Obst-Info ZH 01-2024 vom 21. Februar 2024
Obst-Info ZH 01-2024 vom 21. Februar 2024
Frühling im Winter: Vegetation bereits ungewöhnlich weit fortgeschritten
Der Frühling naht
Bei unseren Hauptobstarten machen sich bereits seit über einer Woche die ersten Anzeichen bemerkbar, dass der Frühling naht.
Auch andere unübersehbare Dinge zeigen, dass sich die Witterung nicht erst in diesem Jahr weit weg von den langjährigen Gegebenheiten bewegt. Das Hermelin auf der linken Seite treibt sich zurzeit um die Obstanlage in Wülflingen herum und unterstützt bei der Mausbekämpfung. Das strahlend weisse Fell dient eigentlich der Tarnung vor Fressfeinden. Fehlen jedoch der Schnee und eisige Tage mit gefrorenen Wiesen, ist die Tarnung dahin.
Alle Obstbäume bereits am Knospenschwellen
Die phänologischen Erhebungen dieser Woche in Lindau zeigen, dass 2024 mit einem aussergewöhnlich frühen Knospenaufbruch gerechnet werden muss. Im Vergleich zu den frühen Jahren 2021 und 2022 scheint der Vegetationsvorsprung bei etwa einer Woche zu liegen.
Neben den phänologischen Beobachtungen im Feld wird diese Annahme auch von den Aufzeichnungen der Wetterstationen gestützt. Wissenschaftliche Publikationen zeigen vereinfacht gesagt, dass Obstbäume nach dem Überwinden des inneren «Winterschlafs» ab Temperaturen von 4 Grad damit beginnen, sich «auf den Frühling vorzubereiten».
Vergleicht man die aufsummierten Wärmeeinheiten über 4 Grad nach Ablauf des «Winterschlafs» in der abgebildeten Grafik springt sofort ins Auge, wie stark und schnell die rote Kurve 2024 ansteigt. Im Vergleich zu den anderen Jahren, wurden Temperatureinheiten, welche im Zusammenhang mit dem «Aufwachen» der Pflanzen stehen, deutlich früher erreicht. Da das Stadium Knospenaufbruch (rote Punkte auf der Linie) in den letzten Jahren immer in der hellroten Zone in der untenstehenden Grafik auftrat, ist mit einem zeitnahen Knospenaufbruch zu rechnen.
Der aussergewöhnlich früh erwartete Austrieb an sich ist noch kein Grund zu unnötiger Sorge. Trotzdem müssen sich Betriebe deutlich früher als gewohnt auf den nahenden Frühlingsbeginn einstellen.
Die Temperaturen in den kommenden Wochen werden darüber entscheiden, ob der frühe Austrieb auch zu einer frühen Blüte und damit einer erhöhten Blütenfrostgefahr führen wird.
Das Kältebedürftnis, welches unsere Obstbäume brauchen um ihren «Winterschlaf» (Endodormanz) zu überwinden, wurde diesen Winter bereits vor dem Jahreswechsel erreicht. Die seither ungewöhnlich warmen Temperaturen führen dazu, dass die Bäume früher als üblich erwachen. Die roten Punkte auf den Linien markieren den Knospenaufbruch (BBCH 53) am Standort Lindau in den entsprechenden Jahren.
Pflanzenschutz: Nichts überstürzen! Blattsauger und Austriebsspritzungen mit Öl
Birnblattsauger haben die warmen Temperaturen in den letzten Tagen genutzt und mit der Eiablage begonnen. Betriebe die mit Kaolin oder Calciumcarbonat arbeiten wird empfohlen, die Bäume zu «weisseln» wenn die kommende nasse und kühlere Phase vorüber ist und die Temperatur wieder mehrere Tage über 10°C ansteigt.
Die Austriebsspritzung wird dieses Jahr auch früher eingeplant werden müssen als üblich. Trotzdem sollte Nichts überstürzt werden. Der Austrieb ist noch nicht erfolgt und für die Behandlung sollten die Temperaturen erst einmal über 12 Grad ansteigen.
Erdbeerkulturen – Ernteverfrühung unverzüglich an die Hand nehmen
Eine rechtzeitige Abdeckung der verfrühten Erdbeeren ist vorteilhaft und dabei ist auch die Bestandeshygiene zu beachten.
Wenn nicht bereits gemacht, spätestens jetzt Verfrühung ausbringen
Die Ernteverfrühung mittels eines Vlieses ist eine bewährte und kostengünstige Methode. Um den gewünschten Verfrühungseffekt jedoch zu erzielen, sind die Kulturen, wo nicht bereits geschehen, bis spätestens Anfang Februar abzudecken (Vlies auflegen).
Standard ist eine einfache Abdeckung mit einer Lage Verfrühungsvlies (ca. 20g/m2) der zur Verfrühung vorgesehenen Sortenblöcke im Feld, wie im Bild zu sehen ist.
Die doppelte Abdeckung (unten Vlies – oben Lochfolie oder doppeltes Vlies) ist überall dort eine kostengünstige, knapp an die Tunnelproduktion gelangende Verfrühungsmethode, wo nicht auf den Regenschutz geachtet werden muss. Dieser Verfrühungseffekt wird aber nur erreicht, wenn die Lochfolie oder das zweite Vlies nicht länger als bis zum ersten Austrieb der neuen Blätter belassen wird. Später wird die Gefahr von Hitzeschäden unter der Doppelabdeckung gross. Es besteht dann die Gefahr, dass der Verfrühungseffekt durch den Hitzestress wieder verloren geht. Die optimale Temperatur für die Entwicklung der Erdbeeren liegt bei 22 – 25 °C.
Abdeckungen, die dem Winterschutz (Frostschutz) dienen, und nicht der Verfrühung, sollten jetzt weggenommen, geöffnet, werden, besonders wenn es um diese Jahreszeit warm und sonnig ist.
Bestandeshygiene ist wichtig
Bedingt durch den natürlichen Witterungsverlauf, weisen die Erdbeerkulturen jetzt gegen Ende Winter viele braune, abgestorbene Blätter auf. Um den Pilzdruck, vor allem Graufäule, zu reduzieren, sind alle abgestorbenen Pflanzenteile (alte Blätter) aus der Anlage zu entfernen. Dies wird zum Teil durch das Abmähen der vorhandenen Blätter auf eine sehr rationelle Art und Weise vollzogen, ohne dass sich in der entsprechenden Kultur Ertragseinbussen zeigen. Wichtig ist, dass dabei die Pflanzenherzen nicht verletzt werden. Also nicht zu tief abmähen.
Vor der Abdeckung ist auch eine Kontrolle der Begleitflora wichtig, da auch die unerwünschten Pflanzen unter der Abdeckung schneller wachsen, als im Freiland. Wo Herbizide nach der Bodenlockerung ausgebracht werden, sollen diese vor dem Abdecken mit dem Vlies etwas „verdampfen“ können. Also nicht sofort nach der Behandlung das Vlies über den Bestand auflegen. Auch der Befall durch Mäuse ist vor der Abdeckung zu überwachen, weil die Nager unter dem Vlies vor Fressfeinden bestens geschützt sind.