Netzschwefel gegen den Rapserdfloh 2020
Hintergrund und Versuchsfragen
Seit dem Wegfall der insektiziden Saatgutbeizung im Jahr 2014 müssen Rapserdflöhe oft bereits im Jugendstadium des Rapses bekämpft werden. Um den Schädling unter Kontrolle zu halten, dürfen nur Pyrethroide eingesetzt werden. Die Applikation erfolgt nach Erreichen der Bekämpfungsschwelle ein bis zwei Mal im Herbst. Die erste Spritzung ist nötig, wenn der Raps im Keimblattstadium zu stark geschädigt wird. Die Zweite kann bei Beginn der Eiablage oder nach dem Larvenschlupf stattfinden, wenn die Bekämpfungsschwelle überschritten ist. In den letzten Jahren konnten in rapsintensiven Anbaugebieten im Kanton Zürich Pyrethroidresistenzen nachgewiesen werden. Zunehmend berichten Landwirte in diesen Regionen somit auch von unzureichender Wirkung der Mittel. In diesem Versuch wurde die Wirkung von Netzschwefel als Alternative gegen den Rapserdfloh getestet. Folgende Fragen sollten im Versuch geklärt werden:
- Hält Netzschwefel den Rapserdfloh vom ganzen Feld ab oder wirkt der Schwefel kleinräumig als Repellent?
- Kann mit dem frühen Einsatz von Netzschwefel eine frühe Pyrethroidbehandlung eingespart werden?
Methodik
Anzahl Standorte | Anzahl Versuchsjahre | Anzahl Wiederholungen | Art des Versuchs | Aussagekraft |
1 | 1 | 1 | Streifen und Spritzfenster | * |
Das Versuchsfeld im Zürcher Weinland lag mit der Breitseite an einem Waldrand. Am 25.8.2020 wurde der Raps nach Grubber in Kombisaat mit 55 Körnern/m2 gesät und gewalzt. Neben dem Feld befand sich eine Gründüngung. Parallel zum Feld wurde neben der Gründüngung am gleichen Tag zwei Sämaschinenbreiten Raps angesät.
Am 4.9.2020 im Keimblattstadium und am 9.9.2020 im Zweiblattstadium wurde das Feld mit 1% Netzschwefel (3kg auf 300l Wasser) behandelt. Die erste Behandlung wurde optimal einen Tag vor dem ersten Zuflug und die zweite einen Tag vor dem Hauptzuflug gesetzt. Am Rand zur Gründüngung wurden zwei Spritzfenster angelegt. Der Rapsstreifen auf der anderen Seite der Gründünung wurde nicht behandelt. Bis auf das Spritzfenster K2 wurde das ganze Feld am 12.9.2020 nach dem Haupteinflug mit Karate Zeon behandelt. Mit drei Fallen (F1-3) wurde der Einflug überwacht. Erhoben wurde der Schab- und Lochfrass an den Keimblättern und ersten Blättern an 10 mal 5 Pflanzen. Ende Oktober wurden die Anzahl Larven pro Pflanze in drei der Verfahren ausgezählt.
Resultate
Fallenfänge
Der erste Zuflug fand zwischen dem 5. und dem 8. September statt. Mit 40 Käfern innert 3 Tagen in der Falle war der Zuflug im unbehandelten Streifen stark. Im mit Netzschwefel behandelten Feld war der Zuflug sowohl im Kontrollfenster als auch im behandelten Waldrandabschnitt noch tief.
Am 12.9.20 wurden in der Falle K1 im unbehandelten Streifen nach nur weiteren vier Tagen wiederum 94 Käfer ausgezählt. Die Fallen K2 und B1 waren leider am morgen schon geleert und nicht exakt gezählt worden. Rund 40 Käfer hätten sich gemäss Produzent etwa in den beiden Fallen befunden. Spätere Zuflüge wurden nicht mehr überwacht.
Erhebung des Schab- und Lochfrasses
Bei der Befallserhebung am 8.9.2020 wiesen im unbehandelten Streifen oberhalb der Gründüngung schon 100% der Pflanzen im Keimblattstadium 5-10 Frassstellen auf. Die Verfahren am Rand des behandelten Feldes (K2-B3) wiesen zwischen 38% und 92% Befallshäufigkeit auf. Die Befallsstärke lag aber bedeutend tiefer bei rund 3-6 Frassstellen. In der Mitte des behandelten Feldes lag die Schadenshäufigkeit mit 54% recht tief und auch die Schadensstärke lag bei rund 1-2 Frasstellen pro Pflanze.
Anhand der folgenden Bilder wurde die Schadensstärke am 8.9.2020 dokumentiert.
Bei der Befallserhebung am 12.9.2020 lag die Schadenshäufigkeit ausser ganz am Waldrand und im Feldinnern in allen Verfahren bei 100%. Die Schadensstärke aber war im Verfahren K1, dem unbehandelten Streifen oberhalb der Gründüngung extrem viel stärker. Die Keimblätter waren alle sehr stark zerfressen, weshalb nun die Schadensstärke auf den zwei ersten echten Blättern ausgezählt wurde. Diese belief sich im Verfahren K1 auf zehn Frassstellen pro zwei Blätter. Die kleinen Spritzfenster am Rand des behandelten Feldes und die Proben aus dem behandelten Feld wiesen eine geringere Schadensstärke zwischen einer und vier Frassstellen pro zwei ersten echten Blättern auf. Diese Verfahren unterschieden sich betreffend Schadensstärke auf tieferem Niveau nicht stark voneinander.
Auch am zweiten Termin wurden zur Dokumentation repräsentative Bilder der Verfahren aufgenommen.
Pflanzendichte und Larvenauszählung mit der Berlese-Methode
Am 9.10.2020 wurden aus den Verfahren K1, K2 und B4 5 mal 5 Rapspflanzen entnommen und die Larven mit der Berlese-Methode ausgetrieben. Im Verfahren B4 war am 14.9.2020 noch ein Pyrethroid gespritzt worden. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch die Pflanzendichte erhoben. Im Verfahren K1, welches vollständig ohne Pflanzenschutzmittel auskam, wurden nur noch 10-15 Pflanzen/m2 gezählt. Der starke Befall schon im Keimblattstadium hatte bereits zu erheblichem Ausfall geführt. In den Verfahren K2 mit Netzschwefel und B4 mit Netzschwefel und einer Pyrethroidanwendung wurden 30-35 Pflanzen/m2 gezählt. Etwas Pflanzenverlust hatte es hier auch gegeben, dies könnten teilweise aber auch Auflaufverluste sein. Trotz recht hohem Befall machte der Bestand einen wüchsigen und gesunden Eindruck. Im Verfahren K1 befanden sich über 13 Larven/Pflanze, davon waren rund zwei Drittel grosse Larven. Im Verfahren K2 wurden 7,8 Larven/Pflanze gezählt. Hier waren etwa die Hälfte grosse Larven. Die andere Hälfte waren noch kleine, erst neu geschlüpfte Larven. Das Verfahren B4 wurde am 14.9.2020 noch mit einem Pyrethroid behandelt. Dort befanden sich 1,6 Larven/Pflanze. Im Bereich des Verfahrens B4 wurde bei der Pyrethroidbehandlung leider kein Spritzfenster angelegt und somit ist kein Vergleich möglich.
Diskussion und Schlussfolgerung
Durch die Netzschwefelbehandlungen war der Einflug ins Feld im Vergleich zum unbehandelten Streifen verzögert, wenn nicht sogar gesamthaft schwächer. Im unbehandelten Streifen (Verfahren K1) wäre eine Pyrethroidbehandlung schon am 7.9.2020 nötig gewesen, um den grossen Pflanzenverlust zu verhindern. Da der Hauptzuflug erst vom 8.9.2020-12.9.2020 erfolgte, hätte auch hier spätestens am 14.9.2020 die zweite Pyrethroidbehandlung durchgeführt werden müssen. Wie viele Pflanzen mit den 13 Larven/Pflanze im Winter noch verloren gehen, wird sich erst bei Vegetationsbeginn zeigen. Ob es mehr Larven/Pflanze hat, weil auch die Pflanzendichte reduziert worden war, oder weil es tatsächlich mehr Erdflöhe hatte, kann wegen fehlendem Erfassen späterer Zuflüge nicht gesagt werden. Ein grösserer Anteil grosser Larven im Verfahren K1 im Vergleich zum Verfahren K2 lässt aber vermuten, dass die Erdflöhe durch den Netzschwefel verzögert zugewandert, spätere Zuflüge aber nicht mehr abgehalten worden sind. Die Unterschiede in der Schadenshäufigkeit und vor allem der Schadensstärke zwischen dem unbehandelten Streifen und dem behandelten Feld, wie auch den Spritzfenstern am Rand, war gross. Die Unterschiede der Randspritzfenster K2 und K3 zu den behandelten Varianten war klein. Dies spricht für einen repellenten Effekt des Netzschwefels auf weite Distanz beim Zuflug. Wenn die Erdflöhe mal eingeflogen sind, scheinen sie die kleinen Spritzfenster im Vergleich zu dem behandelten Umfeld nicht vorzuziehen. Der Erdflohdruck am Rand des behandelten Feldes war grösser als im Feld. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass die Erdflöhe bei heissem Wetter zuerst in die Gründüngung einfliegen oder dort Zuflucht suchen bevor sie dann von dort her das Feld besiedeln.
Es wurde noch auf weiteren Feldern im Weinland Netzschwefel eingesetzt. Überall, wo Netzschwefel vor dem ersten Zuflug appliziert wurde und der Raps zügig wuchs, waren keine frühen Pyrethroidbehandlungen nötig. Dort wo der Netzschwefel erst während oder sogar nach dem Zuflug appliziert wurde, war nicht der geringste Effekt feststellbar. Ein Landwirt spritzte zusammen mit dem Herbizid die doppelte Menge Schwefel im Vorauflauf. Auch dort musste bei mittlerem Erdflohdruck in der Umgebung keine frühe Behandlung mit einem Pyrethroid durchgeführt werden. Um die sichere Wirksamkeit zu untersuchen, müsste im nächsten Jahr der gleiche Versuch mit dieser Variante durchgeführt werden. Die Pyrethroidbehandlung am 14.9.2020 war sicher nötig. Im Verfahren K2 wurden mehr als sieben Larven/Pflanze gezählt, was den Raps mit hoher Sicherheit stark schwächen wird. Allenfalls hätte mit der Behandlung noch etwas zugewartet werden können, damit auch späterer Zuflug noch erfasst worden wäre. Bei weit auseinanderliegenden Zuflügen birgt dies jedoch die Gefahr, dass zum Zeitpunkt der Applikation schon viele Eier im Boden abgelegt worden sind, die mit einer Behandlung nicht erfasst werden. Es könnte auch bis Ende Oktober zugewartet werden und eine Behandlung auf die Larven erfolgen. Larvenbehandlungen weisen aber nur einen Wirkungsgrad von maximal 80% auf. Es befänden sich dann immer noch 1-2 Larven/Pflanze in den Blattstielen, was noch immer viel ist. Davon wäre ein Teil schon gross. Bei der Variante mit der Pyrethroidbehandlung schon am 14.9.2020 wurden auch 1,6 Larven/Pflanze gezählt. Es handelte sich aber ausschliesslich um kleine Larven, die weniger Schaden verursachen. Gemäss französischen Studien verträgt dies kräftiger Raps. Gemäss diesen Studien verträgt starker Raps wie in diesem Feld bis zu 4 Larven/Pflanze, schwacher Raps aber höchstens eine Larve/Pflanze.
Die Bekämpfungsschwelle in der Schweiz für späte Behandlungen wird in Zukunft bei 0,7 Larven/Pflanze liegen, was relativ tief ist. Es wird nicht zwischen starken und schwachen Beständen oder grossen und kleinen Larven unterschieden. Damit enthält diese neue Bekämpfungsschwelle einen grossen Sicherheitsfaktor. Dafür wird sie in Regionen mit grossem Erdflohdruck häufig überschritten sein. Betreffend Preis müsste man in diesem Versuch zwei Netzschwefel- plus eine Pyrethroidbehandlung mit zwei Pyrethroidbehandlungen vergleichen. Mit einer Durchfahrt mehr und dem höheren Preis für Netzschwefel kostet die Netzschwefelvariante rund 140Fr./ha mehr. Die Kosten für die Durchfahrt von 80 Fr./ha könnten eingespart werden, wenn der Netzschwefel mit dem Herbizid appliziert werden könnte.