Massiver Befall mit Kartoffelkäfern und Larven
Nach einem feuchten Start setzt(e) den Kartoffeln die anhaltende Trockenheit zu. Kompakte Dämme, hohe Temperaturen, Wassermangel und ein enorm hoher Kartoffelkäferdruck dämpfen nicht nur die Ertragserwartungen, sondern bieten düstere Aussichten für die Qualität der Knollen.
Mangelnde Wirkung gegen Kartoffelkäfer
Der Befallsdruck der Kartoffelkäfer ist in diesem Jahr enorm hoch. Nach dem Erreichen der Bekämpfungsschwelle (1 Befallsherd pro Are oder 20% der Pflanzen mit Befall) haben einige Betriebe zuerst eine Behandlung mit Spinosad (Audienz oder Elvis) durchgeführt. Leider musste festgestellt werden, dass die Wirkung in diesem Jahr teilweise sehr schwach war und die Bekämpfungsschwelle nach einigen Tage immer noch überschritten war.
Über die Gründe für den tiefen Wirkungsgrad lässt sich im Moment nur spekulieren. Zwei der möglichen Gründe könnten die starke Sonneneinstrahlung, die den Wirkstoff zu stark abgebaut hat oder gar eine Resistenz sein. Um der Frage nach Resistenzen auf den Grund zu gehen, sammelte die Pflanzenschutz-Fachstelle des Strickhofs zusammen mit der Firma Omya in einem Feld mit schlechter Wirkung je 1’000 Kartoffelkäfer und Eier ein. Diese werden nun durch die Herstellerfirma auf Resistenzen getestet.
Besondere Bedingungen
Insbesondere Kartoffeln, die nicht bewässert werden können, litten vor den Regenfällen der vergangenen Woche stark unter den trockenen Bedingungen. Da reichten auch die durchschnittlichen Regenmengen von 20 – 30mm nicht aus, um die Situation wesentlich zu verbessern. Hohe Temperaturen zusammen mit dem Biswind trocknen die Böden schnell wieder aus. In vielen Beständen haben die Stauden ohnehin kein Blatt zu viel gebildet und jeder Blattverlust führt zu Ertragseinbussen.
Aufgrund dieser besonderen Umstände wurde in Absprache mit den Kantonen Aargau, Thurgau und Schaffhausen sehr rasch entschieden, die Bekämpfungsstrategie gegen Kartoffelkäfer in diesem Jahr anzupassen. Die Kantone Sankt Gallen, Bern und Solothurn haben sich daraufhin für eine ähnliche Strategie festgelegt.
Angepasste Behandlungsstrategie für 2023
Ist die Bekämpfungsschwelle erreicht, muss nicht zuerst ein Spinosad eingesetzt werden, bevor sonderbewilligungspflichtige Mittel (Coragen, Gazelle SG, Pistol, Oryx Pro) verwendet werden dürfen.
Priorität bei der Mittelwahl hat das Produkt Coragen weil es nützlingsschonender und kein Bienengift wie die acetamipridhaltigen Produkte (Gazelle SG, Oryx Pro und Pistol) ist. Die Nachfrage war so gross, dass Coragen zeitweise nicht mehr verfügbar war.
Dann wich man auf Mittel mit dem Wirkstoff Acetamiprid aus. Diese kommen auch zum Zug, wenn Kartoffelkäfer und Blattläuse gleichzeitig bekämpft werden müssen. Vorausgesetzt die Bekämpfungsschwellen für beide Schädlinge sind überschritten.
Coragen, Gazelle SG, oryx Pro und Pistol wirken systemisch. Sie verteilen sich im Saftstrom der Kartoffelstauden und wirken dort langanhaltend als Frassgift gegen Käfer und Larven. Unter Trockenheitsstress ist die Wirkstoffverteilung in der Pflanze stark verlangsamt, weshalb es mehrere Tage braucht, bis die Wirkung eintritt. Eine gute Applikationstechnik, das bedeutet eine leicht erhöhte Wassermenge von 350-400 Litern und die Anwendung mit passenden Düsen, beispielsweise eine Injektor Doppelflachstrahldüse unterstützen eine gute Wirkung.
Die erwähnte Strategie gilt nur für dieses Jahr in konventionell produzierten Kartoffeln und die einzelbetrieblichen Sonderbewilligungen sind weiterhin einzuholen.
Biologische Alternativen wurden bei der Entscheidung auch mit einbezogen. Die Produkte mit den Wirkstoffen Azadirachtin A (NeemAzal-T/S, Agroneem) oder Bacillus thuringiensis (Novordor 3 FC) waren aufgrund ihrer beschränkten Wirkung und des hohen Preises aber keine Alternative im konventionellen Anbau. Im Biolandbau sind sie die einzige Alternative. Sie wirken allerdings nur auf kleine Kartoffelkäfer-Larven.
Vorgehen beim Überschreiten der Bekämpfungsschwelle(n)
Schädling | Mittel/Aufwandmenge | Bedingungen |
Kartoffelkäfer solo | Coragen 60 ml/ha | Einzelbetriebliche Sonderbewilligung |
Blattläuse solo | Teppeki 160g/ha Movento SC 0.75l/ha | Ohne Sonderbewilligung |
Kartoffelkäfer und Blattläuse | Gazelle SG 200g/ha Pistol 200g/ha Oryx Pro 200g/ha | Einzelbetriebliche Sonderbewilligung
|
Blattlausbekämpfung
Blattläuse sind in wenigen Feldern ein Thema. Wo die Bekämpfungsschwelle von 10 Blattläusen pro Fiederblatt (1 Blattlaus pro Einzelblatt) erreicht ist, kann Movento SC 0.75 l/ha oder Teppeki 160 g/ha ohne Sonderbewilligung eingesetzt werden.
Treten gleichzeitig Kartoffelkäfer in bekämpfungswürdigem Ausmass auf, können Produkte mit dem Wirkstoff Acetamiprid (Gazelle SG, Pistol, Oryx Pro) eingesetzt werden. Dazu ist vorgängig eine Sonderbewilligung bei der Fachstelle Pflanzenschutz einzuholen.
Krautfäuleschutz aufrechterhalten
Die nassen Bedingungen am Anfang der Saison führten zu einem frühen und massiven Krautfäuledruck. Die ersten Meldungen gingen Anfang Mai ein. Dies lange bevor alle Kartoffeln gepflanzt werden konnten. Das bedeutete auch, dass alle Felder im Umkreis von 10 Kilometern geschützt werden mussten. In einigen Fällen mussten deshalb erst fausthohe Kartoffelpflanzen behandelt werden.
Das trockene Wetter mit Biese hatte auch Vorteile, die Kartoffelbestände trockneten in den vergangenen Wochen schnell ab und so blieben Neuinfektionen aus.
Nach dem frühen und massiven Auftreten der Krankheit gilt es aber weiterhin wachsam zu bleiben. Insbesondere nach den Niederschlägen der vergangenen Woche oder in bewässerten Parzellen ist ein lückenloser Fungizidschutz unabdingbar.
Die Produzenten sind angehalten neue Krautfäule-Fälle weiterhin an Agroscope online (www.phytopre.ch) oder telefonisch unter 058 468 72 39 zu melden
Alternaria nicht vergessen
Trotz der Niederschläge der vergangenen Woche sind viele Kartoffelbestände nach wie vor gestresst und dadurch anfälliger für den Schwächeparasit Alternaria. Normalerweise führt ein Befall mit dem Alternaria-Pilz nicht zu mengenmässig oder qualitativ einschneidenden Ausfällen. Sind normalerweise vor allem späte Sorten mit einer längeren Wachstumszeit betroffen, dann gilt in diesem Jahr auch den vielerorts krautschwachen Beständen ein besonderes Augenmerk. Bei diesen Sorten sollten Krautfäule-Mittel mit kombinierter Wirkung gegen Alternaria oder ein geeigneter Mischpartner eingesetzt werden (siehe auch Mittelheft, Seite 20-21).