Fortgeschrittene Knollenkaliber
Kraut lange gesund halten
Die verbreitet schöne und grosse Krautmasse wird nun benötigt für den Knollenzuwachs und die Einlagerung von Stärke.
Mit den regelmässigen Gewitterniederschlägen hat sich auch in der Ostschweiz die Krautfäule verbreitet. Siehe Befalls-Situation unter www.phytopre.ch. Im Abstand von 5 Kilometer Luftlinie zu einem bekannten Krautfäulebefall empfiehlt sich aktuell die Beimischung eines sporenabtötenden Wirkstoffes. Dies um eine frühzeitige Knolleninfektion durch einen unentdeckten Sekundärbefall absolut vermeiden zu können. Trotz einer breiten Fungizid-Wirkstoffpalette die zur Verfügung steht und eingesetzt wird, traten die letzten Jahre Knollenbefälle auf die teilweise erst am Lager entdeckt werden. Solche Posten können höchstens mit hohen Ausfällen und Zusatzkosten Direktverwertet werden oder müssen im Extremfall vernichtet werden. Dies gilt es unbedingt zu vermeiden. Die Sortenanfälligkeit bezüglich Knollen auf Phytophtora ist oft nicht dieselbe wie bezüglich Kraut. Auf der Schweizer Sortenliste werden diese Eigenschaften unterschieden.
Sorten-Demoversuch Humlikon
Am 1. und 2. Juli konnte die Demoversuchsanlage in Humlikon besichtigt werden. Darin stehen dieses Jahr 40 Sorten im Vergleich. Vor allem bedingt durch die trockenen Verhältnisse im April ist der Knollenansatz generell tief. Bei Agria beträgt er bei Pflanzgut der Normalsortierung 8-10 Stück je Staude. Bei Lady Claire rund 15 Stück je Staude. Ebenfalls bedingt durch die Trockenheit während dem Knollenansatz gibt es einen leichten Schorfdruck am Versuchsstandort.
Im Sortenvergleich sind 3 neue Chips-Versuchssorten «Pelikan», «SHC 10 10» und «Sorentina», im Vergleich zu den empfohlenen Sorten «Lady Claire», «Levinata» und «Figaro». Die 3 neuen Sorten werden auch an verschiedenen Orten in der Schweiz, auf Praxisbetrieben im Auftrag von swisspatat getestet. Bei den Sorten für die industrielle Verarbeitung sind vorwiegend die Verarbeitungseigenschaften, allen voran die Lagereigenschaften, verbunden mit der Stabilität der Backfarbe entscheidend über Erfolg oder Misserfolg einer neuen Sorte.
Bei den Frites-Sorten stehen «Babylon», «Edison» und «Leonata» im Vergleich zu den bekannten Referenzsorten «Agria» und «Fontane» im Versuch.
Im Segment der festkochenden Sorten für den Frischkonsum sind in Humlikon die swisspatat-Testsorten «Château», «La Vie» und «Darling» mit Referenzsorte «Erika» angebaut. Zudem stehen einige Sorten mit besonderer Krautfäuleresistenz im Versuch. Swisspatat testet diese in einer sogenannten «Low-Input»-Versuchsreihe. Es sind dies «Almonda», «Accoustic» und «Twinner», im Vergleich zu «Jelly» als Referenz. In Humlikon stehen desweiteren «Levante», «Cereza», «Montana», «Sevilla» und «Emanuelle».
Auch die 2020 neu auf der Schweizer Liste aufgenommenen Sorten «Ballerina» (festkochend) und «Belmonda» (vorwiegend festkochend) präsentieren schön.
Krautvernichtung ohne Reglone
Im Hinblick auf den Wegfall des Wirkstoffes «Diquat» (Produkt Reglone) haben Daniel von Ballmoos (Beratungspraktikum Pflanzenbauteam) und Michael Möckli (Mitarbeiter Ausbildungs- und Versuchsbetrieb Strickhof) einen eindrücklichen Demoversuch mit verschiedenen Krautvernichtungsvarianten mit den Sorten Agria und Ditta angelegt. Das Thema beschäftigt übrigens europaweit.
Die Krautvernichtung ist bekanntlich eine der wichtigen Qualitätssicherungsmassnahmen im Kartoffelbau. Sie dient dem Erreichen einer festen Schale, limitiert falls nötig die Knollengrösse, stoppt eine allfällige Übertragung von Krautfäule auf die Knollen, eliminiert Spätverunkrautung und verhindert im Pflanzkartoffelanbau weitere Virusübertragungen.
Eine der bisher effektivsten und effizientesten Krautvernichtungsmassnahmen war der 1 bis 2-malige Einsatz von Reglone. Reglone dürfte aber in 1-2 Jahren aufgrund der Einstufung als Reproduktionstoxisch und schlechter Umweltverträglichkeit verboten werden.
Das Gelingen der Krautvernichtung ist von vielen Faktoren abhängig. Eine wichtige Rolle spielt nebst der Krautvernichtungstechnik die natürliche Abreife der Sorte (Reifegruppe). Auch entscheidend ist die Versorgung des Bestandes mit Stickstoff und der Zeitpunkt der Krautvernichtung, vorgegeben durch die Verwertungsrichtung.
Härtetest «volle Krautmasse»
Im Demoversuch in Humlikon wurde bewusst die anspruchsvollste Krautvernichtungssituation gewählt: wüchsige Sorten (Ditta und Agria) mit einem frühen Krautvernichtungszeitpunkt Ende Juni (Simulation eines Pflanzkartoffelbestandes). Zu einem solch frühen Zeitpunkt der Krautvernichtung stellt sich die zusätzliche Herausforderung von Wiederaustrieben. Ein solcher gilt es zu vermeiden aufgrund möglicher Virusübetragungen bei Pflanzkartoffeln und Stärkeabfällen bei Industriekartoffeln.
Als Referenz für ein rein chemisches Verfahren wurde eine Variante zweimalig mit Reglone behandelt.
Ein Verfahren wurde mit Reglone und Spotlight Plus zur Verhinderung von Wiederaustrieben behandelt. Reglone hat als entscheidende Vorteile eine gute Blattwirkung zur «Öffnung» des Blattdaches sowie ein rasches Eintreten der Wirkung. Als möglichen Ersatz von Reglone wurde ein Produkt auf der Basis von Fettsäuren eingesetzt. Dieses zeigt aber in diesem Härtetest deutliche Wirkungsnachteile gegenüber Reglone.
Fehlt Reglone künftig, ist die mechanische Krautvernichtung in Beständen die noch nicht natürlich abreifen, das effektivste Krautvernichtungsverfahren. Nachteile dieses Verfahrens sind aber erhöhte Bodenbelastung aufgrund Durchfahrten in jeder 2. Reihe, das Risiko eines höheren Anteils grüner Knollen, bedingte Hangtauglichkeit und Mehrkosten. Bei mechanischer Krautvernichtung in voller Krautmasse ist eine zusätzliche chemische oder thermische Behandlung gegen Wiederaustriebe zwingend. Im Versuch wurden in den Verfahren mit mechanischer Krautvernichtung eines mit Spotlight Plus nachbehandelt, ein anderes mit dem Produkt auf Fettsäurebasis. Der Wirkungsunterschied bezüglich Wiederaustriebe war eindeutig zu Gunsten von Spotlight Plus zu erkennen.
Die Krautvernichtung nach Wegfall von Reglone als chemischer Hauptwirkstoff wird eindeutig aufwändiger und anspruchsvoller werden.