Brotweizen Sortenversuch 2022
Ausgangslage und Versuchsfrage
Die Zusammenarbeit unter den Partnern Groupe Cultures Romandie, Forum Ackerbau, DSP, swiss granum und Agroscope bildet eine zuverlässige Basis, um Sorten auf die Liste der empfohlenen Sorten (LES) einschreiben zu können. Sie ermöglicht es, die Kenntnisse zum agronomischen Verhalten und zur Qualität der Sorten im extensiven und intensiven Anbau zu vertiefen. Um auf der LES von swiss granum aufgenommen zu werden, wird eine Winterweizensorte zuerst zwei Jahre im Extensonetz von Agroscope geprüft. Danach durchläuft sie zwei weitere Prüfjahre im Versuchsnetz von swiss granum, welches zusammen mit der Groupe Cultures Romandie und dem Forum Ackerbau geführt wird. Das Saatgut wird von DSP vorbereitet und zur Verfügung gestellt. Die Aufbereitung des Ernteguts sowie erste Qualitätsanalysen werden durch Agroscope vorgenommen. Agroscope übernimmt auch die Koordination des Netzes und wertet die Daten aus. Die in diesem Artikel dargestellten Resultate stammen von den unten genannten Forum-Ackerbau-Standorten.
Versuchsfrage
Wie verhalten sich verschiedene Weizensorten ertragsmässig und qualitativ unter extensiven und intensiven Bedingungen?
Methodik
Anzahl Standorte | Anzahl Versuchsjahre | Anzahl Wiederholungen | Art des Versuchs |
6 | 3 | 3 | Kleinparzellen |
Der Versuch wurde als Exaktversuch mit drei Wiederholungen an sechs Forum-Ackerbau-Standorten in den Kantonen AG, SO, TG, BE, SH und ZH durchgeführt.
Anbaudaten
Standardsorten: Montalbano, Hanswin, Spontan
Vergleichssorten: CH Nara, Arina, Poncione, Posmeda, Cadlimo, Piznair, Diavel, Campanile, Axen, Alpval, Bonavau
Prüfsorten: Emblem, Blickfang, Campesino, Bodeli, Bishorn, Colinta, APWE8.11, Every, Caminada, Braga
Zusatzsorten: Runal, Forel, Claro, Ludwig
(28 Sorten im intensiven Verfahren, 16 davon auch im Extenso-Verfahren)
Saat: 350 Körner/m2
ÖLN-Verfahren: 1- bis 2-mal Halmverkürzer, 1- bis 2-mal Fungizide, Insektizide nach Schadschwelle
Extenso-Verfahren: Keine Halmverkürzer, keine Fungizide, keine Insektizide
Düngung: Gemäss Norm. Im ÖLN wurde die Düngermenge gegenüber dem Extenso-Verfahren um 30 kg N/ha erhöht.
Resultate
Rückblick auf das Weizenjahr 2021/22
Die Saatarbeiten konnten nach dem nassen Sommer im Herbst 2021 trotz leicht erschwerter Bedingungen gut durchgeführt werden. Im Frühjahr durchlitt der Weizen auf den meisten Standorten ein Niederschlagsdefizit. Dem darauffolgenden heissen und trockene Sommer folgte eine frühe Ernte Mitte Juli. Diese konnte unter sehr guten Bedingungen durchgeführt werden. Der Krankheitsdruck war auf allen Versuchsstandorten dank der trockenen Witterung tief.
Erträge
Die Weizenerträge 2022 lagen bei allen Sorten über dem Durchschnitt der letzten drei Jahre. Dieser Schnitt wurde aber natürlich von der Ernte 2021 etwas gedrückt. Der Ertragsunterschied zwischen den beiden Anbauverfahren intensiv und extensiv fiel dieses Jahr deutlich mit 9.6 dt/ha Mehrertrag zugunsten des intensiven Anbaus aus. Im Vergleich dazu liegt der Dreijahresschnitt der Differenz bei 6.7 dt/ha. Trotz dieses deutlichen Mehrertrages werden die Mehrkosten für den zusätzlichen Pflanzenschutz und die zusätzliche Düngung damit nicht gedeckt. Dafür wären je nach Klasse und Aufwendungen zwischen 13 bis 17 dt/ha Mehrertrag nötig.
Die für den Anbau 2022 neu zur Verfügung stehenden Sorten Axen (Top), Bonavau (Top), Alpval (I) und Campesino (Futter) weisen für ihre jeweiligen Klassen grösstenteils ein hohes Ertragspotential auf und stellen daher gute Alternativen zu den bestehenden Sorten dar. So bewegen sich die Erträge der Sorten Axen und Bonavau auf dem Niveau von Cadlimo (Top) und damit über der Hauptsorte Montalbano. Alpval erzielt im intensiven Anbau Erträge leicht unter und im Extensoanbau leicht über dem Niveau von Hanswin. Die neue Futterweizensorte erreichte in diesem Anbaujahr deutlich höhere Erträge als Poncione.
In der Klasse Top kann die meistangebaute Sorte Montalbano mit den neueren Sorten im Ertrag nicht mehr ganz mithalten. Lediglich der Ertrag von Piznair liegt im intensiven Anbau 1.4 dt/ha und im Extenso 3.9 dt/ha unter demjenigen von Montalbano. Deutlich abgefallen ist die Sorte Runal. Bekanntlich ist dies aber eine Hochqualitätssorte, genauso wie Piznair. Claro erzielte Erräge wie Montalbano. Wegen der schlechten Krankheitsresistenzen ist Claro das letzte Jahr auf der LES.
Bei der Klasse I zeigte die neue Sorte Alpval vor allem im Extensoanbau ihre Stärken, im intensiven Anbau dagegen erzielten Campanile und Hanswin die höchsten Erträge. Deutlich abgefallen ist die ältere Sorte Forel. Zudem bringt Alpval bezüglich Resistenzen gegenüber den älteren Sorten eine deutliche Verbesserung. Keine neuen Sorten gibt es in der Klasse II. Am schlechtesten schneidet die alte Sorte Ludwig ab, Posmeda erreicht leicht höhere Erträge, diese liegen aber trotzdem noch leicht unter den hohen Erträgen von Spontan. Beim Futterweizen erzielte Campesino sehr hohe Erträge. Vor allem im Erntejahr 2022 lagen sie deutlich über denen von Poncione.
Qualität
Beim Proteingehalt erreichten alle Sorten einen Gehalt von über 14 % und lagen somit im Zuschlagsbereich. Besonders positiv hervorgestochen sind dabei die Sorten Piznair (ÖLN 15.8 %, Extenso 15.3 %), Runal (ÖLN und Extenso 15.8 %) und Axen (ÖLN 15.3 %, Extenso 15.0 %), welche die höchsten Proteingehalte aufwiesen und auch im Extenso den maximalen Zuschlag erhalten konnten.
Das Hektolitergewicht der diesjährigen Versuche lag bei allen Sorten deutlich über dem Mittel der letzten drei Jahre (79.1 kg/hl), wobei das Jahr 2021 den Schnitt stark hinuntergezogen hat.
Alle Sorten erreichen im intensiven Anbau im Schnitt der letzten drei Jahre den Bereich der Zuschläge über 80 kg/hl. Im extensiven Anbau erhielten Montalbano (79.9 kg/hl) und CH Claro (79.9 kg/hl) keine Zuschläge. Es gab in keinem Verfahren Abzüge für eine Sorte. Betrachtet man nur das Jahr 2022, so lagen sogar alle Sorten im Zuschlagsbereich.
Dabei gilt es zu beachten, dass bei Futterweizen bereits ab 77.0 kg/hl Zuschläge ausgerichtet werden. Bei Brotweizen müssen dagegen mindestens 80 kg/hl erreicht werden.
Erlöse
Die finanziellen Erlöse der einzelnen Sorten für das Jahr 2022 umfassen auch den Extensobeitrag von Fr. 400.-/ha. Um die Kosten des intensiven Anbaus decken zu können, sollte ein Mehrerlös von total Fr. 800.- /ha erreicht werden, was bei keiner Sorte der Fall ist.
In der Klasse Top ist ersichtlich, dass die beiden neuen Sorten Axen und Cadlimo höhere Deckungsbeiträge erzielen als die sehr oft angebaute Sorte Montalbano. Die neue Sorte Piznair dagegen erreicht einen tieferen Deckungsbeitrag als Montalbano. Auffällig ist auch die Tatsache, dass zwischen den verschiedenen Klassen teilweise nur geringe Unterschiede bestehen. So kann die Klasse Top zwar von einem höheren Preis von Fr. 58.50 /dt profitieren und bei einem genügend hohen Proteingehalt kann dazu noch ein Zuschlag erreicht werden. Diesen Zuschlag konnte 2022 bei allen Sorten geltend gemacht werden. Dennoch können Sorten der Klasse I und II - trotz der tieferen Preisen von Fr. 55.50 /dt beziehungsweise Fr. 53.-/dt und ohne Proteinzuschlag - gleiche finanzielle Erlöse erreichen wie Sorten der Klasse Top.
Werden die Deckungsbeiträge von Futterweizensorten mit denen von Brotweizensorten verglichen, wird deutlich, dass Futterweizensorten trotz höherem Ertragspotential und den wegfallenden Branchenbeiträgen von Fr. 4.80 /dt mit den Brotweizensorten nicht mithalten können.
Bei der Wahl der Sorte sind die Bedürfnisse des Marktes zu berücksichtigen. Dazu werden durch die Annahmestellen oft Empfehlungen ausgearbeitet, welche an die Nachfrage des Marktes im jeweiligen Gebiet angepasst sind und einen bedarfsgerechten Getreideanbau ermöglichen.
Neue Sorten der LES
Axen (TOP): Diese Sorte bringt sowohl im Intensiven als auch im Extensoanbau hohe Erträge und zeichnet sich durch gute Krankheitsresistenzen auf. Zudem erreichte diese Sorte in den Versuchen des Forums Ackerbau hohe Proteingehalte.
Bonavau (TOP): Bonavau erreichte im Verfahren ÖLN Erträge leicht über Montalbano und im Extenso liegen sie leicht unter Axen. Die Resistenzen gegenüber den Krankheiten Mehltau und Gelbrost fallen bei dieser Sorte durchaus positiv auf.
Alpval (II): Die Erträge von Alpval bewegen sich auf dem Niveau von Hanswin. Alpval weist in der Klasse I die besten Resistenzen auf.
Campesino (Futter): Campesino erzielte in den Versuchen des Forum Ackerbau sehr hohe Erträge. Jedoch waren die Hektolitergewichte eher tief. Im Vergleich mit den restlichen Futterweizensorten verfügt Campesino über die besten Resistenzen.
Piznair (TOP): Piznair besticht durch sehr guten Backeigenschaften. Die Sorte weist hohe Proteingehalte aus, jedoch liegt das Ertragspotential unterhalb von Montalbano und kann daher mit den ertragreichsten Top-Sorten nicht mithalten. Gegenüber Krankheiten sind die Resistenzen grösstenteils gut, lediglich bei Septoria nodorum auf dem Blatt hat Piznair eine Schwäche.
Autor: Martin Streit, Inforama Rütti (BE), in Zusammenarbeit mit dem Forum Ackerbau.