So finden Sie uns

Strickhof
Eschikon 21
CH-8315 Lindau
+41 58 105 98 00
info@strickhof.ch

Strickhof auf Social Media

>

Hintergrund und Ursachen des Kuhsignals Zungenrollen

Zungenrollen ist ein stereotypische Verhaltensauffälligkeit, die in sehr engem Zusammenhang mit dem Stresslevel und dem Stoffwechselzustand der Kühe steht.

Hintergrund und Ursachen des Kuhsignals Zungenrollen

Kuhsignal-Kompakt

 

Das Zungenrollen, auch Zungenschlagen genannt, gehört zu den stereotypischen Verhaltensweisen. Bei betroffenen Rindern tritt Zungenrollen wiederkehrend und mit einer gewissen Regelmässigkeit auf. Das Verhalten äussert sich in einer Vielzahl von Variationen, wird aber in der Regel mit angehobenem Kopf und gestrecktem Hals während bis zu 10 Minuten ausgeübt. Typischerweise vollführt das Rind dabei rollende oder hin- und herschlagende Zungenbewegungen, in- oder ausserhalb des Mauls. Dabei wird kein sichtbarer Zweck durch das Zungenrollen erreicht. 
 

Video 1: Typisches Verhaltensbild des Zungenrollens bei Kühen (Quelle: Strickhof).


Das Rind äussert damit ein Ersatzverhalten, welches oftmals mit dem «Scheinabreissen» von einem Grasbüschel in Verbindung gebracht wird. Während des Ausübens fällt die Kuh in einen temporären mentalen Zustand, in welchem das Bewusstseinslevel abgesenkt wird. Mit der schlafähnlichen Verhaltensweise versucht die Kuh der psychischen oder verhaltensbedingten Frustration zu entfliehen. In der Vergangenheit ist man davon ausgegangen, dass Kühe das Verhalten ausüben, um Stress abzubauen. Aktuelle Forschungsergebnisse widerlegen diese Annahme. Der Cortisolspiegel im Blut wird durch das Verhalten nicht gesenkt. Wenn das Verhalten sehr oft ausgeübt wird (> 10 % pro Tag), ist es trotz Eliminierung der ursächlichen Faktoren äusserst schwierig, das Verhalten zum Verschwinden zu bringen. 

Rinder, die an der Verhaltensstörung leiden, zeichnen sich mit weiteren charakteristischen Merkmalen aus (im Vergleich zu anderen Kühen in der Herde):

  • Hohe Milchleistung
  • Hohe Milchgehalte (Milchfett und Milcheiweiss)
  • Geringer BCS
  • Höhere Wasseraufnahme
  • Tieferer Pansen-pH
  • Blutbild mit höherem Level an Stresshormonen und Entzündungsparametern
  • Rangniedere Kuh in der Herde


Nicht selten, wird als Ursache des Zungenrollens ein Raufuttermangel mit dem damit verbundenen ungenügenden Wiederkauverhalten diagnostiziert. Dabei führt die fehlende «Zungennutzung» zur Verhaltensstörung. Bei genauer Analyse können durch Zusammenhänge mit dem Erscheinungsbild bei den Milchkühen weitere Ursachen auf den Tisch gelegt werden.

In erster Linie ist zu erwähnen, dass betroffene Kühe nur bei sehr starker Ausprägung der Verhaltensstörung eine geringere Futteraufnahmezeit aufweisen. Es kann deshalb in der Regel eine orale Erkrankung ausgeschlossen werden. Unter Berücksichtigung der hohen Milchleistung mit hohen Milchgehalten, ist die Bereitstellung einer bedarfsgerechten Ergänzungsfütterung unerlässlich. Zum charakteristischen Krankheitsbild gehört der geringere BCS (Body Condition Score). Bei Kühen, die einen geringeren BCS und hohe Leistungswerte, im Vergleich zum Herdendurchschnitt ausweisen, ist von einem Körperreserveabbau und damit verbundener erhöhter Stoffwechselbelastung auszugehen. Die erhöhte metabolische Belastung wurde durch hohe Entzündungswerte im Blut in bestätigt. Nicht zuletzt zeigen Untersuchungen auch erhöhte Werte von Stresshormonen und Opioiden (=körpereigene Stressantwort), was den metabolischen Stress unterstreicht. In Anbetracht der erhöhten Stoffwechselbelastung ist naheliegend, dass das Phänomen des Zungenrollens häufiger zu Beginn als am Ende der Laktation beobachtet werden kann.

Des Weiteren ist bei den tiefen Pansen-pH-Werten eine subakute Pansenazidose nicht auszuschliessen. Diese kann nebst dem Raufuttermangel auch durch zu hohe Kraftfuttergaben (> 1.5 kg pro Gabe) oder zu energiekonzentrierten Rationen entstehen. Es ist anzunehmen, dass Kühe durch das Zungenrollen absichtlich zusätzlicher Speichel produzieren und dadurch den Pansen-pH-Wert neutralisieren. 

Nebst den erwähnten Zusammenhängen kann das Zungenrollen bei Kühen und Jungtieren auch durch folgende Mängel hervorgerufen werden: 

  • Mineralstoff- und Vitaminmangel (Mn, Cu, Fe)
  • Wenig Tierkomfort, geringes Tierwohl (z. B. suboptimales Stallhaltungssystem)
  • Langeweile durch reizarmes Aufstallungssystem oder Nachahmung
  • Genetik (Jersey > Kiwi cross)
  • Ungestilltes Saugbedürfnis


Zungenrollen ist ein stereotypische Verhaltensauffälligkeit, die in sehr engem Zusammenhang mit dem Stresslevel und dem Stoffwechselzustand der Kühe steht. Beim Erkennen der Verhaltensstörung sind in jedem Fall die Fütterung und das Haltungssystem mit einem Spezialisten zu überprüfen. 

 

Kontaktieren Sie uns bei Fragen zum Kuhsignal «Zungenrollen», wir beraten Sie gerne.

Kontakt Beratung: Müller Katrin | katrin.mueller@strickhof.ch | 058 105 83 05