Das Biozuckerrüben-Projekt zeigt Wirkung
Knapp 40 Landwirte und Interessierte hatten sich die Zeit reserviert, um aktuelle Informationen aus Praxis, Forschung und Vermarktung zu hören und die Gelegenheit für den Austausch mit Berufskollegen zu nutzen. Dabei zeigte sich, dass das Projekt «Schweizer Biozuckerrüben» von der Praxis positiv aufgenommen worden ist.
«Schweizer Biozucker ist gefragt. Die Nachfrage nimmt weiter zu und auch die Preise halten dem Druck des Weltmarktes stand. Dies spiegelt sich in der Anbaubereitschaft wider: 2019 konnte die Verarbeitungsmenge der Schweizer Biorüben um 60% gesteigert werden. Damit sind die Erntemengen 2019 zum ersten Mal gross genug, um Schweizer Biorüben separat von Import-Biorüben zu verarbeiten. Um diese separate Verarbeitung zu ermöglichen, ist eine ausreichende Gesamtmenge an Biorüben nötig. Deshalb wird weiterhin der grösste Teil der Biorüben als Verbandsware aus Süddeutschland importiert», schreibt Fatos Brunner, Produkt Managerin Ackerkulturen bei Bio Suisse. Tatsächlich liegt der potentielle Bedarf laut IG Biozucker bei 4000 Tonnen Zucker aus Bioanbau. Das langfristige Ziel ist der Ersatz von Bio-Rohrzucker in der Verarbeitungsindustrie durch Zucker aus regionalem Biozuckerrübenanbau. Weil eine solche Umstellung nach neuen Rezepturen verlangt, braucht das Ganze noch etwas Zeit. Die Schweizer Zucker AG sucht dazu aktiv das Gespräch mit potentiellen Abnehmern.
Markus Meier von der Schweizer Zucker AG informierte die Anwesenden über die aktuelle Situation bei den Schweizer Biozuckerrüben. Während die Anbaufläche für Biozuckerrüben im Jahr 2015 noch bei 9 Hektaren lag, haben im vergangenen Anbaujahr 39 Schweizer Bio-Pflanzer einen Vertrag abgeschlossen. Insgesamt wurden auf 116 Hektaren Zuckerrüben angebaut. Zusammen mit den Flächen in Süddeutschland lag die gesamte Bio-Anbaufläche bei 1073 Hektaren. Auch im Jahr 2020 soll der Biozuckerrüben-Anbau weiter ausgedehnt werden. Für das kommende Jahr sind rund 135 Hektaren angemeldet. Und es werden weiterhin neue Bio-Pflanzer gesucht.
Der aktuelle Richtpreis für gereinigte Bio-Zuckerrüben liegt bei 128 CHF pro Tonne, dazu kommt die Bio Suisse Labelprämie von 30 CHF pro Tonne. Im Moment übernimmt COOP die gesamte Menge Schweizer Biozucker. Die Biozuckerrüben werden als erstes angeliefert und verarbeitet. Um hier den Nachteil im Zuckerertrag auszugleichen wird ein Zuschlag von fünf Franken pro Tonne für Lieferungen vor dem 16. September ausbezahlt. Zwischen dem 17. und 25. September gibt es abgestufte Zuschläge und ab 26. September gilt der normale Preis.
Schweizer Bio-Zuckerrüben werden als separate Lieferung verarbeitet, gelagert und verkauft. Bei der Anlieferung ist vor allem der Fremdbesatz im Auge zu behalten, weil dieser zu Abzügen führt und die Verarbeitung erschwert. Die Diskussionsrunde zeigte, dass dabei Steine ein «gewichtigere» Rolle spielen als der Besatz mit Unkraut. Besonders wenn die Rüben eher klein ausfallen, werden mehr Steine vom Roder mitgeerntet; diese kann die Rübenmaus nicht alle separieren. Erfahrene Rübenpflanzer äusserten ihre Bedenken über späte Rodungen, die oft erst kurz vor dem Liefertermin durchgeführt werden, was zu höherem Besatz und zu einer stärkeren Belastung der Böden führt. «Eine Ernte 14 Tage vor dem Verlad wäre richtig», meinte einer der anwesenden Biobauern. Die Rüben brauchen Zeit, um etwas abzutrocknen, so dass weniger Erde mit den Rüben transportiert wird. Die Anlieferung erfolgt je nach Lage des Betriebs per LKW oder mit der Bahn. Zurzeit werden rund 50'000 Tonnen per Bahn angeliefert und 16'000 Tonnen über die Strasse; letzteres im Umkreis bis 200 km Distanz zur Zuckerfabrik.
Samuel Jenni von der Schweizer Fachstelle für Zuckerrübenanbau informierte über wichtige Themen für Bio-Zuckerrübenpflanzer. Im Jahr 2019 wurde v.a. in der West-Schweiz eine Zunahme der neuen Krankheit SBR-Vergilbung («Syndrome de Basse Richesse») beobachtet. Die Bakterien-Krankheit führt zu tiefen Zuckergehalten in den Rüben und wird von einer Glasflügelzikaden-Art übertragen. Für das Anbaujahr 2020 ist grundsätzlich die Sorte TESLA für Bio-Pflanzer vorgesehen. In Gebieten, in denen man mit SBR- oder starkem Rhizoctonia-Befall rechnen muss, sollte die tolerante Sorte RHINEMA angebaut werden.
Versuche und Entwicklungen
Das Organisatoren-Team vom FiBL berichtete über verschiedene Versuche, die im Biozuckerrüben-Anbau gemacht werden. Leider konnte mit dem Folienversuch nicht die gewünschte Unkrautunterdrückung erzielt werden. Mehrere Landwirte berichteten über ihre Beobachtung, dass die Folie im Boden ungenügend abgebaut wird. Ein weiteres Versuchsthema ist die Bor-Versorgung der Biozuckerrüben. Bei einem Boden-pH über 7.0, z.B. nach einer Düngung mit Ricokalk, bei Trockenheit oder bei einer besonders hohen Ertragserwartung, sollte im Juni vor Reihenschluss eine Düngung mit 500 Gramm Bor pro Hektare gemacht werden.
Auch die mechanische Unkrautbekämpfung war natürlich ein wichtiges Thema des Workshops, denn die Unkrautsituation und die Anzahl der aufgewendeten Arbeitsstunden, entscheiden über die Wirtschaftlichkeit des Bio-Zuckerrübenanbaus. Der Nutzen von RTK-Lenksystemen und Querhacken, sowie der Einsatz von Hackrobotern wurde kommentiert. Als vielversprechendstes Gerät auf dem Markt wurde der Farmdroid FD20 erwähnt. Der solarbetriebene Hackroboter arbeitet 6-reihig und autonom und war 2019 erstmals auf Praxisbetrieben in Dänemark im Einsatz. Trotz der eindrücklichen Hightech-Geräte empfiehlt Hansueli Dierauer vom FiBL immer noch eine einfache Anbautechnik. Ein sorgfältig vorbereitetes Saatbett, Striegeln und Hacken, möglichst nahe an den Reihen, sind immer noch ein bewährtes Erfolgsrezept. Auch die Rückmeldungen von erfahrenen Bio-Rübenpflanzern zeigen, dass besonders die Unkraut-Kur vor der Saat sehr viel bringt. Ausserdem sollte ein Hackdurchgang möglichst innerhalb von 5(-7) Tagen abgeschlossen sein. Im Durchschnitt werden pro Hektare immer noch 180 Stunden Handarbeit für den Bio-Zuckerrübenanbau aufgewendet; diese Zahl hat sich seit 2002/2003 nicht verändert. Dierauer schätzt, dass es noch mindestens fünf Jahre dauert, bis Hightech-Lösungen praxistauglich und wirtschaftlich sind; viele funktionieren im Moment nur unter sehr idealen Bedingungen. Sobald eine leichte Hangneigung, steinige Böden oder ein stärkerer Unkautdruck vorhanden sind, stossen die neuen Techniken schnell an ihre Grenzen.
Tipps aus der Praxis
In der Schweiz wurden 2019 rund die Hälfte der Bio-Zuckerrüben pfluglos angebaut. Reto Frei aus Schafisheim ist zurzeit der einzige Bio-Zuckerrübenpflanzer aus dem Kanton Aargau. Er berichtete, wie er auf seinen kiesreichen Böden Zuckerrüben in einen abgefrorenen Phacelia-Bestand gesät hat. Mit seiner Anbaustrategie konnte er 864 kg Zuckerrüben pro Are bei einem Zuckergehalt von 17.6 Prozent. Wie viele andere Bio-Pflanzer fährt er zwei Tage nach jedem Hackdurchgang mit dem Striegel durch den Bestand, um eine optimale Wirkung zu erreichen.
Autorin: Katrin Carrel, Strickhof
Weitere Informationen:
SFZ: www.zuckerruebe.ch > Publikationen > Ruebenpflanzer_I_20.pdf
FiBL: www.bioaktuell.ch > Pflanzenbau > Ackerbau > Zuckerrueben