Rückblick erste Saison Sonderbewilligungen im Gemüsebau Kanton Zürich
Anfang 2023 trat eine Änderung des ÖLN in Kraft, die gewisse Wirkstoffe von Pflanzenschutzmittel (PSM) grundsätzlich verbietet bzw. die Anwendung nur nach erteilter Sonderbewilligung ermöglicht. In diversen Artikeln haben wir darüber informiert. Nun im November treffen keine Anträge auf Sonderbewilligungen mehr bei unserer Fachstelle ein. Zeit also, um ein erstes Fazit zu ziehen.
Rund halb so viele Anträge wie erwartet
Im Jahr 2023 wurden im Kanton Zürich 156 Anträge auf Sonderbewilligung im Gemüsebau gestellt (jede Parzelle wurde separat gezählt). Das ist rund die Hälfte jener Zahl, die zu Beginn der Saison geschätzt wurde. Dabei stammten 139 Anträge aus den Kohlkulturen und nur 17 aus anderen Kulturen. Die am meisten beantragten Indikationen waren dabei die Bekämpfung des Kohlerdflohs und der Kohldrehherzgallmücke mit einem der Pyrethroide. Lambda-Cyhalothrin (Karte Zeon, TAK 50 EG, Ravane, Techno 10 CS) wurde dabei weit häufiger beantragt als Deltamethrin (Decis Protech, Aligator, Deltaphar). Die Anträge hielten sich bis zur KW 20 (Mitte Mai) sehr in Grenzen, stiegen danach aber stark an. In KW 28 (Mittel Juli) erreichten die Anträge ihren Höhepunkt. Danach waren die Anträge aber wieder rasch rückläufig. Die erwarteten Anträge zur Erdraupenbekämpfung in den Salaten im Spätsommer/Herbst blieben weitestgehend aus. Der Ablauf der Antragsstellung und Ausstellung hat sich über die Saison rasch etabliert. Die eintreffenden Anträge konnten zu 99% am selben oder am Morgen des darauffolgenden Tages beantwortet werden. Effektiv abgelehnt wurden nur wenige Anträge. In der Statistik sind jene Fälle nicht berücksichtigt, bei denen bereits telefonisch mitgeteilt wurde, dass die Bedingungen zur Ausstellung einer Sonderbewilligung nicht erfüllt waren.
Grundlagen der Schädlingsbiologie treten in den Vordergrund
Spürbar wichtiger wurde das Wissen über Lebenszyklen, Verhaltensweisen und Vorkommen der verschiedenen Insekten. Die wöchentliche Flugschrift "Gemüsebau-Info" von Agroscope war noch nie so wichtig wie in dieser Saison. Auch unsere Fachstelle hat das Überwachungsnetzt in den Kohlarten im Vergleich zu den Vorjahren ausgebaut. Dies betraf vor allem die Überwachung der Kohldrehherzgallmücke, welche nur mit einer guten Lupe oder einem Binokular bestimmt werden kann. Dadurch konnten die Betriebe zum einen besser über die Ausbreitungsdynamik der entsprechenden Schädlinge beraten werden. Zum Anderen konnten die eintreffenden Anträge auch besser beurteilt werden. Obschon schon lange im ÖLN verankert, trat der Grundgedanke zur Schädlingsbekämpfung nach Schadschwellen (wo diese definiert sind) insgesamt deutlicher in den Vordergrund.
Schädlingsbekämpfung in den Kohlarten stellt Knacknuss dar
Die Umsetzung der neuen Regelung ist vor allem bei den Kohlarten eine grosse Herausforderung. Zwar gelten seit Mitte 2023 geringfügig andere Qualitätsverschriften im Handel, allgemein sind die Anforderungen aber nach wie vor sehr hoch und erlauben keinerlei Insektenbesatz. Die Kohlarten zeichnen sich durch ein sehr breites Schädlingsportfolio aus: Von den Kohlerdflöhen, über die Raupen der Eulen und Weisslinge, den blattsaugenden weissen Fliegen und mehligen Kohlblattläusen, den unscheinbaren aber gefürchteten Larven der Kohldrehherzgallmücke bis hin zu den Maden der Kohlfliege. Entsprechend ist hier der Verzicht auf synthetische Pyrethroide schwieriger als in anderen Kulturgruppen. Als Alternative kommt in vielen Fällen eigentlich nur das auch im Bioanbau zugelassene Spinosad (Audienz) infrage. Weil 2023 nach den Weisungen zum Ausstellen der Sonderbewilligung bei den Erdflöhen und bei der Kohldrehherzgallmücke zwingend eine Audienzanwendung erfolgt sein musste, gab es hier zu Saisonbeginn einige Ablehnungen/Rückweisungen von Anträgen. Die Rückmeldungen zur Wirksamkeit von Audienz aus der Produktion waren sehr unterschiedlich. Entsprechend war dieser Punkt häufig Anlass zu hitzigen Diskussionen.
Änderungen 2024
In der Saison 2024 wird es bei den Indikationen Kohlerdfloh und Kohldrehherzgallmücke eine Änderung geben. Und zwar wird dort die zwingende Erstanwendung eines alternativen PSM als Grundbedingung für das Ausstellen einer Sonderbewilligung wegfallen. Das heisst konkret, ein Antrag kann auch ohne vorhergängige Audienz-Anwendung gestellt werden. Die anderen Bedingungen (Schadschwelle überschritten und/oder Schädling dokumentiert und/oder kantonales Monitoring zeigt Gefährdung an) bleiben jedoch bestehen! Eine Anwendung eines Pyrethroids "nach Plan" wird es also auch weiterhin nicht geben.
Eine weitere Änderung wird die Art der Antragsstellung betreffen. In der Saison 2024 werden die Anträge voraussichtlich vollständig elektronisch gestellt und bearbeitet werden können. Wir werden über diese Änderung im Verlauf des Winters informieren. Bis dahin verwenden Sie bitte die bekannten Antragsformulare.