ERFA-Nachmittag Spargel im Zeichen der Pflanzenphysiologie
ERFA-Nachmittag Spargel im Zeichen der Pflanzenphysiologie
Bacd. Die Wetterkapriolen in der Saison 2017 machten die Themenwahl für den ERFA-Nachmittag Spargel, welcher am 15. Dezember am Strickhof in Wülflingen stattfand, erheblich einfacher. Sowohl der Frühjahrsfrost Ende April 2017 als auch die Hagelzüge Anfang August warfen Fragen auf, wie sich die Anlagen in der Saison 2018 in Bezug auf Ertrag und Qualität präsentieren werden.
Aus diesen Gründen war das Referat von Joachim Ziegler vom DLR Rheinpfalz das eigentliche Kernstück der Veranstaltung, welche daneben mit Kostenkalkulationen von Spargelkulturen, neuen Erntemaschinen sowie Neuerungen bei den Pflanzenschutzmitteln aufwarten konnte. Ziegler, ein ausgewiesener Fachmann auf dem Gebiet von Bleich- und Grünspargel, gab zum Thema Hagelschaden zuerst einen sehr menschlichen Rat: «Wenn ein Hagelzug über die Anlage hinweg gezogen ist, gehen sie die ersten zwei Wochen nicht hin». Der Anblick der zerstörten Anlage lasse einen nur deprimiert zurück. Zudem sei das Regenrationspotential der Anlagen erstaunlich, so das nach zwei Wochen die Anlagen schon wieder ganz anders dastehen und wieder viele Triebe nachgeschoben wurden. Trotzdem stellt sich in diesem Fall natürlich die Frage, wie viel Substanz der Neuaustrieb der Anlage gekostet hat und wie sich das auf den Ertrag der nächsten Saison auswirkt. Entscheidend dabei ist der Zeitpunkt des Hagelzugs. Wenn der Hagel erst Anfang September die Anlage schadet, sind in der Regel keine Konsequenzen für das nächste Jahr mehr zu erwarten. «Wenn der August erst einmal durch ist, kann man sich schon fast auf das nächste Jahr freuen», so Ziegler. Diese generelle Aussage wurde auch in Versuchen bestätigt, welche den Einfluss von früheren Krautschnitterminen (Mitte Oktober anstelle Mitte November) bei noch nicht vollständig abgereiften Spargeltrieben auf den nächstjährigen Ertrag untersuchten. Durch einen früheren Krautschnitt Mitte Oktober kann bei Bleichspargel bereits eine Herbstaufdämmung bei trockenen Bodenverhältnissen durchgeführt werden und man ist nicht auf die Befahrbarkeit im zeitigen Frühjahr angewiesen. Ein verfrühter Krautschnitt im Herbst sei bei Bleichspargel Kulturen in der Regel ohne Ertragseinbussen möglich. Die Massnahme sei jedoch erst bei Vollertragsanlagen durchzuführen.
Hagel im Juli am ungünstigsten
Doch zurück zu den Hagelschäden: In Versuchen in Ertragsanlagen in den 90er Jahren wurde der Effekt eines 50 % bzw. 100 % Hagelschadens mittels Abschneidens des Spargelkrauts zum Zeitpunkt Ende Juli, Ende August und Ende September auf den nächstjährigen Ertrag untersucht. Bei 100% Schädigung Ende Juli war im nächsten Jahr ein Ertragsrückgang um 40% festzustellen, bei «nur» 50% Schädigung lag dieser Verlust bei 13%. Zum Zeitpunkt Ende September lag kein signifikanter Ertragsrückgang im nächsten Jahr mehr vor. Der Einfluss auf die Stangendicke, eines wichtigen Qualitätsmerkmals, war dabei ebenfalls gering. In weiteren Versuchen wurden an einer 1-jährigen Junganlage mittels einer Ausdünungsmaschine, wie man sie zur Blütenausdünnung im Obstbau verwendet, Krautschädigungen von 10%, 40% und 80% simuliert. Dadurch konnte das Bild eines Hagelschadens inklusive Verletzung von verbleibenden Trieben realistischer abgebildet werden als das bodenebene Abschneiden in den alten Versuchen. Dabei zeigten sich bei grober Schädigung (80%) im Juli Ertragsrückgänge in der Grössenordnung 20% im darauffolgenden Jahr und immer noch 15% Ertragsrückgang im Jahr darauf. Erfolgt die Schädigung bereits im Juni verbleibt noch mehr Zeit für die Krautregeneration und das Einlagern von Reservestoffen, wodurch der Effekt abgeschwächt ist. Obschon natürlich selbst ein solcher Ertragsrückgang unschön ist, konnten Horrorszenarien von 20-30% Restertrag im nächsten Jahr entkräftet werden. Nach dem Schadereignis sollte auf keinen Fall die ganze Kultur abgemulcht werden. Zudem sei auch der Pflanzenschutz im ersten Moment normal weiterzuführen, die Kultur muss nach dem Neuaustrieb jedoch häufiger auf Schädlinge und Krankheiten kontrolliert werden. In der nächsten Saison soll zudem die Erntezeit in der Grössenordnung des erwarteten Ertragsausfalls (bei starker Julischädigung z.B. ca. 20%) reduziert werden, um die Anlagen nicht zu stark zu belasten.
Hagel in Kombination mit Frost?
Auf die Frage hin, wie Ziegler die Kombination von Frühjahrsfrost und Hagel Anfang August bewertet, versetzte sich dieser in die Lage der Spargelanlage: Die Anlage habe nach dem Frost zumindest die zweite Hälfte Juni und den Juli voll zur Verfügung gehabt um neue Reservestoffe zu bilden. Ziegler schätzt daher den Minderertrag in der Grössenordnung der Versuche von 20-30% im Folgejahr. Auf alle Fälle sollte im nächsten Jahr die Stechperiode etwas verkürzt werden. Eine Massnahme wie früherer Krautschnitt sei hier logischerweise auch nicht angebracht.
Zum Thema Frost berichtete Ziegler von den gängigen Anbauverfahren für Grünspargel in Deutschland. Dort sei das sogenannte «Freiland», also Grünspargel im offenen Feld ohne Kleintunnels nur noch selten anzutreffen. In der Schweiz ist dieses Verfahren aber nach wie vor üblich. Deshalb ist in Deutschland auch die Frostproblematik etwas entschärft, weil der Grünspargel in Minitunnels mit Termotaschenfolien-Eindeckung bis zu - 8°C Aussentemperatur heil übersteht. Bei der Verwendung von Mulchfolie unter den Tunnels ist jedoch Vorsicht geboten. Durch die Folienauflage ist auch immer die Wärmenachlieferung aus dem Boden unterbrochen, und Frostschäden treten früher ein, ein Sachverhalt der auch ohne Tunnelabdeckung im «Freiland» seine Richtigkeit behält. Eine Frostberegnung wie Sie dieses Frühjahr in der Schweiz von Betrieben erfolgreich angewendet wurde, sei in Deutschland nicht im grossen Stil angewendet worden.