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Wirz im Kanton Zu00fcrich (Foto: Daniel Bachmann, Strickhof Fachstelle Gemu00fcse)>

Neu ab 2023: Sonderbewilligungen im Gemüsebau

Innerhalb des ÖLN wird der Einsatz der Pyrethroide zur Insektenbekämpfung im Gemüsebau ab 2023 eingeschränkt. Einige Anwendungen können nur mit Sonderbewilligung eingesetzt werden. Finden Sie hier alle wichtigen Infos (aktualisiert im Dezember 2024).

Verbotene Wirkstoffe im ÖLN

Im Artikel 18 Absatz 4, der DZV, die am 1.1.2023 in Kraft treten wird, findet sich der Text der einiges im Gemüsepflanzenschutz ins Rollen gebracht hat. Wörtlich ist dort zu lesen: "Pflanzenschutzmittel, die Wirkstoffe mit erhöhtem Risikopotenzial für Oberflächengewässer oder Grundwasser enthalten, dürfen grundsätzlich nicht angewendet werden." Die Wirkstoffe sind in Anhang 1, Ziffer 6.1.1 aufgelistet. Wichtig: Dieses Verbot ist eine Auflage im ÖLN, also für Betriebe die Direktzahlungen erhalten und betrifft nicht die grundsätzliche Zulassung. Die Wirkstoffe sind nach wie vor in der Schweiz zugelassen. Darum erscheinen sie auch weiterhin in der BLV-Datenbank. Folgende Wirkstoffe sind im Gemüsebau vom Verbot im ÖLN betroffen:

(Tab. 1) Vom ÖLN-Verbot ab 2023 betroffene Wirkstoffe, mit Beispielen des momentanen Einsatzes im Gemüsebau
Wirkstoff Bsp. ProduktEinsatzgebiet Hinweis
alpha-Cypermethrin (I)Fastac Perlendiverse Kulturen gegen z.B. Erdraupen, Erdflöhe, Möhrenfliege u.a.m Aufbrauchfrist läuft unabhängig der neuen Bestimmungen am 30.6.2023 aus
Cypermethrin (I)Cypermethrin Sdiverse Kulturen gegen z.B. Erdraupen, Erdflöhe, Möhrenfliege u.a.m  
Deltamethrin (I)Aligator, Decis Protech, Deltaphardiverse Kulturen gegen z.B. Erdraupen, Thripse, Möhrenfliege, Weisslinge, Kohldrehherzgallmücke u.a.m 
Etofenprox (I)BlockerKopfkohle gegen Erdflöhe, Kohlschabe, Weisslinge 
lambda-Cyhalothrin (I)Karate Zeon, Tak 50 EG, Ravane, Techno 10 CSdiverse Kultur gegen z.B. Erdraupen, Erdflöhe, Blattläuse, Thripse, Weisse Fliegen, Möhrenfliegen u.v.a.m. Sehr breites Einsatzgebiet im Gemüsebau
Metazachlor (H)Butisan S, Devrinol Plus, Bredola, Herbizid in Kohlarten 
S-Metalochlor (H)Dual GoldHerbizid in Bohnen, Chicorée, Ölkürbissen  
Terbuthylazine (H)Gardo GoldHerbizid in Zuckermais  
Legende: (I) = Insektizid; (H) = Herbizid  

Im Gemüsebau ist neben einigen Herbiziden, die Wirkstoffgruppe der Pyrethroide, welche ein wichtiger Baustein in der Schädlingsbekämpfung darstellt, besonders stark betroffen. 

Ausnahmen für den Gemüsebau

In verschiedenen Arbeitssitzungen wurden Ausnahmen zum ÖLN-Verbot dieser Wirkstoffe festgelegt. Rechtliche Grundlage für diese Ausnahmen bildet der Artikel 18, Absatz 5, der DZV. Ausnahmen sind möglich für Indikationen, bei denen kein Wirkstoff mit tieferem Risikopotential vorhanden ist und bei denen der Schädling in den meisten Regionen der Schweiz regelmässig auftritt und Schäden verursacht. Im Anhang 1 der DZV befindet sich eine Liste dieser Ausnahmen. Folgende Indikationen sind dort gegenwärtig aufgeführt: 

(Tab. 2) Schaderreger und Kulturen, bei denen keine Sonderbewilligung beantragt werden muss
Kultur Schaderreger
Baby-Leaf Brassicaceae Erdflöhe
Baby-Leaf Chenopodiaceae Erdflöhe
Bohnen Erdraupen
Chicorée Erdraupen
Cima di Rapa Erdflöhe, Erdraupen, Kohldrehherzgallmücke, Kohlschabe, Minierfliegen, Unkräuter
Erbsen Erbsenwickler
Kardy Erdraupen
KarottenErdraupen, Möhrenfliege
Knollensellerie Möhrenfliege
KohlartenGefleckter Kohltriebrüssler, Kohlgallenrüssler, Minierfliegen, Rapsstängelrüssler, Unkräuter
MangoldErdflöhe
MeerrettichErdflöhe, Erdraupen
PastinakeMöhrenblattfloh, Möhrenfliege
RadiesErdflöhe, Unkräuter
RandeErdflöhe, Erdraupen
RettichErdflöhe, Unkräuter
RucolaUnkräuter
SpargelMinierfliegen, Spargelfliege
SpeisekohlrübenErdflöhe, Erdraupen, Unkräuter
SpinatErdflöhe
StangensellerieMöhrenfliege
WurzelpetersilieMöhrenblattfloh, Möhrenfliege

Zur Wiederholung: Für diese genannten Indikationen dürfen im ÖLN auch weiterhin die obigen Wirkstoffe (Tab. 1) gemäss Bewilligungen eingesetzt werden und es bedarf KEINER kantonaler Sonderbewilligung. Namhafte Ausnahmen sind etwa die Bekämpfung der Möhrenfliege oder auch die Unkrautbekämpfung (mit Metazachlor; Butisan u.a.) in den Kohlarten. 

Kantonale Sonderbewilligungen im Gemüsebau

Für andere Indikationen die nicht im Anhang der DZV aufgeführt sind, haben die Kantone die Kompetenz Sonderbewilligungen für den Einsatz der obigen Wirkstoffe (Tab. 1) unter bestimmten Voraussetzungen und nach erfolgtem Antrag zu gewähren. Da das Ausstellen von Sonderbewilligungen für den Gemüsebau bei den Kantonen bisher ein unbekanntes Instrument war und die Befürchtung einer Marktverzerrung aufgrund unterschiedlicher Auslegungen bestand, hat sich 2022 eine ad hoc Arbeitsgruppe gebildet um die "Spielregeln" beim Erteilen der kantonalen Sonderbewilligungen im Gemüsebau zu definieren und zu vereinheitlichen. 

Diese "Weisungen für die Erteilung von Sonderbewilligungen für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im ökologischen Leistungsnachweis (ÖLN)" wurden diesen Herbst beim Bund deponiert und von diesem abgesegnet. Folgende Kernpunkte für das Ausstellen von Sonderbewilligungen im Gemüsebau sind darin festgehalten: 

  • Der Wohnsitzkanton des Antragsstellers ist zuständig für einzelbetriebliche Sonderbewilligungen d.h. auch für bewirtschaftete Flächen ausserhalb des Kantons. Die kantonalen Fachstellen können abweichend davon jedoch interkantonale Abmachungen treffen.
  • Jeder Kanton regelt intern welche Fachstelle für welche Sonderbewilligungen zuständig ist. Im Kanton Zürich wird die Beurteilung der Anträge durch die Fachstelle Gemüse stattfinden und die Ausstellung der Sonderbewilligung zusammen mit der Fachstelle Pflanzenschutz organisiert.
  • Die Sonderbewilligung wird pro Parzelle/Bewirtschaftungseinheit Kultur und Schädling für die gesamte Dauer der Kultur im betreffenden Jahr ausgestellt. Also für alle Sätze der gleichen Kultur auf der gleichen Parzelle
  • Sonderbewilligungen für die Pyrethroide können ausgestellt werden wenn: 1. die geltenden Schadschwellen (gemäss Agroscope Merkblättern) überschritten sind, oder 2. die Monitoringdaten der Kantone/Agroscope eine Gefährdung der Kultur anzeigt oder 3. der Antragssteller z.B. mittels Foto das Vorhandensein des Schädlings nachweist (für Fälle wo keine Schadschwelle definiert ist).
  • Kontrollfenster werden nicht verlangt
  • Für die Herbizide S-Metolachlor (Dual Gold) und Terbutylazine (Gardo Gold) werden für die Gemüseanwendungen keine Sonderbewilligungen ausgestellt. Anwendungen von S-Metalochlor im Zusammenhang mit der Erdmandelgrasbekämpfung in einem Sanierungsplan können jedoch gestattet werden.
  • Für Metazachlor kann zusätzlich zu den nicht Sonderbewilligungspflichtigen Indikationen (siehe Liste oben) nur für Knoblauch eine kantonale Sonderbewilligung ausgestellt werden.

 

Des Weiteren wurden in der Weisung Indikationen definiert bei denen eine Sonderbewilligung nur dann erteilt werden kann, wenn vorher nachweislich ein im ÖLN zugelassenes PSM mit geringerem Risikopotential oder ein Nützling eingesetzt wurde und die Wirkung ungenügend war. Diese Indikationen sind: 

(Tab. 3) Für die Bekämpfung der nachfolgenden Schaderreger wird nur eine Sonderbewilligung erteilt, wenn vorher nachweislich ein im ÖLN erlaubter Nützling oder Pflanzenschutzmittel mit geringerem Risikopotential eingesetzt worden ist und die Wirkung ungenügend war: Bei allen anderen Schädlingen kann direkt ohne vorgängiger Einsatz eines in ÖLN erlaubten Nützlings oder Pflanzenschutzmittels ein Antrag für eine Sonderbewilligung gestellt werden.
KulturSchaderreger 
alle GemüsekulturenBlattläuse
Aubergine Minierfliegen
 Thripse
 Weisse Fliegen (Mottenschildläuse)
Baby-Leaf (Brassicaceae)Minierfliegen
 Thripse
GurkenMinierfliegen
 Thripse
 Weisse Fliegen (Mottenschildläuse)
KnollenfenchelMinierfliegen
 Thripse
KnollensellerieMinierfliegen
 Thripse
KohlartenEulenraupen (blattfressend)
 Kohlschabe
 Thripse
 Weisslinge
KresseErdflöhe
KüchenkräuterMinierfliegen
 Thripse
 Weisse Fliegen (Mottenschildläuse)
Kürbisse mit geniessbarer SchaleThripse
Lauch Lauchmotte
 Minierfliegen
 Thripse
Mangold Minierfliegen
 Rübenfliege
 Thripse
MeerrettichKohlschabe
Nüsslisalat Minierfliegen
Paprika Minierfliegen
 Thripse
 Weisse Fliegen (Mottenschildläuse)
Pastinake Thripse
PepinoErdraupen
 Minierfliegen
 Thripse
 Weisse Fliegen (Mottenschildläuse)
RadiesThripse
Rande Minierfliegen
 Rübenfliege
Rettich Eulenraupen (blattfressend)
 Kohlschabe
 Thripse
 Weisse Fliegen (Mottenschildläuse)
Rhabarber Erdflöhe
 Thripse
RucolaEulenraupen (blattfressend)
Salate Thripse
Schalotten Lauchmotte
 Minierfliegen
 Thripse
Spargel Spargelhähnchen
 Spargelkäfer
SpinatThripse
StangensellerieMinierfliegen
 Thripse
TomatenMinierfliegen
 Thripse
 Weisse Fliegen (Mottenschildläuse)
WurzelpetersilieThripse
ZuckermaisErdflöhe
 Thripse
ZwiebelnLauchmotte
 Thripse

Wird also für eine dieser Indikationen ein Antrag für eine Sonderbewilligung gestellt, muss die vorgängige Anwendung eines alternativen Wirkstoffs belegt werden. 

Nebst den einzelbetrieblichen Sonderbewilligungen haben die Kantone auch die Möglichkeit regionale Sonderbewilligungen für ein abgegrenztes Gebiet auszustellen. Von dieser Möglichkeit kann Gebrauch gemacht werden, wenn ein Schaderreger flächendeckend auftritt und aus administrativen Gründen keine einzelbetrieblichen Sonderbewilligungen mehr ausgestellt werden können. Regionale Sonderbewilligungen gelten für das endsprechende Gebiet also auch für Flächen die von ausserkantonalen Bewirtschaftern bewirtschaftet werden. Im Hinblick auf den verbreiteten kantonsübergreifenden Anbau im Gemüsebau, werden die benachbarten Kantone über die Ausstellung einer regionalen Sonderbewilligung informiert. 

Wirz schön
Wirz im Kanton Zürich (Foto: Daniel Bachmann, Strickhof Fachstelle Gemüse)

Braucht meine Anwendung eine Sonderbewilligung? 

Zugegeben ist die neue ÖLN Bestimmung im Gemüsebau komplex. Um festzustellen ob eine Beantragung einer Sonderbewilligung nötig ist oder nicht, folgend Sie dem Entscheidungsbaum_benötige_ich_eine_SoBe_Gemüse_2025

Wie beantrage ich eine Sonderbewilligung im Kanton ZH

Wird eine Sonderbewilligung benötigt, so muss diese vor der Anwendung beantragt werden. Eine EDV-Lösung für die speditive Antragsstellung, Beurteilung und Ausstellung des Dokumentes ist unter sonderbewilligung.strickhof.ch abrufbar. Eine Videoinstruktion finden Sie unter https://www.strickhof.ch/publikationen/elektronische-sonderbewilligung/. 

Schlussbemerkungen

Die Fachstelle Pflanzenschutz und die Fachstelle Gemüsebau arbeiten mit Hochdruck an einer  Lösung, die für beide Seiten umsetzbar ist. Bei der Planung in diesem Winter, sollen diese “verbotenen Wirkstoffe” zurückhaltend, nur wo absolut nötig, und mit dem Vermerk "nur mit Sonderbewilligung" eingeplant werden. Die Wirkstoffe sind leider nicht zufällig auf der Liste gelandet, sondern zeigen in der Tat ein für Nichtzielorganismen oder für Gewässer häufig ungünstiges Umweltverhalten. Mit einer vorausschauenden Anbauplanung und dem ausschöpfen aller vorbeugender Pflanzenschutzmassnahmen (Stichwort räumliche Trennung der Kulturen) kann viel erreicht, und letztlich auch der administrative Aufwand in Grenzen gehalten werden.

KPSD_Weisungen_Sonderbewilligungen_2025

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