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Erschwerter Zwiebelanbau

Die Schweiz hat einen vergleichsweise hohen Selbstversorgungsgrad mit Zwiebeln. In den letzten Jahren ist die Kultur aufgrund wegfallender Herbizide und Fungizide jedoch entscheidend erschwert worden. Der Beginn in die Zwiebelsaison 2024 war wegen schwierigen Saatbedingungen und starkem Mehltaudruck zudem nicht gerade vielversprechend.

In der Schweiz wurden im Jahr 2023 zum ersten Mal mehr als 1000 ha gelbe Zwiebeln ausgesät. Hinzu kamen rund 250 ha Bundzwiebeln und 150 ha weisse und rote Spezialitäten. Die Flächen sind in den letzten 10 Jahren kontinuierlich gestiegen. Zwiebeln sind damit eine der flächenmässig wichtigsten Gemüsekulturen in der Schweiz. Auch im Kanton Zürich werden in allen Segmenten  (Industrie-, Lager-, Bundzwiebeln) bedeutende Mengen produziert. Der Selbstversorgungsgrad mit gelben Zwiebeln lag in den letzten Jahren zwischen 90% (2022) und 98% (2021). Ähnlich wie bei den Karotten versorgt sich die Schweiz also (fast) selbst mit Zwiebeln. Für die aktuelle Lagersaison wurde nun aber bereits per 17. April unbeschränkter Import bewilligt, weil sich die inländischen Lager langsam leeren. Trotz rekordhoher Aussaatflächen im Jahr 2023 wird die Lagermenge also heuer nicht reichen um einen nahtlosen Übergang in die neue Ernte der Winterzwiebeln zu gewährleisten. Zwar wäre es ein verfrühter Schluss diese Situation alleine der erschwerten Pflanzenschutzsituation zuzuschreiben (das Wetter spielt hier sicher auch eine wichtige Rolle). Dennoch lässt sich schwer abstreiten, dass in den letzten Jahren die Zwiebelkultur erheblich erschwert und auch verteuert wurde. Das hat vor allem zwei Gründe:

Erschwerte Unkrautbekämpfung

Aufgrund der langsamen Kulturentwicklung und der geringen Konkurrenzkraft stellt die Unkrautbekämpfung seit jeher eine der Kernherausforderungen im Zwiebelanbau dar. Der Wegfall des Wirkstoffs Bromoxinil (Buctril, Xinca) für den Zwiebelanbau stellt dabei seit der letzten Saison eine Zäsur dar. Anträge für Notfallzulassungen von alternativen Wirkstoffen wie Bentazon (Basagran SG) oder Dimethenamid-P (Spectrum), die von Verbandsseite her gestellt wurden, wurden nicht genehmigt. Mit den verbliebenen "klassischen" Herbiziden bestehen wichtige Wirklücken wie z.B. bei der gefürchteten Hundspetersilie. Ersatzstrategien beinhalten daher immer häufiger das Produkt Natrel auf Basis von Pelargonsäure. Das Produkt weist eine unselektive, reine Kontaktwirkung durch Zerstörung der Wachsschicht (Kutikula) des auflaufenden Unkrauts auf. Für eine gute Wirkung sind optimale Witterungs- sowie Kulturbedingungen nötig. Um Schädigungen auf die Kultur zu vermeiden müssen beispielsweise die Anwendungszeitpunkte exakt eingehalten werden. Die Zwiebeln müssen eine intakte Wachsschicht aufweisen und möglichst aufrecht stehen um nicht selber geschädigt zu werden. Die Wirkung auf die Unkräuter ist wiederum nur im Keimlings- bis Zweiblattstadium und nur bei hohen Temperaturen, genügend Sonneneinstrahlung und ausreichender Abtrocknungszeit optimal. Viele Faktoren, die im hektischen Betriebsalltag zusammenspielen müssen. Nicht zu vergessen ist auch der deutlich höhere Preis dieser Alternative. Um eine mechanische oder händische Bekämpfung der Spätverunkrautung kommen daher mittlerweile auch viele konventionelle Betriebe nicht mehr herum. Die vermehrten (Versuchs-) Einsätze von Hackrobotik (z.B. Farmdroid) oder Spotspraying (z.B. Ecorobotix) in der Zwiebelkultur zeugen weiter davon, wie neue Lösungen gesucht werden müssen in der Unkrautbekämpfung. Althergebrachte vorbeugende Massnahmen wie die Standortwahl oder Unkrautkuren vor der Aussaat rücken ebenfalls in den Fokus. Zudem gibt es auch bei den Kultursystemen Bewegung. So ist die Pflanzkultur (Stichwort "PlantTape") eine Alternative um den zarten Zwiebelpflanzen einen Vorsprung auf die keimenden Unkräuter zu verschaffen. Man ist also in der Produktion durchaus bereit in der Unkrautbekämpfung neue Wege zu gehen. Die Frage bleibt bei allen genannten Beispielen, ob diese Zusatzbemühungen am Markt auch vergütet werden können. 

Unscheinbar und konkurrenzschwach keimen die Zwiebeln aus. Hier im so genannten Peitschenstadium
Unscheinbar und konkurrenzschwach keimen die Zwiebeln aus. Hier im so genannten Peitschenstadium

Falscher Mehltau als Herausforderung

Peronospora destructor - Hinter diesem martialischen Namen verbirgt sich der falsche Mehltau der Zwiebel. Und der Name ist durchaus Programm, wie sich dieses Frühjahr wieder einmal beobachten lässt. Ausgehend von wenigen sporulierenden Stellen im Bestand kann sich die Krankheit innert weniger Wochen im ganzen Bestand ausbreiten und diesen zerstören. Gerade bei den mit dem Laub vermarkteten Bundzwiebeln können Aussaaten komplett vernichtet werden. Dieses Jahr modellierten die Krankheitsmodelle im Zürcher Unterland bereits Mitte Februar starke Infektions- und Sporulationsbedingungen. Im Feld wurden dann Mitte März an Winterzwiebeln sporulierende Stellen beobachtet. Rund einen Monat später hat sich der Befall in den entsprechenden Beständen bereits auf die ganze Kultur ausgebreitet. Dieser hohe Befallsdruck in den überwinterten Kulturen wird sich auch bei den Neusaaten, die momentan am Auflaufen sind, auswirken. Feldbeobachtungen haben dabei gezeigt, wie bereits sehr junge Stadien (BBCH 12-13) befallen werden können, wenn der Sporendruck in der Nachbarschaft genügend hoch ist. Ein rechtzeitiges Vernichten der Winterkulturen, wenn diese nicht mehr zu retten sind, ist also dieses Jahr hinsichtlich der Gesundheit der Neusaaten/Pflanzungen besonders wichtig. 

Im Bioanbau hat man nebst den vorbeugenden und begleitenden Massnahmen im Prinzip nur die Möglichkeit von Pflanzenstärkungsmitteln zur direkten Bekämpfung. Im konventionellen Anbau gibt es zwar eine Reihe von Fungiziden, seit der Saison 2022 muss jedoch ohne den Wirkstoff Mancozeb gearbeitet werden. Dieser Wirkstoff wurde früher häufig in Kombifungiziden als "Resistenzblocker" mit einem anderen Wirkstoff zusammen eingesetzt. Die Einzelwirkstoffe, die früher zusammen mit Mancozeb in den Kombifungiziden formuliert waren, wurden seit 2022 jährlich per Notfallzulassung zur Bekämpfung des falschen Mehltaus bewilligt. Das Instrument der Notfallzulassung musste angerufen werden, weil sich auf die Schnelle keine ordentliche Zulassung der Einzelwirkstoffe in der Kultur Zwiebeln erreichen liess. Die Notfallzulassungen wurden 2024 erst am 11. März ausgesprochen, zu einem Zeitpunkt, als die ersten Infektionen der Winterkulturen wahrscheinlich schon erfolgt waren. Zwar funktionieren die Bekämpfungsstrategien unter Zuhilfenahme der Notfallzulassungen zumindest bei den Speisezwiebeln halbwegs zufriedenstellend, die Mehltaubekämpfung in den Zwiebeln ist aber momentan ein "Schauen von Jahr zu Jahr". Ohne die Notfallzulassungen wäre die Situation nicht mehr kontrollierbar. Eine Garantie, dass diese auch wirklich verfügt werden, gibt es jedoch nicht. 

Frisch sporulierender Sporenrasen des falschen Mehltaus im Frühjahr 2024
Frisch sporulierender Sporenrasen des falschen Mehltaus im Frühjahr 2024

Neue Erkenntnisse bei der Thripsbekämpfung 

Einen gewissen Paradigmenwechsel erlebt die Lagerzwiebelproduktion im Moment bei der Thripsbekämpfung. Versuchsergebnisse aus dem In- und Ausland zeigen häufig einen besseren Schutz vor Massenbefall durch Förderung der Nützlinge, insbesondere der räuberischen Thripse, als durch klassische Insektizide. Daher setzt die Produktion vermehrt auf Massnahmen wie regelmässige Bewässerung und reduziert den Einsatz von Insektiziden gegen Thripse zunehmend bzw. setzt andere Produkte ein. Die Resultate sind zumindest nicht schlechter geworden. Wenigstens ein Lichtblick in einer zunehmend schwierigeren Kultur.