Kartoffel-Sortenversuche 2022
Gepflanzt wurden die Versuche dieses Jahr verglichen mit der Praxis verhältnismässig spät, aufgrund verzögerter Lieferung der Pflanzgutmuster. Am 22. April wurde in Humlikon, am 4. Mai in Nürensdorf gelegt. Die Saatproben der VO-Ost Pflanzkartoffeln konnten plangemäss schon am 25. März gepflanzt werden. Geerntet wurde der Sortenversuch am 13./14. September in Humlikon, am 7. Oktober in Nürensdorf.
Die Versuchssaison 2022 war geprägt durch eine trockene und heisse Witterung, tiefe Knollenansätze, hohe Stärkewerte und letztendlich erstaunlich positive Erträge und Qualitäten.
Witterungsverlauf aufgrund Referenzdaten
Punkto Niederschlagsmenge ingesamt betrachtet für die Kartoffelwachstumsmonate April bis August, ist das Jahr 2022 anhand der Referenz-Meteostation Winterthur-Wülflingen vergleichbar mit 2020. Vergleichbar mit 2020 waren deshalb auch die generell tiefen Knollenansätze. Die Trockene Witterung zum Zeitpunkt des Knollenansatzes in der zweiten Maihälfte reduzierte die Stückzahlen je Staude. Die Frühjahrstrockenheit war etwas weniger ausgeprägt als 2020. Deshalb konnten früh und mittelfrüh reifende Sorten zügig zuwachsen und somit auch ohne Bewässerung gute Erträge erzielen.
In den einzelnen Kartoffelparzellen wurde ein nicht unbedeutender Anteil des Wasserangebotes durch niedergehende oder eben ausbleibende Gewitterniederschläge bestimmt. So musste am Versuchsstandort Humlikon bereits Anfang Juni die erste von 5 Bewässerungsgaben verabreicht werden.
Punkto Temperatur war das Jahr 2022 vergleichbar mit den Sommern 2015 und 2018. Die hohe, auf die Knollen einwirkende Temperatursumme wird sich im Winter 2022/2023 am Lager bemerkbar machen durch frühzeitiges Auskeimen der Partien. Beim Sortieren der Versuchsware im Oktober waren bei den weniger keimruhigen Sorten wie "Accoustic" und "Austin" bereits Keime vorhanden in den Mustern der unbewässerten Kleinparzellen. In den bewässerten Verfahren blieb das Kartoffelkraut länger intakt und die höhere Verdunstungskühlung bewirkte in die Dämme tendenziell kühlere Temperaturen. Dieser Unterschied ist bei den erwähnten Knollenmustern sichtbar.
Sortenvergleich
Im Anbauvergleich der Speisesorten wurde aus dem ersten Swisspatat-Hauptversuchsjahr die Kochtyp A - Sorten «Simonetta», «Emanuelle» und "Lea" angebaut, nebst den Referenzsorten «Ditta», «Erika» und «Vitabella».
Des weiteren wurden einige vielversprechende, vor allem festkochende Sorten aus den Vorversuchen von Agroscope und aus ausländischen Versuchen oder Züchterempfehlungen getestet. Vorwiegend festkochende Sorten (Kochtyp B) wurden 9 getestet und mit den Referenzen «Jelly», «Belmonda», "Concordia" und "Viktoria" verglichen. Der Fokus lag bei der Sortenauswahl auf den Eigenschaften Lagerfähigkeit, Krautfäuleresistenz, Geschmack, Ertrag, Uniformität, Trockenheitstoleranz und/oder optische Schalenqualität.
Speisesorten
Erwartungsgemäss zeigte sich «Queen Anne» als eine im Ertrag führende festkochende Sorte (Kochtyp A). Ditta als sonst ertragsstarke festkochende Sorte schnitt im diesjährigen Versuch unterdurchschnittlich ab. Vermutlich aufgrund äusserst tiefer Knollen-Stückzahlen. Simonetta und Emanuelle bestätigten die guten Ertragsleistungen aus den vergangenen Versuchsjahren.
Detailergebnisse Vergleich Sorten Kochtyp A
Bei den vorwiegend festkochenden Sorten (Kochtyp B) erreichten "Jelly" und "Belmonda" Spitzenerträge im bewässerten Verfahren. "Camelia" bewies erneut ebenfalls eine sehr hohe Ertragsleistung.
Detailergebnisse Vergleich Sorten Kochtyp B
Industriesorten
Bei den Industriesorten wurden die Chipssorten «Austin» und «Lady Alicia» (2. Hauptversuchsjahr) sowie «Papageno» (neu auf der Bio-Sortenliste 2022) im Vergleich zu «Lady Claire» und «SHC1010» getestet. Die Backfarben aller Sorten waren praktisch makellos. Die Stärkegehalte waren überdurchschnittlich, zwischen 17.6% bei "Lady Claire" und 20% bei "SHC1010".
Bei den Frites-Sorten standen die Hauptversuchssorten (im ersten Jahr) «Lugano», «Cardyma», "Risoletto" und «Lady Jane» im Vergleich mit den Referenzen «Agria» und «Fontane». Erwartungsgemäss waren die Stärkegehalte tiefer als bei den Chips-Sorten. Sie lagen zwischen 14.2% eines "Lady Jane"-Musters und 18.1% eines Musters der Sorte "Risoletto".
Tendenziell verzeichnetete die bewässerte Ware tiefere Stärkewerte aufgrund der höheren Bruttoerträge. Hohe Erträge können den relativen Stärkegehalt "verdünnen".
Detailergebnisse Sortenvergleich Industriesorten
Qualitätsunterschiede
Auffällig war ein hoher Anteil an Knollen mit Schneckenschäden im bewässerten Verfahren Humlikon. Während im unbewässerten Verfahren die Sorte mit den grössten Schneckenschäden 4% Gewichtanteil verzeichnete, waren es im bewässerten Verfahren 24% bei der am stärksten geschädigten Sorte.
Die tiefen Knollenzahlen je Staude hatten bei den früher reifen, festkochenden Sorten einen durchgehend sehr tiefen Anteil an Knollen unterhalb des Mindest-Quadratmasses zur Folge. Dementsprechend war bei diesen Sorten der Anteil Knollen über dem Maximal-Quadratmass hoch, insbesondere bei den rundlichen Sorten wie "Accoustic" oder "Camelia". Bei den später abreifenden Sorten, insbesondere Chips- und Frites-Sorten war hingegen trotz geringer Knollenzahlen der Anteil Knollen unter dem Mindestkaliber relativ hoch. Dies unabhängig ob mit oder ohne Bewässerung. Die zahlreichen Hitzetage im Juli und August, über dem Temperaturoptimum für den Knollenzuwachs führten wahrscheinlich dazu. Die Krautvernichtung erfolgte bei allen Sorten in Humlikon zum gleichen Termin, Mitte August.
Grosser Effekt der Bewässerung
Alle Versuchssorten wurden je mit und ohne Bewässerung angebaut. Es wurde mit 5 Gaben total rund 120 Liter je Quadratmeter beregnet. Die erste Bewässerung erfolgte Anfang Juni, die letzte Ende Juli. Der Zeitpunkt der Bewässerungsgaben wurde mittels Bodenfeuchtesonden und neu auch mittels "Bewässerungs-App" bestimmt. Am besten profitierten die spätreiferen Industriesorten mit durchschnittlich gut 35% Mehrertrag. Dem gegenüber waren die Erträge der Chips- und Fritessorten in den unbewässerten Parzellen unterdurchschnittlich. Die früher abreifenden, festkochenden Sorten profitierten von der Bewässerung und erreichten 20% Mehrertrag. Bei den Sorten des Kochtyp B lag der erzielte Mehrertrag dazwischen.