Dinkelsorten im intensiven Anbau 2020
Ausgangslage und Versuchsfrage
Die Nachfrage nach Dinkelprodukten somit auch nach Dinkel steigt. In den letzten 10 Jahren hat sich die Anbaufläche von 2609 ha auf 5900 ha ausgeweitet (Jahresbericht SGPV). In der Schweiz wird Hauptsächlich UrDinkel (Sorten Ostro und Oberkulmer) und nur zu einem kleinen Teil im intensiven Anbau produziert. Um diesen intensiven Anbau auszuweiten, wurden die genannten UrDinkel-Sorten mit Weizensorten gekreuzt. Die etablierten sowie neuen Dinkelsorten wurden unter verschiedenen Düngungsstufen (0 kg N/ha; 100 kg N/ha; 140 kg N/ha) angebaut. Die Interessensgemeinschaft Dinkel, die Bäckereifachschule Richemont, die Neumühle in Rickenbach und Agroscope fungierten als Partner dieses mehrjährigen Versuches.
Versuchsfrage:
Welche Sorten eignen sich bezüglich Ertrag und Qualität für einen intensiven Anbau? Bringen die Sorten bei einem höheren Düngungsniveau den gewünschten Mehrertrag bei guter Qualität?
Methodik
Anzahl Standorte | Anzahl Versuchsjahre | Anzahl Wiederholungen | Art des Versuchs | Aussagekraft |
4 | 4 | 1-3 pro Standorten | Streifen- & Kleinparzellen | * * |
- Standorte: Dörflingen SH (Charlottenfels), Gränichen AG (Liebegg), Riedholz SO (Wallierhof), Hohenrain LU (BBZN)
- Versuchsdauer: 2017-2020
Anbaudaten:
- Sorten 2017: Ostro, Oberkulmer, Hubel, Gletscher (GZPK, ZAL.12), Polkura (311.0118), Selun (311.10130), 311.10132, 311.10133, Dinkatou (311.10134), Franckenkorn (DE)
- Sorten 2018: Ostro, Oberkulmer, Hubel, Gletscher (GZPK, ZAL.12), Polkura (311.0118), Selun (311.10130), 311.10132, 311.10133, Dinkatou (311.10134), Franckenkorn (DE), Edelweisser (GZPK, Mullel.1), Zollernspelz (DE)
- Sorten 2019: Ostro, Oberkulmer, Hubel, Gletscher, Edelweisser, Polkura, Selun, Dinkatou, Zollernspelz (DE), Hohenloher (DE)
- Sorten 2020: Ostro, Oberkulmer, Edelweisser, Polkura, Raisa, Hohenloher (DE)
- Anlage: randomisierte Streifen, ausser Strickhof Kleinparzellen mit Wiederholungen
- Saatdichte: ca. 160 Fesen/m2
- Pflanzenschutz: Herbizid, 1-2 Fungizide, 1-2 Wachstumsregler, Insektizid nach Bekämpfungsschwelle
- Düngung: 100 und 140 kg N/ha, ab 2019 zusätzlich 0 kg N/ha
Resultate und Diskussion
Hohe Erträge
Die Resultate der letzten vier Jahre zeigen, dass mit Dinkel Erträge von 70-90 dt/ha möglich sind. Im Folgenden wird auf die Sorten eingegangen, welche 2020 im Versuch waren und auf der LES stehen. Die Sorten Edelweisser und Polkura wurden dieses Jahr neu auf die Liste der empfohlenen Sorten (LES) aufgenommen.
Die beiden neuen Sorten haben ein deutlich höheres Ertragspotential als Ostro und Oberkulmer. Edelweisser überzeugte mit Erträgen von bis knapp 90 dt/ha im vierjährigen Durchschnitt, das sind 19.7 dt/ha mehr als Oberkulmer und 17.8 dt/ha mehr als Ostro. Polkura erbrachte einem Mehrertrag von 9.1 dt/ha gegenüber Oberkulmer beziehungsweise 6.8 dt/ha gegenüber Ostro. Die beiden neuen Sorten bringen demzufolge einen deutlichen Ertragsfortschritt für den intensiven Anbau.
100 kg Stickstoff pro Hektare reichen aus
Das Verfahren mit der Nulldüngung wurde nur 2019 und 2020 durchgeführt. Wie erwartet, wurden in diesem Verfahren die tiefsten Erträge erzielt. Mit 62.0 - 66.1 dt/ha liegen sie aber trotzdem auf einem hohen Niveau (Abbildung 2). Diese Erträge können mit eine gut versorgen und tiefgründigen Böden den Versuchsstandorten erklärt werden.
Interessant ist, dass mit einer Düngung von 140 kg Stickstoff kein relevanter Mehrertrag gegenüber 100 kg N/ha realisiert wurde (Abbildung 2 Abbildung 3). Die Ausnahme bildet die Sorte Edelweisser, bei welcher aus den zusätzlichen 40 kg Stickstoff ein Mehrertrag von 2.6 dt/ha im Mittel resultierte. Jedoch sollte auch die Standardabweichung betrachtet werden. Einerseits war an drei der fünf Standorten der Ertragsunterschied zwischen den zwei Düngungsstufen bei Edelweisser noch höher (4.2 bis 6.6 dt/ha Mehrertrag mit 140 kg N/ha). Diese Sorte konnte den zusätzlichen Stickstoff am besten in Ertrag umwandeln. Die Kosten für zusätzlichen 40 kg Stickstoff inklusive der betragen rund Fr. 120.-/ha. Bei einem Dinkelpreis von Fr. 56.-/dt ergibt sich daraus ein nötiger Mehrertrag von 2.2 dt/ha. Dieser wurde von Edelweisser im Schnitt erreicht.
Andererseits sind Unterschiede erkennbar, wenn man die Standorte separat betrachtet. An den Standorten Charlottenfels und Wallierhof wurde mit einer Düngung von 100 kg Stickstoff gleich viel oder teilweise sogar mehr Ertrag erzielt als mit 140 kg N/ha. Die Erklärung dafür ist schwierig, da es sich um Streifenversuche ohne Wiederholungen handelte. Möglicherweise könnte es auch an Wasser gemangelt haben. An den Standorten Hohenrain und Liebegg resultierte die höhere Düngung in einem leicht höheren Ertrag. Am Strickhof waren die Erträge praktisch identisch. Mit dem höchsten Düngungsniveau wurde dort maximal ein Mehrertrag von 1.3 dt/ha erreicht, und dies auch nur bei der Sorte Edelweisser.
Es kann festgehalten werden, dass die zusätzliche Stickstoffgabe von 40 kg/ha nur an einzelnen Standorten wirklich in Ertrag umgesetzt wurde. Weiter gab es sortenspezifische Unterschiede. Einzig die Sorte Edelweisser erbrachte mit der höheren Düngung auch den nötigen Mehrertrag, um die zusätzlichen Kosten zu decken.
Backversuche mit dem Verfahren 140 N
In den Jahren 2017, 2018 und 2019 führte die Bäckereifachschule Richemont in Luzern Backversuche durch. Ostro und Oberkulmer dienten in allen drei Jahren als Vergleichssorten. Nachdem sich im ersten Jahr zeigte, dass praktisch alle Sorten bei der höchsten Düngungsstufe leicht bessere Backeigenschaften aufwiesen, wurde auch in den folgenden Jahren bevorzugt dieses Verfahren berücksichtigt und nur bei einzelnen Sorten zusätzlich das Verfahren mit der Normdüngung von 100 kg Stickstoff mitanalysiert.
Die Sorte Polkura wies im Schnitt dreier Jahre einen tieferen Feuchtgluten- und Proteingehalt auf als Ostro und Oberkulmer. Edelweisser lag im Zweijahresschnitt auf oder leicht über deren Werten. Der Zeleny-Index lag bei den beiden neuen Sorten höher als bei Ostro und Oberkulmer.
Die Amylogrammwerte sind ein Indikator für die Enzymaktivität im Stärkebereich. Sie korrelieren gut mit den Fallzahlwerten (hohe Fallzahlen = hohe Amylogrammwerte / tiefe Fallzahlen = tiefe Amylogrammwerte). Die Fallzahl- und Amylogrammwerte sind in der Regel stark abhängig von den Erntebedingungen. Der vorliegende Versuch zeigte nun, dass auch die Sorte einen Einfluss darauf hat. So wies speziell Edelweisser sehr hohe Fallzahl- und Amylogrammwerte auf. Hohe Werte können zwar vom Bäcker relativ einfach korrigiert werden. Aber in Jahren mit ungünstigen Witterungsverhältnissen während der Ernte könnte Edelweisser trotzdem Vorteile für die Verarbeitung bringen.
Eine Herausforderung bei der Herstellung eines Dinkelbrotes ist die Knetstabilität. Edelweisser und Polkure wiesen eine höhere Stabilität auf als Ostro und Oberkulmer, bei Polkura war der Unterschied allerdings minim. Weiter wünscht sich der Bäcker, dass der Feuchtkleber der Kräfteeinwirkung durch den Kneter widerstehen kann und somit einen geringen Konsistenzabfall hat. Edelweisser fällt hier speziell positiv auf, Polkura verhält sich wie Ostro. Auch bei der Teigenergie vermag Edelweisser bei 140 kg Stickstoff zu überzeugen. Bei Ostro wirkte sich eine höhere Stickstoffgabe negativ auf die Teigenergie aus, weil im Verhältnis mehr Gliadin als Glutenin vorhanden war und dadurch der Kleber weicher wurde. Die Verhältniszahl zum Dehnwiderstand zeigt deutlich, dass sich Ostro sehr dinkeltypisch verhält.
Dieser Bericht basiert auf dem Versuchsbericht 2020 des Forum Ackerbaus, verfasst von Barbara Graf und Andreas Dossenbach.
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