Ein ungewöhnlich herausforderndes Gemüsejahr 2021
Dauerregen, nicht vorhandene Zeitfenster für Pflanz- und Kulturarbeiten und zu guter Letzt auch noch häufige Hagelzüge. Das Gemüsejahr 2021 war wahrlich kein einfaches Kulturjahr. Ein Blick auf die nackten Meldezahlen der geernteten Gemüsemengen gibt eine Grössenordnung. Beispiel Kopfsalat: In der Kalenderwoche 30 (letzte Juliwoche) wurden national gerade einmal 163 Tonnen Kopfsalat grün + rot aus Inlandproduktion gemeldet, bei einem Marktvolumen in derselben Woche von 373.5 Tonnen. Auch in unserer Melderegion Zürich + Zentralschweiz lag die gemeldete Menge Kopfsalat in Woche 30 bei gerade einmal 44 Tonnen, im Vorjahr waren es in derselben Woche 117 Tonnen also beinahe das Dreifache! Bei anderen Blattgemüsen war die Situation nicht viel besser. So kam es, dass in Woche 30 ganze 200 Tonnen Kopfsalat für den Import bewilligt wurden und dies in der Sommerferienzeit, normalerweise eine Periode in der es eher zu viel Gemüse auf dem Markt hat, weil die Konsumenten in den Ferien sind. Erst jetzt im September haben sich die Erntemengen wieder soweit erholt, dass der Markt wieder beinahe ganz durch Inländischen Kopfsalat versorgt werden kann. Der Hauptgrund für den raschen Einbruch der Erntemengen beim empfindlichen Blattgemüse zwischen Ende Juni und Ende Juli waren die starken Gewitterzüge, verbunden mit Hagelschlag die in dieser Zeit auch unsere Region trafen. Nach dem Motto "Wer will noch mal, wer hat noch nicht" wurde bis August fast jede relevante Gemüseregion im Kanton einmal von einer mehr oder weniger starken Gewitterzelle erwischt.
Langzeitwirkungen
Während sich Kurzkulturen, wie die Salatpalette, mit Kulturzeiten von wenigen Wochen bis Anfang September wieder einigermassen erholen konnten, werden die Auswirkungen der Wetterkapriolen auf die Langzeitkulturen wohl noch lange anhalten. Bei den Karotten war es beispielsweise so, dass zum Zeitpunkt in dem die Lagersaaten gesät werden mussten (Juni - Anfang Juli) besonders schlechte Wetterverhältnisse herrschten. Und was in dieser Zeit nicht gesät werden konnte, kann im Herbst auch nicht geerntet und im nächsten Frühling nicht aus dem Lager verkauft werden. Zwar müssen die ersten Lagerbestandserhebungen abgewartet werden um sich ein genaues Bild zu machen wie die Situation effektiv ist. Spitzenerträge sind angesichts von nicht ausgesäten Flächen und einer verzögerten Kulturentwicklung der ausgesäten Flächen jedoch schon jetzt kaum mehr zu erwarten. Auch Kulturen wie Blumenkohl und Broccoli mit Kulturzeiten von 9-11 Wochen konnten sich im Ernteangebot bis in den September hinein nicht erholen. Gerade bei der Kohlpalette sah man in den Kulturen auch häufig die Auswirkungen von vernässten Böden zum Zeitpunkt der Pflanzung und/oder von stehendem Wasser nach Starkniederschlägen. Die Kulturen standen häufig Lückig da mit kümmerlichen Pflanzen. Genau gleich wie wir Menschen müssen auch Pflanzenwurzeln atmen können. Ist der Boden dauerhaft unter Wasser, erstickt die sich entwickelnde Pflanze und erholt sich anschliessend auch nicht mehr.
Schwieriges Pflanzenschutzjahr
Besonders die pilzlichen Schaderreger stellten ein grosses Problem dar im regenreichen Sommer 2021. Der falsche Mehltau an Zwiebeln wütete z.B. besonders stark. Konnten die Produzenten die Situation durch regelmässige Fungizidbehandlungen in der ersten Saisonhälfte noch einigermassen handhaben, schlug die Krankheit ab Juli voll durch. Gerade im Juli war dann nicht mehr die Frage ob man überhaupt behandeln soll, sondern mehr ob es überhaupt ein Behandlungsfenster gab bei dem man mit der Feldspritze ins Feld fahren konnte. Auch an einem in Wülflingen angelegten Kleinversuch in Zwiebeln zeigte sich in den unbehandelten Kontrollparzellen so starker Mehltaubefall, dass ein eigentlicher Schlottenknick, d.h. das Umfallen des Zwiebellaubs als Zeichen der Abreife, nicht mehr festgestellt werden konnte, weil schlicht kein gesundes Laub mehr vorhanden war. Angesichts eines solchen Jahres wie 2021 bereitet das Wegfallen des Fungizid-Wirkstoffs Mancozeb auf die nächste Saison hin im Zwiebelanbau besondere Sorgen. Geerntet wurde zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Artikels in Zwiebeln dann aber doch noch, wenn auch die Kaliber der Zwiebeln ungewöhnlich klein waren. Wie gut sich diese Zwiebeln im Lager halten werden, bleibt zudem ein grosses Fragezeichen.
Abschliessend bleibt das Gemüsejahr 2021 von den Produktionsbedingungen her als besonders herausfordernd in Erinnerung. Wenn man dem Jahr etwas Positives abgewinnen kann, dann vielleicht das höhere Preisniveau der Produzentenpreise verglichen mit den Vorjahren. Es bestätigt sich einmal mehr das Sprichwort nachdem man an einer Gemüsekultur nur einmal Freude hat, entweder am Kulturstand im Feld oder an der Verkaufsfront, aber selten an beiden Orten.