Hitze, Sonne, Trockenheit: Auch Gemüsekulturen kommen ans Limit
Hitze, Sonne, Trockenheit: Auch Gemüsekulturen kommen ans Limit
Bacd 3.8.2018: Wir erleben momentan eine Hitze- und Trockenwelle wie wir sie noch selten erlebt haben. In punkto Pflanzenphysiologie stellen die momentanen Bedingungen in jeglicher Hinsicht eine Extremsituation für Gemüsekulturen dar. Es zeigt sich einmal mehr, dass eine Gemüseproduktion ohne Bewässerungsmöglichkeit nahezu unmöglich ist.
Einfluss von Hitze, Sonneneinstrahlung und Trockenheit auf die Pflanzenphysiologie
Grundsätzlich sind Pflanzen gut angepasste Lebewesen mit «hauseigenem» Kühlsystem. Durch die Verdunstung (Transpiration) über die Spaltöffnungen der Blätter sind sie in der Lage überschüssige Wärmeenergie an die Umgebungsluft abzutreten. Funktioniert die Transpiration ungehindert, kann die Pflanze die Gewebetemperatur um die jeweilige Umgebungstemperatur herum halten und die Pflanze «überhitzt» nicht. Dieser Transpirationsfluss ist der mit Abstand wichtigste Weg, wodurch die Pflanze überschüssige Wärmeenergie abtreten kann. Ist daher die Transpiration aus irgendeinem Grund, wie z.B. ungenügende Wasserversorgung oder Erkrankung der Leitgefässe unterbunden, kann sich das Pflanzen- und Fruchtgewebe immer weiter erhitzen. Ab einer Gewebetemperatur von rund 48°C wird es kritisch und es kann anfänglich zur Verbräunung und schliesslich zum Absterben von Pflanzenteilen kommen. Eine weitere Folge ist, dass für viele Pflanzen ab einer Temperatur von rund 34°C (Die genaue Temperatur schwankt von Art zu Art), die Photosyntheseleistung und damit die Ertragsbildung zurückgeht. Weiter wird bei hohen Gewebetemperaturen auch die Pollenproduktion verringert. Daher ist z.B. bei Kulturen wie Kürbis um die Blütezeit herum für ausreichende Bewässerung zu sorgen um den Fruchtansatz zu fördern.
Weitere Einflüsse von Trockenstress auf die Pflanzenphysiologie sind zudem bekanntlich das vermehrte Ausbilden von Schossern im Sommer z.B. bei Fenchel, Karotten oder Spinat.
Entwicklungsphasen der Kulturen bei der Bewässerung beachten
Die Hauptmethode zur Verringerung der oben aufgeführten Stressfaktoren ist eine bedarfsgerechte Bewässerung um den Pflanzeneigenen «Kühler» wieder in Gang zu bringen. Dabei sind nebst den Bodeneigenschaften und der aktuellen Bodenfeuchte auch einige Entwicklungsphysiologische Eigenheiten der Kulturen zu beachten:
Bei Pflanzkulturen sind die ersten paar Tage nach der Pflanzung bezüglich Bewässerung die kritischsten. Die Pflanze muss nach der behüteten Kinderstube der Jungpflanzenanzucht im freien Feld im wahrsten Sinn neue Wurzeln schlagen. Gerade bei hoch gepflanzten Arten wie z.B. den Salaten kann bereits innerhalb weniger Stunden eine Kultur verloren sein, wenn nach der Pflanzung keine Beregnung stattfindet. Die anfänglichen Gaben sollten jedoch moderat ausfallen (10 mm), um die Kultur zwar gut einwurzeln zu lassen, die Wurzelbildung jedoch schnell voranschreiten zu lassen. Die Höhe der Gaben während des 1. Kulturdrittels wirkt sich letztlich auch auf die Ausbildung eines stresstoleranteren Wurzelwerks aus. Zu hohe Anfangsgaben können zu einem wenig ausgebildeten Wurzelwerk führen, welches die Kulturen später empfindlicher auf plötzlich auftretende Trockensituationen macht.
Bei Saatkulturen ist zudem die Art der Bewässerung zu beachten. Hohe Einzelgaben mit grosser Tropfengrösse kann im Vorauflauf zur Verschlämmung der obersten Bodenschicht führen und das Auflaufen wird so erschwert bzw. ungleichmässig. Nach dem Auflaufen und dem Ausbilden der ersten Wurzeln gilt auch hier, dass eine zurückhaltende Bewässerung das Tiefenwachstum der Wurzeln fördert. Dadurch erschliessen die Keimlinge schneller tiefer liegende Wasserreserven. Diese müssen allerdings auch effektiv noch vorhanden sein, was z.B. in den letzten Wochen nicht mehr der Fall war.
Wie oben erwähnt ist bei fruchtbildenden Kulturen wie z.B. Bohnen, Erbsen oder Kürbis die Zeit um die Blüte herum entscheidend für den späteren Fruchtbehang. Tritt zu dieser Zeit Trockenstress auf kann die Befruchtung beeinträchtigt werden bzw. junge Früchte werden von der Pflanze wieder abgestossen.
Bei Karotten ist während dem Rübenwachstum darauf zu achten, dass nach längeren Trockenphasen mit der Bewässerung eher zögerlich begonnen wird, ansonsten können sich durch eine schlagartige Wasserzufuhr schnell Risse bilden, welche wiederum von Sekundärparasiten befallen werden. Auch bei Tomaten kann es bei unregelmässigen Wassergaben zu Sprüngen in den Früchten kommen, was jedoch bei modern geführten Kulturen mit mehreren Bewässerungsintervallen pro Tag weniger ein Problem ist als im Hausgartenbereich.
Einfluss der Bewässerung auf den Pflanzenschutz
Ein häufig unterschätztes Thema bei der Bewässerung, ist der Einfluss auf den Pflanzenschutz. Die klassische Überkopfberegnung im Freiland führt nebst der Wassergabe an die Wurzeln auch zu einer nassen Blattoberfläche. Diese Blattnassdauer begünstigt vor allem pilzliche Krankheiten wie Botrytis, falscher Mehltau etc., die zur Ausbildung der Infektionsorgane auf eine nasse Blattoberfläche angewiesen sind. Auch Rhizoctonia solani, eine Pilzfäule mit sehr breitem Wirtsspektrum, fühlt sich in der Kombination aus warmen-heissen Temperaturen und feuchten Bodenverhältnissen besonders wohl. Demensprechend sollte nach Möglichkeit nicht am Abend in die Nacht hinein, sondern in den frühen Morgenstunden bewässert werden. Gerade umgekehrt verhält sich die Situation bei der Thripsbekämpfung in Liliengewächsen, wie Lauch und Zwiebeln. Thripse fühlen sich besonders in trocken-heisser Umgebung besonders wohl. Eine regelmässige Bewässerung mit entsprechend feuchtem Mikroklima kann daher eine effektive Unterstützung in der Thripsbekämpfung darstellen.