Monitoring Marmorierte Baumwanze (Halyomorpha halys) 2020
Versuchsziel
Seit ein paar Jahren beobachtet man in der Schweiz die Marmorierte Baumwanze, Halyomorpha halys, vermehrt in Siedlungsgebieten und in landwirtschaftlichen Kulturen.
Die Marmorierte Baumwanze ernährt sich von mehr als 200 Wirtspflanzen und kann bei starkem Vorkommen an einigen Kulturpflanzen beträchtliche Schäden anrichten (Lee et al. 2013). In der Schweiz sind bis anhin grössere Schäden an Birnen, Peperoni und Gurken bekannt.
Bis anhin weiss man noch wenig über den Lebenszyklus und die Populationsentwicklung im schweizerischen Klima. Im Jahr 2019 wurde die erste genauere Populationsentwicklung in freier Wildbahn in der Maturaarbeit von Vivian Kempf aufgezeichnet. Die Fachstelle Obst des Kantons Zürich (Strickhof) unterstützte sie dabei und konnte von ihrer Arbeit profitieren.
Um ihre ersten Thesen zu überprüfen und um die Entwicklung bei unterschiedlichen klimatischen Bedingungen zu untersuchen, wurde das Halyomorpha halys Monitoring in 2020 wiederholt und erweitert. Damit möchte man den Lebenszyklus noch besser verstehen, ihr Aufenthaltsorte während der Saison kennen und Präferenzen von Wirtspflanzen herausfinden. Von diesen Daten erhofft man sich, die vorbeugende und direkte Bekämpfung gezielter planen und die Populationsentwicklung vorhersagen zu können.
Methodik
Standorte
Für das Monitoring wurden sechs Fallen an verschiedenen Standorten um den Strickhof in Wülflingen-Winterthur aufgehängt (Abbildung 1).
Für die Wahl der sechs Fallenstandorte wurden verschiedenen Kriterien berücksichtigt. Zum einen handelt es sich um fünf unterschiedliche Pflanzenarten. Zwei Mal wurde die Falle an eine Gemeine Hasel gehängt. Ein Standort ist jedoch neben dem Gutsbetrieb des Strickhofs an einer Hecke und der andere am Waldrand.
Die Pflanzen blühen zu unterschiedlichen Zeiten. Zudem tragen die Pflanzen ein unterschiedlich dichtes Blattwerk. Beim Apfelbaum und den zwei Standorten mit dem Gemeinen Hasel ist das Blattwerk in der Umgebung eher dicht. Bei der Rebe, dem Kirschbaum und der Elsbeere eher lichtern.
Falle und Pheromon
Die Fallen wurden ihn der KW 10 am 3. und 4. März 2020 verteilt und in der KW 46 am 17. November 2020 wieder abgenommen. Während dieser Zeitspanne wurden sie wöchentlich kontrolliert.
Die aufgehängte Falle besteht aus einem durchsichtigen Deckel in der ein Aggregationspheromon befestigt wird (Abbildung 2). Das Aggregationspheromon lockt die Halyomorpha halys im Umkreis von 30 m an. Das Pheromon trägt den Produktenamen «Trécé Pherocon BMSB dual lure».
Der Lockstoff wurde alle sechs Wochen ausgewechselt, um sicherzustellen, dass immer genug vom flüchtigen Lockstoff abgeben wird, um die Wanzen genügend anzuziehen.
Im Gegensatz zu Sexuallockstoffen, die bei den Fallen zur Kontrolle verschiedener Wicklerarten eingesetzt werden, handelt es sich beim eingesetzten Wanzen-Lockstoff um sogenannte Aggregationspheromone. Diese ziehen die Wanzen zwar in die Nähe des Lockstoffs, nicht aber gezielt in eine Falle. Der aufgehängte, transparente Deckel einer McPhail-Falle übernimmt somit lediglich die Funktion, Regen vom Pheromon abzuhalten. Die Wanzen werden in der Umgebung abgelesen oder von den Gehölzen geklopft und mit einem Klopfprobetrichter aufgefangen. Ferner wurde der Kältespray eingesetzt um die Wanzen herunter zu kühlen, denn bei kühlen Temperaturen bewegen sich die Wanzen kaum. Durch das Einsprayen der Wanzen bei warmen Wetter, konnten sie nicht mehr davonkrabbeln oder wegfliegen.
Die eingesammelten Wanzen wurden in eine Plastiktüte geklopft. Im Büro wurden sie meistens lebend ausgezählt. Bei der Auszählung wurde zwischen Adulten (Männchen, Weibchen) und den fünf Nymphenstadien unterschieden. Zu jedem Standort wurden die phänologische Entwicklung der Pflanzen und weitere Einflussfaktoren vermerkt.
Die Fänge wurden nicht in die Woche eingetragen, in der die Kontrollen durchgeführt wurden, sondern in die Kalenderwoche zuvor. Da das Monitoring anfangs Woche stattfand, hat das Wetter der vorherigen Woche das Verhalten der Tiere mehr beeinflusst. Die Durchschnittstemperatur der Woche wurde vom vorherigen Dienstag bis zum Montag berechnet.
Weil man die Wanzen einsammelt und nicht bei den Pflanzen belässt, wird die Population künstlich beeinflusst. Bei den Adulten kann man beobachten zu welchem Zeitpunkt sie einfliegen. Vermutlich reduziert man jedoch durch das Einsammeln die Anzahl Eigelege.
Die Nymphen entnimmt man den Pflanzen meistens im 2. oder 3. Stadium. Die gefundenen Nymphen der höheren Stadien sind entweder von einem nicht gut erreichbaren Ort der Pflanze oder einer anderen Pflanze zur Falle gewandert oder man hat sie nicht früher entdeckt. Deshalb hätte man höhere Fänge in den höheren Stadien, wenn man die Nymphen auf der Pflanze belassen würde.
Resultate
Kumulierte Fangzahlen aller Fallen
Die Fangzahlen und die wöchentlichen Tageshöchst- und Durchschnittstemperaturen sind in der Abbildung 3 zu sehen. Die erste Wanze wurde in der Woche 11 am 17.3.20 in der Falle beim Kirschbaum aufgefunden. Bis zur KW 44 waren jede Woche Marmorierte Baumwanzen um die Fallen vorhanden.
Der Höhepunkt der eingeflogenen Adulten im Frühjahr war in der KW 16 mit 51 Wanzen.
In der Woche 25 wurden die ersten Nymphen im 1. Stadium auf einem Blatt nahe bei der Falle am Apfelbaum aufgefunden. Die weiteren ersten Funde darauffolgender Stadien sind in der Tabelle 1 ersichtlich.
Ausser in der Woche 29 wurden ab der Woche 28 bis zur Woche 36 immer mehr als 33 Nymphen gefunden. Am meisten Nymphen wurden in der Woche 33 (89 Nymphen) und in der Woche 35 (81 Nymphen) eingesammelt.
In der Woche 37 hat die Anzahl adulte Individuen rasant zugenommen. Bis zur Woche 40 wurden bei jedem Rundgang mehr als 53 adulte Tiere gezählt. Am meisten erwachsene Wanzen hat man mit 66 Stück in der Woche 38 gefangen.
Ab der Woche 41 hat die gesamte Wanzenanzahl stark abgenommen. Sie fiel von über 60 auf 11 Stück.
Bis zur Woche 44 wurden vereinzelte Wanzen angetroffen.
Vergleich kumulierter Fangzahlen pro Standort
Um einen besseren Überblick zwischen den Standorten zu erlangen, wurden die Anzahl addierten Wanzen pro Standort dargestellt (Abbildung 4, Tabelle 2). Es wurde unterschieden zwischen den Nymphen, den Adulten der Generation aus dem Jahr 2019 und den Adulten der Generation von 2020. Die Trennung der adulten Tiere wurde zwischen der Woche 33 und 34 vorgenommen. In beiden Gruppen können vereinzelte Tiere der anderen Generation vorhanden sein. Jedoch vermutet man, dass ab der KW 34 vermehrt Nymphen ins adulte Stadium gelangt sind und die meisten Adulten der Generation 2019 gestorben sind (Haye et al. 2014).
Von den Adulten der Generation 2019 wurden am Meisten Individuen mit 71 Stück beim Kirschbaum gefunden, dicht gefolgt von den Wanzen bei der Elsbeere mit 67 Individuen und beim Apfelbaum mit 61 Wanzen.
Von den Nymphen wurden mit 367 eindeutig am meisten Jungtiere beim Rebstock eingesammelt. Mit 144 wurden beim Apfelbaum weniger als halb so viele Nymphen wie beim Rebstock gezählt. Beim Kirschbaum wurden noch insgesamt 49 Nymphen entdeckt, beim Hasel in der Hecke 13 und bei der Elsbeere 6.
Auch von den Adulten der Generation 2020 ab der Woche 34 wurden mit 128 Individuen am Meisten bei den Reben verzeichnet. Mit 98 Stück wurden am zweitmeisten beim Apfelbaum eingesammelt. Beim Kirschbaum wurden noch 29 Adulte der neuen Generation und bei der Elsbeere noch 21 Adulte gezählt.
Die zwei Hotspots für die Wanzen waren in 2020 der Rebstock mit 529 Wanzen und der Apfelbaum mit 304 Individuen. Fangzahlen im Mittelbereich erreichten der Kirschbaum mit 149 Tieren und die Elsbeere mit 94 Tieren. Bei der Hasel bei der Hecke wurden noch während der ganzen Saison 39 Wanzen gezählt.
Beim Hasel am Waldrand wurden währen der ganzen Überwachungsperiode nur 6 adulte Wanzen neben der Falle gesichtet.
Diskussion
Kumulierte Fangzahlen aller Fallen
In der Abbildung 5 ist die Übersicht der Entwicklung der Marmorierten Baumwanze mit den wichtigen Schritten wie der Eiablage und der Entwicklung zu Adulten dargestellt.
Der Peak des Einflugs der adulten Wanzen in der KW 16 liegt vor allem an den Temperaturen. Vor der Kontrolle am 21.4.20 betrug die Durchschnittstemperatur für 17 Tage über 10°C. Ausser am 14.4.20 und 15.4.20 wurden die 10°C Durchschnittstemperatur nicht erreicht. An 5 Tagen lagen die Durchschnittstemperaturen über 15°C.
Die ersten Nymphen im 1. Stadium wurden in der KW 25 entdeckt. Mit einer etwas tieferen Durchschnittstemperatur als 20°C während dieser Zeit wird vermutet, dass die Eier entweder in der KW 22 oder 23 gelegt wurden. Für die Entwicklung von der Eiablage bis zum 1. Nymphenstadium bei 20°C werden nach Haye et al. (2014) 10,27 Tage gebraucht. Zum zweiten Stadium dauert die Entwicklungszeit bei 20°C 9,06 Tage.
Dies ist gut möglich, da ab der Woche 20 die Wochen-Durchschnittstemperaturen erstmals über 15°C lagen. Man vermutet, dass Eier unter 15°C kaum überleben (Haye et al. 2014). Nur in der Woche 22 wurden durchschnittlich 14,5°C gemessen.
Um die Haupteiablage zu eruieren, wurden die Wochen mit vielen Nymphen im 2. Stadium zur Hilfe genommen. Da Nymphen im ersten Stadium nahe beim Eigelege bleiben, sind diese schwierig zu entdecken. Die Nymphen im 2. Stadium sind mobiler und krabbeln bereits längere Strecken. Um die Haupteilegezeit zu finden, wurde daher von den höheren Fangzahlen der 2. Nymphenstadien zurückgerechnet. Zwischen den Wochen 30 und 34 fand man im Vergleich zu den anderen Wochen viele Nymphen im 2. Stadium. Gemäss Haye et al. (2014) dauert die Entwicklung vom Ei bis ins 2. Stadium bei 20°C 19,33 Tage und bei 25°C 10,9 Tage. Da man nicht weiss, wann sich die gefundenen Nymphen zum 2. Stadium gehäutet haben, können noch zusätzliche Tage vergangen sein. Wenn man nun je nach Temperatur von einer Eiablage vor 2 bis 3 Wochen ausgeht, kommt man auf die Haupteiablage zwischen den Wochen 27 und 31.
Die Entwicklung zu den ersten Adulten der Generation 2020 vermutet man in der KW 32. Da man bei den adulten Tieren nicht weiss, ob sie noch von der älteren Generation oder bereits von der Generation 2020 stammen, versucht man dies anhand des Auftretens der ersten Nymphen im 5. Stadium auszurechnen. Die erste Nymphe im 5. Stadium fand man in der Woche 30. Bei konstanten Temperaturen von 20°C häutet sich eine Nymphe im 5. Stadium nach 18,81 Tagen zur adulten Wanze und bei 25°C nach 10,58 Tagen (Haye et al. 2014). Bei einer Durchschnittstemperatur von 23,6°C in der KW 31 und 19,1°C in der KW 32 vermutet man, dass erste Adulte der neuen Generation ab der Woche 32 auftraten.
Es scheint, dass es in der Schweiz in warmen Jahren zu einer zweiten Generation kommen kann. Dies war 2020 mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht der Fall.
In der Woche 32, in der die ersten neuen Adulten auftraten, betrugen die Tageslängen bereits weniger als 15 Stunden (Time and Date AS 2020). Man vermutet, dass die Tageslänge die Eiablage der Wanzen beeinflusst. Unter 15 Stunden Tageslänge legen frische Adulte keine Eigelege mehr. Ab dem 31. Juli in der Woche 31 betrug die Tageslänge weniger als 15 Stunden.
Zudem konnte sich in der Studie von Haye et al. (2014) keine Nymphe, die noch im August gelegt wurde, bis ins adulte Alter entwickeln. Die neu entwickelten Wanzen zeigten ferner kein Paarungsverhalten. Das heisst, auch wenn sich frühe Nymphen schon kurz vor dem 31. Juli zu Erwachsenen entwickelten, die Wahrscheinlichkeit sehr klein ist, dass sich diese paarten oder deren Eigelege sich zu einer zweiten Generation Adulten entwickeln konnten.
Der Haupteinflug der neu entwickelten Adulten lag zwischen den Wochen 37 und 40, weil die Anzahl erwachsenen Wanzen sehr hoch war. Dies war ebenfalls in den Beobachtungen von Haye et al. (2014) ersichtlich. 9,4% entwickelten sich in der letzten Augustwoche und 70,3% im September.
Zudem sind die hohen Zahlen zu begründen, dass die Wanzen mehr auf die Duftstoffe reagieren. Die Wanzen produzieren mehr vom eigenen Aggregations-Pheromon, wenn es auf den Herbst zugeht. Sie fühlen sich auch stärker davon angelockt. Daher zieht der Duftstoff des Pheromons die Wanzen zu dieser Zeit vermehrt an.
Der Haupteinflug wurde rund 10 Wochen nach der vermuteten Haupteiablage liegen. Dies würde ebenfalls der von Haye et al. (2014) beobachteten Zeitspanne bei Aussentemperaturen von 60 bis 131 Tagen von der Eiablage bis zum voll entwickelten Tier liegen.
Die starke Abnahme der Fänge ab der KW 41 mag an den kühlen Temperaturen liegen. In der KW 41 betrugen die Durchschnittstemperaturen 10,6°C und in der KW 42 nur noch 7°C. Die Wanzen suchen sich ihr Winterquartier, wo sie über die kälteren Zeiten in die Diapause gehen.
Vergleich kumulierter Fangzahlen pro Standort
Im Frühjahr wurden viele Wanzen an den Standorten gefunden, die in der Nähe zu den wärmeren Siedlungsgebieten sind. Die Wanzen verbringen ihre Diapause um erwärmte Gebäude. Der Kirschbaum mit den höchsten Fangzahlen der Generation 2019 liegt direkt im Wohngebiet. Die überwinterten Wanzen erreichten die Falle am Kirschbaum somit schnell.
Der Apfelbaum und der Rebstock scheinen die beliebtesten Orte für die Vermehrung zu sein. Dies mag vor allem an den grösseren Blättern und dem dichteren Blattwerk liegen, in welchem die jungen Nymphen besser geschützt sind. Ferner sind diese beide Orte warm, so dass sich die Nymphen gut entwickeln konnten und die Standorte ein attraktiver Ort für die Eiablage waren.
Beim Apfelbaum und den Reben wurden ebenfalls am meisten Adulte der Generation 2020 eingesammelt. Dies mag daran liegen, dass sich viele frisch entwickelten Adulte bereits nahe von den Fallen aufhielten. Zudem könnte es sein, dass die jungen Adulten nicht zu weit fliegen.
Folglich kann gesagt werden, dass vielen adulte Wanzen an einem Standort im Frühjahr nicht bedeuten, dass am gleichen Ort Eier gelegt werden.
Dahingegen kann behauptet werden, dass viele Nymphen an einem Standort viele Adulte der neuen Generation zur Folge haben.
Vergleich 2019 und 2020
Das Monitoring in 2019 und 2020 unterschied sich in der Dauer und der Anzahl Fallenstandorte (Abbildung 6). In 2019 betreute man die Fallen zwischen der KW 19 und 42. In 2020 begann man mit dem Monitoring bereits in der Woche 10 und führte es fort bis in die Woche 46 als man zwei Wochen in Folge keine Wanzen mehr finden konnte. Dadurch kann man leider den Einflug im Frühjahr nicht gut vergleichen. Auch das Abwandern im Herbst ins Winterquartier kann nicht gleich beurteilt werden.
In 2020 nahm man zwei neue Fallenstandorte dazu. Eine Falle hängte man neu an einer Gemeinen Hasel bei der Hecke neben dem Gutsbetrieb auf und die andere auch an einer Gemeinen Hasel am Waldrand.
Die Falle beim Kirschbaum wurde an einen anderen Kirschbaum im Quartier gehängt, wo sie besser für die Wanzen zugänglich war.
Auf den ersten Blick ist ersichtlich, dass in 2019 durchschnittlich mehr Wanzen gefangen wurden als in 2020. Der Grund für die höheren Fangzahlen liegt im Klima des Vorjahres 2018.
In 2018 gab es ein sehr warmes Frühjahr und Sommer. Unter diesen Bedingungen konnten sich zwei Generationen an Marmorierten Baumwanzen entwickeln. Die grosse Anzahl an Adulten von 2018 kamen 2019 aus der Diapause, was die hohe Ausgangspopulation in 2019 zur Folge hatte.
In 2019 konnte die Entwicklung nur einer neuen Generation beobachtet werden. Somit war die Ausgangspopulation an überwinternden Adulten im Frühjahr 2020 deutlich kleiner.
Da man 2018 noch kein Monitoring durchführte, kann man nicht sagen, wann sich die zwei Generationen entwickelt haben. Folglich wäre es interessant zu sehen, wie sich die Population in einem sehr warmen Frühjahr und Sommer oder einem eher kühlen entwickeln würden.
In der untenstehenden Tabelle 3 sind die ersten Funde der jeweiligen Stadien in den beiden Jahren ersichtlich. Die ersten Nymphen des 1. bis 3. Stadiums wurden in 2019 in der KW 27 gefunden. In 2020 fand man die ersten Nymphen im 3. Stadium ebenfalls in der KW 27. Die ersten Nymphen im 1. Stadium konnten dahingegen bereits zwei Wochen früher um ein Eigelege gruppiert in der KW 25 gesichtet werden. Die ersten Nymphen im 2. Stadium wurden 2020 eine Woche früher eingesammelt.
Wenn man zurückrechnet, wann die ersten gefundenen Nymphen im 3. Stadium in 2019 im 1. Stadium waren, kommt man auf die Woche 23 oder 24. Bei konstanten 20°C benötigen die Nymphen 23,5 Tage um sich vom 1. Ins 3. Stadium zu entwickeln (Haye et al. 2014). In der Woche 23 oder 24 konnten auch in 2020 die ersten ausgeschlüpften Nymphen auftreten.
Die ersten Nymphen des 4. und 5. Stadiums traten in 2019 in der Woche 29 auf. In 2020 traten Nymphen im 4. Stadium bereits in der Woche 28 und Nymphen im 5. Stadium erst in der Woche 30 auf. Das mögliche erste Auftreten der Nymphen im 4. Stadium in 2019 kann man anhand des ersten Auftretens der Nymphen im 5. Stadiums berechnen.
Um sich von 4. in das 5. Stadium zu entwickeln braucht die Nymphe 12, 54 Tage (Haye et al. 2014). Somit häuteten sich wahrscheinlich die ersten Nymphen bereits in der Woche 27 oder 28 zum 4. Stadium.
Tabelle 3 Erste gefundene Nymphen der 5 Stadien, erste vermutete Eiablage und erste vermutete Adulte der neuen Generation
Insgesamt ist die Entwicklung der Nymphen in den beiden bisherigen Versuchsjahren in einem sehr ähnlichen Zeitrahmen vorangegangen. Die Nymphen im 1. Stadium und 2. Stadium sind wegen ihrer geringeren Mobilität schwieriger zum Entdecken. Daher ist es gut möglich, dass man sie nicht immer zu Beginn findet. In 2020 konnten sicherlich durch den Einsatz des Klopftrichters schwer ersichtliche Nymphen früher gefunden werden.
In beiden Jahren konnte man eine starke Zunahme von adulten Tieren ab der Woche 37 beobachten. Die hohen Fänge hielten an bis zur Woche 40. Anscheinend haben sich in beiden Jahren viele Nymphen in diesem Zeitraum zu ausgewachsenen Wanzen entwickelt. Zudem wirkt das Pheromon während dieser Zeitperiode besser, weil die Wanzen mehr auf das Agreggationspheromon reagieren.
Diese Beobachtung konnte auch in der Studie von Haye et al. (2014) gemacht werden. In diesen Aufzeichnungen hat sich gezeigt, dass 70,3% aller Nymphen sich im September zu Adulten häuten und im Oktober noch 18,7%. Erstaunlicherweise wurden in der Woche 38 in beiden Jahren am meisten Adulte eingefangen.
Ab der Woche 41 zeigte sich eine Abnahme der Fänge in 2019 und 2020. Die Abnahme war in 2019 jedoch weniger markant als in 2019. Das unterschiedliche Verhalten der Wanzen lag hauptsächlich an den Temperaturen. In 2019 erreichte man in der KW 41 noch 12,6°C und in der KW 42 12,3°C. Dahingegen wurden in 2020 in der KW 41 noch durchschnittlich 10,6°C und in der KW nur noch 7°C gemessen. In 2020 sind die Wanzen folglich früher in ihre Winterquartiere gezogen. Eventuell konnten sich auch weniger Nymphen ganz zu Adulten entwickeln, da es zu kühl wurde.
Vergleich gleiche Standorte 2019 und 2020
In 2019 und 2020 wurden die Fallen beim Apfelbaum, bei der Elsbeere und den Reben am gleichen Ort aufgehängt. Daher kann man die Entwicklung der Fangzahlen in den beiden Jahren gut vergleichen.
Beim Apfelbaum scheint der Verlauf der Fänge in den beiden Jahren sehr ähnlich zu sein. Der Apfelbaum war für die Eiablage attraktiv und das Auftreten der Adulten im Frühjahr und Winter war ähnlich.
Bei der Elsbeere im Wildobstgarten konnte man 2019 leicht mehr Nymphen und Adulte im Spätsommer einsammeln.
Bei den Reben unterscheiden sich die Fänge der beiden Jahre am Stärksten. In 2019 konnte in der Woche 26 während der Hauptblüte ein eindeutiger Peak der Adulten festgestellt werden. Ein Peak während der Blütezeit hat sich 2020 nicht gezeigt. Der Grund wieso der hohe Einflug in 2020 wegblieb mag am Wetter gelegen sein. Die Blüte in 2020 war drei Wochen früher (KW23) und die Durchschnittstemperatur lag bei 15°C. In 2019 waren die Durchschnittstemperaturen in der Woche 26 bereits bei 25°C. Zudem regnete es vor dem Fallenrundgang in 2020 mehrere Tage. Die Flugaktivität war in der Woche der Blüte durch die klimatischen Bedingungen gehemmt.
In 2020 wurden bei den Reben viel mehr Nymphen gefunden als in 2019. Der Ursprung für diese Differenz ist schwierig zu begründen. Mit der Hilfe des Klopftrichters konnten in 2020 ein Teil mehr Tiere gefunden werden. Dies war jedoch sicher nicht der einzige Einflussfaktor.
Schlussfolgerung
Im Monitoring der Marmorierten Baumwanze 2020 konnten Daten zum Entwicklungszyklus und der Attraktivität bestimmter Standorten bestätigt werden. Dahingegen ergaben sich auch Unterschiede zum Monitoring 2019, die noch nicht komplett ergründet werden konnten. Aufgrund von Beobachtungen wurden neue Fragen über das Verhalten der Wanzen aufgeworfen.
In 2019 und 2020 entwickelte sich nur eine Generation. 2018 konnten sich jedoch zwei Generationen entwickeln. In 2018 wurde am Strickhof in Wülflingen jedoch noch kein Monitoring durchgeführt, weshalb gesicherte Daten dazu fehlen. Daher wäre es sehr spannend zu beobachten, unter welchen Bedingungen sich zwei Generationen bilden können und wie sich deren Entwicklung über das Jahr zeigt. Somit könnte man anhand des Monitorings und der Wetterdaten bereits im Frühjahr voraussagen, ob sich eine 2. Generation ausbilden kann. Zudem können Prognosen für das nächste Jahr gemacht werden.
Interessant wäre zu verfeinern, welche Standorte tendenziell beliebt für die Vermehrung sind. Dies ist vor allem von Bedeutung, da sich dort viele Nymphen und Adulte im Sommer und Herbst aufhalten. Mehr Wanzen in einer Kultur haben ein höheres Schadenpotenzial. Man vermutet bereits, dass die Wanzen gerne Eier legen, wo ein dichtes Blattwerk besteht, es aber warm ist. Der Grund für das unterschiedliche Vorkommen der Nymphen in den Reben in den beiden Monitoring-Jahren bleibt bis jetzt jedoch unklar. In kommenden Jahren müsste man überprüfen, ob die Reben als Ort der Vermehrung gleich beliebt sind oder wieso die Attraktivität einer Kultur schwankt.
Bis anhin konnten durch das Monitoring Tendenzen zur Beliebtheit verschiedener Wirtspflanzen aufgezeichnet werden. Es fehlen jedoch belegte Beobachtungen zu beliebten Stellen beim Einflug der Wanzen in den Obstanlagen. Zum Beispiel wurden Beobachtungen gemacht, dass die Wanzen meist von oben und dem Rand in einer Anlage kommen. Dies wird auch gestützt durch Beobachtungen, wo die Schäden in einer Anlage am häufigsten Auftreten, nämlich in Randreihen und im oberen Baumbereich.
Bis anhin hat man noch keine offensichtlich grösseren Schäden durch Wanzen bei Reben feststellen können. Blühende Pflanzen scheinen für Wanzen allerdings attraktiv zu sein.
Dank
Herzlich danken möchten wir Vivian Kempf, die mit Ihrer Maturarbeit in 2019 eine hervorragende Basis und Analyse erarbeitete.
Zudem möchten wir uns bei Tim Haye vom CABI und Barbara Egger von Agroscope bedanken für den Austausch und offenen Wissenstranfer.
Das Monitoring wurde im Rahmen und mit finanzieller Unterstützung des Interreg ABH Projekts "Wanzen im Obstbau" durchgeführt.
Literaturangaben
Haye T./ Abdallah S./ Gariepy T./ Wyniger D. (2014): Phenology, life table analysis and temperature requirements oft he invasive brown marmorated stink bug, Halyomorpha halys, in Europe. In: Journal of Pest Science 87.
Kempf V. (2019): Monitoring der Marmorierten Baumwanze (Halyomorpha halys) 2019. Maturitätsarbeit Winterthur, Kantonsschule Rychenberg.
Lee D./ Short B./ Joseph S./ Bergh J./ Leskey T. (2013): Review of the biology, ecology, and management of Halyomorpha halys (Hemiptera: Pentatomidae) in China, Japan, and the Republic of Korea. In : Environ Entomol 42, S. 627–641.
Time and Date AS (2020): Winterthur, Schweiz — Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. URL: https://www.timeanddate.de/sonne/schweiz/winterthur?month=10&year=2020 [Stand: 13. November 2020]
Monitoring Marmorierte Baumwanze 2020 Versuchsbericht Strickhof