommerhafersorten wurden im Frühling am 07.03.2022 gesät. Gesät wurde der Hafer entsprechend der vom Züchter empfohlenen Saatdichte. Konkret heisst das für die Winterhafersorten: EAGLE (365 Körner/m2), FLEURON und RHAPSODY (380 Körner/m2), KWS SNOWBIRD und KWS VODKA (385 Körner/m2). Die Sommerhafersorten CANYON, HUSKY und KASPERO wurden alle mit 380 Körner/m2 gesät.
Der Winter- und Sommerhafer erhielten im Frühling beide 40 Kubik Rindergülle vom Stiegenhof. Die Pflegemassnahmen für den Winterhafer waren die folgenden:
08.03.2022 Striegeln zur Unkrautbekämpfung, 18.03.2022 Walzen mit einer Glattwalze um die Standfestigkeit zu verbessern, 25.03.2022 Striegeln zur weiteren Unkrautbekämpfung, 16.04.2022 erneutes Walzen mit der Glattwalze im 1.Knoten Stadium. Der Sommerhafer wurde am 16.04.2022 mit der Glattwalze gewalzt und am 22.04.2022 gestriegelt.
Die Ernte der Winterhafersorten erfolgte am 11. Juli die Sommerhafersorten wurden eine Woche später am 18. Juli gedroschen.
Die Vegetationsbedingungen waren ideal (regelmässige Niederschläge, gefolgt von warmen, sonnigen Tagen). Ab Anfang Juli fiel kein/wenig Regen, sodass der Hafer gut abtrocknen konnte. (Siehe Grafik 2)
Nach der Ernte wurden von jeder Sorte Proben genommen. Die Feuchtigkeit wurde im Trockenschrank bestimmt. Vor der Analyse mit dem NIR-Gerät und der Bestimmung der Hektolitergewichte wurden die Proben zwei Mal gereinigt.
Die Winterhafersorte RHAPSODY – aufgenommen am 28.06.2022, überzeugte mit einem standfestem Bestand, jedoch einem tiefem HLG – siehe Grafik 1. (Bild: Viktor Dubsky, Strickhof)
Resultate
Grafik 1: Ertrag Feuchtigkeitsgehalte und Hektolitergewicht (HLG) der verschiedenen Hafersorten. Die Sommerhafersorten (helle Balken; CANYON, TYPHOON, KASPERO) wiesen deutlich tiefere Erträge auf.
Vier Winterhafersorten – VODKA, RHAPSODY, FLEURON und EAGLE ergaben über 80dt/ha– die drei Sommerhafersorten lagen diesbezüglich um/über 60dt/ha was ebenfalls sehr gute Erträge sind. Im Durchschnitt ergaben die Winterweizensorten 81.76dt/ha, die Sommerweizensorten 62.17dt/ha.
Etwas weniger gedroschen wurde bei der Sorte KWS SNOWBIRD und VODKA. Möglicher Grund dafür ist die Lagerung der Sorten (KWS SNOWBIRD gelagert, VODKA gelagert-gestossen) zum Zeitpunkt des Druschs.
Die Hektolitergewichte waren bei allen Sorten unter den für Flockenhafer geforderten 54 kg/hl.
(ØWinterweizen: 50.68kg/hl, ØSommerweizen: 50.4kg/hl) Das bedeutet, dass jede einzelne Hafersorte bei der Abgabe entsprechend aufgereinigt werden müsste. Kritisch beim HLG ist die Sorte RHAPSODY – diese erzielte ein HLG von 45.3kg/hl; möglicherweise zu tief für eine wirtschaftliche Aufreinigung.
Bei den Feuchtigkeitsgehalten lagen, mit Ausnahme von einer Sorte (VODKA war leicht drüber) alle Hafersorten unterhalb 14.5%. (ØWinterweizen: 50.68kg/hl, ØSommerweizen: 50.4kg/hl)
Grafik 2: Niederschlagsverteilung (mm oder Liter/m2) und Temperaturdurchschnitt C° 2m ü. Boden von der ca. 4km entfernten Station Lindau. Ausschnitt vom 01.03.2022 bis zum 18.07.2022 (Drusch Sommerhafer)
(Quelle: https://www.agrometeo.ch/de)
Diskussion
Erträge und Qualität
Das Anbaujahr 2022 war ein sehr gutes Getreide- und auch Haferjahr am Stiegenhof. Bei den Winter- und Sommerhafersorten wurden sehr hohe Erträge gedroschen. Gründe dafür könnten sein, dass der Hafer während seines Wachstums im Frühjahr 2022 stets mit genügend Feuchtigkeit und für den Hafer günstigen Temperaturen versorgt war (siehe Grafik 2). Zusätzlich lieferte am Standort der schwere tonige Boden und die Vorkultur (Zwiebeln) genügend Nährstoffe nach. Ausserdem herrschte dank der exponierten Lage auf dem Brüttemer Plateau, stets ein wenig Wind vor. Die Pflanzen trockneten nach Regenfällen entsprechend schnell wieder ab (Pilzkrankheiten).
Vier Winterhafersorten – VODKA, RHAPSODY, FLEURON und EAGLE ergaben über 80dt/ha– die drei Sommerhafersorten lagen diesbezüglich um/über 60dt/ha was ebenfalls sehr gute Erträge sind. Die Feuchtigkeitsgehalte lagen mit einer Ausnahme (VODKA war leicht drüber) unterhalb von 14.5%.
Die Hektolitergewichte waren bei allen Sorten unter den geforderten 54kg/hl. Alle Sorten hätten demnach für die Verwendung als Flockenhafer aufgereinigt werden müssen. Klar ersichtlich ist auch der Unterschied der Erträge vom Sommer- zum Winterhafer.
Bei diesem unterschieden sich, mit Ausnahme der Sorten KWS SNOWBIRD und VODKA (tiefere Erträge, hohe bzw. tiefe Feuchtigkeit) die angebauten Sorten nicht wesentlich agronomisch voneinander.
Offen bleibt am Schluss noch die Frage, wie die einzelnen Sorten bezüglich Eignung zur Verarbeitung, sei es als Flockenhafer oder zur „Hafermilch“, abschliessen. Um das zu klären, haben wir von sämtlichen Hafersorten Proben entnommen und an unseren Partner – die Biofarm, versandt. Wir sind diesbezüglich sehr gespannt auf die Resultate.
Da der Haferanbau nach wie vor aktuell ist, haben wir bereits auf 2023 den Folgeversuch mit sechs Winterhafersorten gesät.
Autor: Viktor Dubsky, Strickhof Fachstelle Biolandbau
Kontaktperson Gesamtversuch und Anbauvertrag: Hansueli Brassel, Biofarm