Feldüberwachungen und Schadschwellen im Gemüsebau
Die neuen ÖLN Regelungen ab Januar 2023, bei denen die synthetischen Pyrethroide zur Insektenbekämpfung teilweise nur noch mittels Sonderbewilligung angewendet werden dürfen (Link zum Infoartikel), erhöhen die Wichtigkeit der Pflanzenüberwachung und Schadschwellen im Gemüsebau enorm. Sind diese definiert, so werden sie als Grundlage für das Ausstellen einer Sonderbewilligung beigezogen. Im Gemüsebau sind längst nicht für alle relevanten Schaderreger gesicherte Schadschwellen definiert und sie beziehen sich ausschliesslich auf Insekten.
Kohlkulturen
Kohlarten gelten allgemein als Schädlingsmagneten und in der Tat weist wohl keine Kulturgruppe ein solch umfangreiches "Schädlingsportfolio" aus wie die des Kohls. Für die Feldbeobachtungen empfehlen sich wöchentliche Rundgänge, bei denen mindestens 10 Pflanzen pro Satz (zufällig ausgewählt; 5 am Rand und 5 in der Kulturmitte) untersucht werden. Bei den Kohlarten besonders wichtig anzuschauen ist nebst dem Pflanzenherz und der Blattoberseite auch die Blattunterseite, weil sich dort viele Schädlinge tummeln. Folgende Schadschwellen sind bei den Kohlarten definiert:
Schädling | Schadschwelle |
Kohlraupen (Kohlweisslinge, Kohlmotte, Kohleule) | 10 -30 kleine Raupen oder 1-4 grosse Raupen pro 10 Pflanzen |
mehlige Kohlblattlaus | Herzbefall oder 4 von 10 Pflanzen mit Befall |
weisse Fliegen | 10-20 weisse Fliegen pro Pflanze (Summe aus Adulten/Eigelegen/Larven) |
Kohldrehherzgallmücke | 10 Mücken pro Falle und Woche; ø aus zwei Fallen pro Parzelle. |
Insbesondere bei der weissen Fliege empfiehlt es sich frühzeitig mit der Feldüberwachung zu beginnen. Im Frühjahr 2023 haben wir bereits im Februar neue Eigelege an den überwinterten Kulturen im Kanton Zürich festgestellt. Befallene überwinterte Kulturen sollten nach Möglichkeit rasch abgeräumt werden, damit der Übertrag auf die Neupflanzungen unterbunden wird. Zudem ist die oben genannte Schadschwelle der weissen Fliege relativ schnell erreicht. Ein zu spätes Behandeln rächt sich insbesondere bei längeren Kulturen im weiteren Kulturverlauf und der Befall ist nurmehr schwer zu kontrollieren. Bei der Kohldrehherzgallmücke muss mit sogenannten Pheromonfallen (Insektenlockstoffe) die Aktivität der adulten Mücken überwacht werden. Die exakte Bestimmung der Mücken mittels Auswertung der Fühlerglieder erfordert zudem ein Binokular, eine Handlupe reicht nicht aus. Falls man jedoch so ausgerüstet ist, können die Behandlungen sehr gezielt gesetzt werden, was bei diesem Schädling entscheidend ist.
Die Aktivität der Kohlfliege kann mittels Gelbschalen (gelbe Wasserfallen) oder mittels Kontrolle der Eigelege am Pflanzenhals überwacht werden. Die Auswertung ist jedoch relativ aufwändig. Hier sollten die wöchentlichen Flugschriften von Agroscope beachtet werden, bei denen auch die Informationen unserer Fachstelle mit einfließen.
Doldenblütler
In Karotten kann der Hauptschädling, die Möhrenfliege, mittels gelben Klebefallen überwacht werden. Über die Technik der Überwachung und die Auswertung informiert folgendes Video: Youtube: Möhrenfliegenüberwachung. Die Schadschwelle beträgt 1 Tier pro Falle und Woche als Durchschnitt von zwei Fallen pro Parzelle. Es ist also eine sehr geringe Schadschwelle, jedoch tritt der Schädling nicht auf jeder Parzelle überhaupt auf. Mit der Überwachung der Möhrenfliege sollte im April begonnen werden. Die Frühsaaten sind jedoch noch nicht gefährdet solange diese mit Vlies gedeckt sind. Im Herbst stellt sich die Flugaktivität erst mit den ersten starken Frösten ein und kann bis Ende Oktober andauern. Ebenfalls mittels Gelbfallen lässt sich der Möhrenblattfloh bis zum 5-Blattstadium der Kultur überwachen. Hier liegt die Schadschwelle bei 0.2 Tieren pro Falle und Tag. Alternativ bieten sich Pflanzenkontrollen im Keimlingsstadium bis zum 5-Blattstadium an. Hier liegt die Schadschwelle bei 3% verkrüppelten Keimlingen. Kontrolliert werden sollten an 10 Kontrollpunkten 20 Keimlinge.
Liliengewächse
Im Lauch lässt sich die Aktivität der Lauchmotte mittels einer Pheromonfalle pro Parzelle bestimmen. Die Auswertung der Falle ist dabei sehr einfach. Die Kleinschmetterlinge mit charakteristischem hellem Punkt auf den Deckflügeln sind auch von Auge gut zu bestimmen. Die Schadschwelle liegt hier bei 10 Faltern pro Falle und Woche. Um den ersten von drei Hauptflügen im Frühjahr zu erfassen, muss mit der Überwachung in den Überwinterungskulturen bereits zeitig begonnen werden. Bei warmer Witterung kommen die Falter bereits ab Anfang März aus den Winterquartieren. Erst später in der Saison werden die Zwiebelthripse richtig aktiv, die nebst Lauch auch Zwiebeln und Bundzwiebeln befallen können. Die Flugaktivität der Thripse kann mittels blauen Klebefallen überwacht werden. Für die Auswertung empfiehlt sich eine gute Handlupe mit der die Tiere gut ausgezählt werden können. Als Schadschwelle ist ein Wert von 100 Tieren pro Falle und Woche definiert. Eigentlicher Massenflug herrscht ab 400 Tieren pro Falle und Woche. Es empfiehlt sich jedoch die Überwachung in Kombination mit Pflanzenkontrollen durchzuführen. Bei Zwiebeln können so die versteckten Tiere zwischen den Schlotten entdeckt werden. Ebenfalls lohnt es sich nebst den absoluten Zahlen auch die Populationsdynamik (Anstieg der Zahlen) und die Witterungsprognosen (Zwiebelthripse vermehren sich sehr stark bei trocken heisser Witterung) in die Behandlungsentscheidung mit einzubeziehen.
Salate
Keine eigentliche Schadschwelle, aber eine Empfehlung für die Pflanzenbeobachtung, ist bei der grünen Salatblattlaus definiert. Und zwar liegen hier die kritischen Zeiträume zwischen Mai und Anfang Juli, sowie zwischen September und Oktober. Treten in diesen Zeiträumen die unbeflügelten Läuse auf, ist die Koloniebildung aus den Zuflugswellen im Gang und Behandlungen angezeigt. Kontrolliert werden sollten gesamthaft 20 Pflanzen pro Parzelle aufgeteilt in 4 Kontrollpunkte an 5 Pflanzen.
Materialien und Hilfsmittel
Ausführlichere Informationen über die Schadschwellen und die dazugehörigen Merkblätter entnehmen Sie aus folgender Flugschrift des Extension-Team Agroscope: Zusammenfassung Schadschwellen im Deutschschweizer Gemüsebau Agroscope. Unsere Fachstelle bietet jährlich ein kostenpflichtiges Schaderregermonitorring von fünf Gemüseschädlingen an (Möhrenfliege, Kohldrehherzgallmücke, Lauchmotte, Tomatenminiermotte, Zwiebelthripse). Aus Ressourcengründen können wir dies jedoch nicht flächendeckend anbieten. Bei Fragen bzw. Schulungen über die Bestimmung im Feld oder auch zur Auswertung von Klebe- und Pheromonfallen kann unsere Fachstelle gerne unterstützen. Umfangreiches Material zur Feldüberwachung (Pheromonfallen, Klebetafeln etc.) bietet z.B. Andermatt Biocontroll an https://www.biocontrol.ch. Innerhalb des Projekts PFLOPF haben wir zudem erste Erfahrungen mit automatisierten, kameraunterstützten Schädlingsfallen gesammelt, bisher allerdings noch mit durchzogenem Erfolg.