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Hilfsmittel für optimale Bewässerung

Im Jahr 2021 war das Thema Bewässerung durch den vielen Regen etwas in den Hintergrund geraten. Die Bewässerungssaison 2022 kann jedoch wieder ganz anders werden und die Erinnerungen an das Trockenjahr 2018 sind auch noch nicht ganz verblasst. In der Saison 2022 wird auch im Kanton Zürich testweise ein weiteres Werkzeug zur Verfügung stehen: Die Bewässerungs-App der ALB-Bayern.

In der Bewässerungssteuerung gibt es grundlegend zwei unterschiedliche Herangehensweisen. Die erste Möglichkeit besteht darin, den Bodenwassergehalt direkt zu messen und einen bestimmten Messwert als Startpunkt für eine Wassergabe zu bestimmen. Dazu hat sich in den vergangenen Jahren eine vielfältige Palette an unterschiedlichen Sensoren und Messgeräten herausgebildet. Vorteil: Die Bewässerungsentscheidung beruht auf effektiv gemessenen Daten. Nachteil: Die Sensoren sind relativ teuer und deshalb bisher meist in Kulturen mit hohem Deckungsbeitrag wie z.B. im Gewächshausanbau verbreitet. Ausserdem müssen die Sensoren installiert und unterhalten werden. Zudem ist auch immer unsicher, inwiefern die Messwerte auf grössere Flächeneinheiten übertragen werden können. 

Die zweite Möglichkeit besteht darin, den Bodenwassergehalt zu modellieren. Ausgehend von Angaben zu Wetter, Boden und Kulturentwicklung wird das verfügbare Bodenwasser nicht gemessen sondern errechnet. Vorteil: Die Anschaffungskosten für Sensortechnik entfällt. Nachteil: Wie jedes Modell ist auch ein Bodenwassermodell nur so gut, wie die zugrundeliegenden Eingaben und Annahmen in die Rechenmodelle. 

Bewässerung mittels Rollomat und Giessbalken im Frühjahr
Bewässerung mittels Rollomat und Giessbalken im Frühjahr

Neues Internet-Tool zur Modellierung des Bodenwassers 

Unter der Federführung der Forschungsgruppe Ackerbau und Pflanzenzüchtung der HAFL und unter Mithilfe verschiedener kantonaler Fachstellen, darunter auch der Strickhof, wurde in den letzten Jahren das Messnetzwerk https://bewaesserungsnetz.ch/ aufgebaut. In diesem Netzwerk wird der Ansatz der direkten Feldmessung verfolgt in dem jährlich schweizweit rund 260 Bodensonden installiert werden, welche die Feuchtedaten  aufnehmen und auf der Plattform öffentlich zugänglich machen. Die Sonden sind vor allem in Kartoffeln und Langzeitgemüsekulturen wie Zwiebeln oder Karotten installiert. Aus den eingangs beschrieben Gründen, stösst das Netzwerk mittlerweile jedoch auch an die Grenze, dessen was jährlich installiert und unterhalten werden kann. Deshalb soll die Anzahl Sondenstationen nicht mehr erhöht werden. Das Ziel ist das Bewässerungsnetz im aktuellen Umfang langfristig weiterzuführen. In Zukunft soll das Bewässerungsnetz mit einem Bewässerungs-App aus Bayern ergänzt werden, das auf einer Wasserbilanz basiert.  

Das bisher nur als Desktopanwendung verfügbare "Bewässerungs-App" wurde durch die ALB Bayern e.V. entwickelt und steht öffentlich zur Verfügung Link zur Anwendung.  Diese Anwendung verfolgt den zweiten der oben genannten Ansätze, also das Modellieren des Bodenwassers ohne direkte Messung. Im Jahr 2020 fanden unter Leitung der HAFL umfangreiche Versuche auf 12 Schweizer Parzellen (Kartoffeln und Gemüse) statt, um den direkten Vergleich zwischen den gemessenen Daten der Bodensonden des Bewässerungsnetzes im Feld und dem modellierten Bodenwasser nach Bewässerungs-App anzustellen. Die modellierten Bodenwassergehalte stimmten dabei insbesondere bei den Kulturen Karotten, Zucchetti und Lagerkabis gut mit den gemessenen Feuchtewerten überein. Bei den Kulturen Zwiebeln und Salat wurde durch die Onlineanwendung früher eine Bewässerungsempfehlung errechnet als dies durch die Messung der Bodensonden angezeigt war. Der Produzent wäre also  "auf der sicheren Seite". Deshalb wird die Bewässerungs-App testweise in ausgewählten Regionen der Schweiz 2022 zur Verfügung stehen. Die Nutzung der Online Anwendung ist kostenfrei, bedingt jedoch die Einspeisung von Wetterdaten als Grundlage für die Modellierung. Für die Schweiz stehen 2022 für rund 60 Standorte Wetterdaten zur Verfügung. Der Kanton Zürich finanziert 2022 für vorerst 13 Standorte die Wetterdaten.

Welche Angaben benötigt die Bewässerungs-App? 

Da es sich um ein Rechenmodell handelt, müssen vom Anwender vor- und während der Kultur umfangreiche Eingaben erfolgen.  Diese Eingaben benötigen zugegeben einige Zeit, das Meiste kann jedoch bereits vor der Saison, sprich im Winter, eingegeben werden. Folgende Angaben werden für eine Berechnung benötigt: 

  1. Auswahl der Wetterdaten mit denen gerechnet werden soll d.h. Auswahl eines der 13 Standorte im Kanton Zürich.
  2. Angabe zu den Böden insbesondere der Bodenart  (Körnungsverteilung der mineralischen Komponenten). Im Kanton Zürich sind die Landwirtschaftsböden jedoch flächendeckend kartiert und im GIS öffentlich verfügbar.
  3. Angabe zur Art der Kultur und den Zeitpunkten der Kulturstadien. Es stehen rund 45 Kulturen zur Auswahl darunter die wichtigsten Gemüsekulturen, Kartoffeln aber auch die wichtigsten Ackerkulturen.
  4. Verwendete Bewässerungstechnik
  5. Angaben der Sollwerte zur Bewässerungssteuerung. Dieser Punkt ist optional und wird ansonsten durch das Programm vorgegeben
  6. Feuchtegehalt zum Berechnungsbeginn. Dieser Punkt kann auch abgeschätzt werden um eine genügend gute Modellierung zu erhalten.
  7. Allfällige Korrekturen der Bewässerungs- und Niederschlagsdaten. Die Anwendung rechnet immer mit den empfohlenen Bewässerungsgaben (in mm) weiter. Werden diese Gaben in der Realität nicht so verabreicht, muss dies korrigiert werden. Gleiches kann auch mit dem Niederschlag geschehen, wenn z.B. eine Gewitterzelle lokal mehr Regen bringt als durch die Wetterdaten angegeben wurde.

 

Welche Infos erhält man

Die Bewässerungs-App generiert im Kern zwei Grafiken pro angelegtem Feld. Die erste Grafik beschreibt die Witterungsentwicklung und den Verlauf des Bodenwassers. Darin sind der Temperaturverlauf, die gefallenen Niederschläge, die empfohlenen (und hoffentlich verabreichten) Bewässerungsgaben, die Verdunstungsraten und die Sickerverluste aus dem Durchwurzelungsbereich ersichtlich. In der zweiten Grafik ist die eigentliche Bodenwasserbilanz aufgeführt. Darin abgebildet ist der Bodenwassergehalt mit und ohne Bewässerung, eingegrenzt von den Kurven der nutzbaren Feldkapazität als obere, und der Bewässerungsschwelle (Bewässerungsstart) als untere Grenze. Ziel der Bewässerung ist nun, dass sich die Kurve des Bodenwassergehalts zwischen diesen beiden Grenzen befindet. Am S-förmigen Verlauf der nutzbaren Feldkapazität erkennt man den Wachstumsverlauf der Kultur, die sich durch Wurzelwachstum weitere Bodenschichten erschliesst. Es ist also auch ein Wurzelwachstumsmodell hinterlegt. Beide Grafiken reichen dabei jeweils auch einige Tage in die Zukunft. 

Bodenwasserbilanz als Ausgabe der Bewässerungsapp an einer Zuchettikultur
Bodenwasserbilanz als Ausgabe der Bewässerungs-App an einer Zucchettikultur

Für eine schnelle Übersicht aller Parzellen ist es möglich eine Tabellenübersicht zu generieren, wo dann z.B. alle Bewässerungsempfehlungen für einen bestimmten Tag auf dem ganzen Betrieb ersichtlich sind. Zudem steht seit kurzem ein E-Mail Warndienst zur Verfügung, um die Infos direkt auf den Mailaccount  zu bekommen. 

Auf der Webseite des Bewässerungsnetz.ch steht seit kurzem eine umfangreiche Gebrauchsanwendung zur Verfügung, welche die Gegebenheiten der Schweiz berücksichtigt. Gebrauchsanweisung Bewässerungs-App ALB-Bayern

Das Bewässerungs-App wird im Jahr 2022 mit ausgewählten Gemüse- und Kartoffelproduzenten angewendet und durch die Fachstellen begleitet, um Erfahrungen zur Praxistauglichkeit zu sammeln. Falls weitere interessierte Betriebe schon einmal in das Tool hineinschauen wollen, ist das möglich. Hier ist jedoch immer der Hinweis angezeigt, dass sich die Anwendung immer noch in der Testphase befindet und nicht bei allen Kulturen umfangreiche Validierungen vorliegen.  Bei Fragen zur Anwendung im Kanton Zürich steht Daniel Bachmann unter daniel.bachmann@strickhof.ch 058 105 91 75 zur Verfügung. 

Für die Modellierung des Bodenwassergehalts wird auch das Wurzelwachstum mitberücksichtigt. Wie hier am Beispiel Salat sieht man, dass der Hauptanteil der Wurzelmassen in den obersten Bodenschichten liegt.
Für die Modellierung des Bodenwassergehalts wird auch das Wurzelwachstum mitberücksichtigt. Wie hier das Beispiel Salat zeigt, liegt der Hauptanteil der Wurzelmassen in den obersten Bodenschichten.