Bio-Wintergetreide: Guter Start in den Frühling
Pflanzenentwicklung und erste Güllegabe
Im Biogetreideanbau werden bei den meisten Wintergetreidearten durchschnittliche Erträge von 40-55 dt pro Hektare geerntet; bei Bio-Dinkel sind es eher 30-50 dt. Dementsprechend liegt der Gesamtbedarf an Stickstoff tiefer als im ÖLN-Anbau. Bei einem Ertrag von 45 dt rechnet man mit einem Nährstoffentzug von rund 100 kg N. Unter Berücksichtigung der Vorkultur, der Bodenaktivität und der betrieblichen Voraussetzungen wird eine Düngung von etwa 20-40 m3 Gülle in zwei Gaben empfohlen. Dinkel und Roggen bilden dabei eine Ausnahme: Durch ihr ausgeprägtes Wurzelsystem sind sie in der Lage, einen grossen Anteil seines Bedarfs aus den im Boden vorhandenen Nährstoffreserven zu erschliessen. Wegen ihrer relativ hohen Lageranfälligkeit werden Biodinkel und Bioroggen sehr zurückhaltend gedüngt. Eine einmalige Güllegabe von 10-20 m3 Gülle (1:1 verdünnt) vor dem Schossen genügt in der Regel. Dies entspricht rund 20 kg Stickstoff pro Hektare.
Will man die Bestände im Bioweizen- und Biogerstenanbau intensiv führen, so soll die erste Gabe zum Vegetationsbeginn so früh wie möglich erfolgen und fördert die Anzahl ährentragender Triebe. Die zweite Gabe folgt zum Beginn des Schossens. Sie ernährt die hohe Anzahl Triebe und beeinflusst die Anlage der Körnerzahl und die Proteineinlagerung.
Bei sehr später Saaten oder bei starken Auswinterungsschäden kann es ausgangs Winter zu schwachen Beständen kommen. Findet man weniger als 150 gesunde, starke Pflanzen pro m2 wird eine Neuansaat empfohlen. Ist der Bestand zu dünn, hilft auch intensives Striegeln und Walzen nichts mehr. Die Ertragseinbussen sind zu hoch und das Unkraut „wächst dem Getreide über den Kopf hinaus“. Erwünscht ist bei sechszeiliger Gerste, bei Roggen und Dinkel eine Bestandesdichte von etwa 300 Pflanzen, bei Bio-Weizen eine Bestandesdichte von 400 Pflanzen pro Quadratmeter. Die intensiv führbaren kurzstrohigen Weizen- und Gerstensorten ermöglichen auch Bestände gegen 600 Pflanzen, sofern man über die entsprechende Hofdüngermenge verfügt.
Der Zeitpunkt und die Menge der ersten Güllegabe richten sich vor allem nach der Getreideart und der Entwicklung der Pflanzen. Bei normalen Beständen wird möglichst früh mit einer Gabe von 10-20 m3/ha verdünnter Gülle gestartet; sind erst wenige Bestockungstriebe vorhanden, kann die Kombination von Walzen und einer frühen Güllegabe die Bestockung fördern. Haben die Getreidepflanzen während der eher milden Winterwochen bereits zahlreiche Bestockungstriebe angelegt, sollte noch gewartet und die Gülle erst zu Beginn des Schossens verabreicht werden (siehe Bild „Winterroggen“). Eine zu starke Bestockung ist unerwünscht, weil Bestände mit zu vielen Nebentrieben unregelmässig abreifen und eine schlechte Kornausbildung zur Folge haben können oder bei Roggen und Dinkel das Lagerrisiko steigt. Zu dichter Dinkel kann anfangs Schossen gewalzt werden. Durch das hinunterdrücken der Halme müssen sich diese neu aufrichten, werden dadurch stärker und bleiben kürzer.
Unkrautsituation einschätzen und Bekämpfungsstrategie wählen
Die empfindlichste Zeit bezüglich Unkrautkonkurrenz ist bei Roggen und Gerste eigentlich im Herbst. Wintergerste und Winterroggen sollten deshalb wenn möglich bereits im Oktober/November ab dem 3-Blatt-Stadium gestriegelt werden. Weizen und Dinkel leiden von Ende Februar bis im Mai am stärksten unter der Konkurrenz von Unkraut. Sorten, die den Boden rasch bedecken sind dabei im Vorteil.
Wichtig ist es auch, die Unkrautarten und ihr Schadenspotenzial zu kennen: Viele einjährige, niedrig wachsende Unkrauter gehören zu den harmlosen Begleitarten des Getreides. Bis Ende Bestockung sollten die Getreidebestände dennoch möglichst vor Unkrautkonkurrenz geschützt werden, ein Bodenbedeckungsgrad von 5-10% kann aber ohne wirtschaftliche Einbusse toleriert werden. Bei den problematischen Unkrautarten liegt die Toleranz allerdings tiefer: Zu diesen gehören Klebern, Kamillen, Ackerhohlzahn, Ackerfuchsschwanz und Senf.
Die Getreidebestände werden üblicherweise von Vegetationsbeginn bis zum Ende der Schossphase mit ein bis drei Durchgängen mit dem Hackstriegel gegen Unkraut geschützt. Jeder Hack- und Striegeldurchgang fördert übrigens auch die Mineralisierung von organischem Stickstoff. Pro Durchgang rechnet man mit 5 bis 15 kg N pro Hektare.
Je nach Art der Unkräuter und Bestandesdichte des Getreides genügt zum Vegetationsbeginn ein einmaliges Striegeln; in der Regel wird vor der Güllegabe gestriegelt. Dies begünstigt auch das Einsickern der Gülle. Bei Problemunkräutern wie Klebern braucht es eine aggressivere Strategie: Es empfiehlt sich mit eher hoher Geschwindigkeit (ca. 8 km/ha) und starkem Zinkendruck mindestens 2 cm tief zu striegeln. Das Ziel muss eine gute Vibration der Zinken sein; durch ihr schlagendes Federn wird so eine gute Ausreiss- und Schüttwirkung erreicht. Derselbe Streifen sollte dabei in beiden Fahrtrichtungen gestriegelt werden. Falls nötig, muss der Striegeldurchgang rund eine Woche später nochmals wiederholt werden.
Bei noch kleinen Getreidepflanzen, z.B. Spätsaaten, muss man hingegen langsam fahren und darauf achten, die jungen Getreidepflänzchen nicht zu verschütten. Auch langsames, feines Striegeln ist bei noch kleinen Unkräutern sehr wirksam, weil dabei die Keimfäden zerstört werden.
Blacken und Disteln, zwei wichtige Problem-Unkräuter, können im März/April von Hand bekämpft werden; in dieser Zeit sind ihre Wurzelreserven besonders gering. Quecken gehören ebenfalls zu den Problem-Arten. Sie werden vor allem bei der Stoppelbearbeitung im Sommer mit einer Unkrautkur (Federzinkenegge!) bekämpft. Gerade die problematischen Unkräuter wird man jedoch nicht mit einer einzelnen Massnahme los. Vielmehr gilt es die Fruchtfolge zu überdenken und konsequent Unkrautkuren einzuplanen.
Wir danken Fredi Strasser, Biolandwirt, Forscher, Lehrer und Berater, für seine zahlreichen Erklärungen.
Autorin: Katrin Carrel, Strickhof