Bio-Speisehafer: Sorten und Anbautechnik 2020-2021
Ausgangslage und Versuchsfrage
Schweizer Bio-Speisehafer erfreut sich einer wachsenden Nachfrage und enthält wertvolle Inhaltsstoffe für die menschliche Ernährung. Diese Getreideart kommt mit wenig Dünger aus und eignet sich für einen extensiven Anbau. In der Fruchtfolge wird Hafer positiv bewertet, da er keine Krankheiten von Weizen und Gerste überträgt. Bio-Speisehafer wird von der Biofarm Genossenschaft vermarktet und kann nur mit einem Anbauvertrag angebaut werden.
Aufgrund von Farbe und Geschmack (Bitterstoffe) sind nicht alle Hafersorten für die Flockenproduktion geeignet. Nachdem mehrere Jahre ausschliesslich die Winterhafersorte WILAND für den Bioanbau empfohlen wurde, ist die Sortenpalette erweitert worden. EAGLE ist steht seit 2019 auf der Sortenliste und mit CANYON soll auch der Anbau einer Sommerhafersorte getestet werden. Mit dem Anbau von Sommerhafer kann die Auswinterungsgefahr vermieden werden. CANYON gilt als sehr ertragsstark, aber nicht besonders standfest. Grundsätzlich geht man davon aus, dass eine geringere Aussaatdichte eine bessere Standfestigkeit (bessere Bestockung) und einen geringeren Krankheitsdruck im Bestand bewirkt; dünnere Aussaaten sollen so zu höheren Erträgen und besserer Qualität führen. Ein hohes Hektorlitergewicht (HLG) ist für die Qualität entscheidend. Es wird ein Wert von 54 kg/hl und mehr angestrebt. Durch zwei Reinigungsdurchgänge können Posten mit mindestens 50 kg/hl nachträglich aufgewertet werden. Hafer mit einem HLG unter 50 Kilogramm wird als Futterhafer verwertet.
Methodik
Anzahl Standorte | Anzahl Versuchsjahre | Anzahl Wiederholungen | Art des Versuchs | Aussagekraft |
1 | min. 2 | 1 | Streifenversuch | * * |
Im diesjährigen Versuch wurden die drei Hafersorten angebaut, die sich für die Bio-Speisehafer-Produktion eignen; dazu wurden im Herbst WILAND und EAGLE und im Frühling CANYON ausgesät. Die Vorkultur war Sommerweizen. Auf der Versuchsparzelle wurde vor der Saat eine kleine Menge Presswasser ausgebracht (rund 17 kg N/ha, am 24.09.19), am 27. September wurde die Teilfläche für die Herbstsaat gepflügt und zwei Tage später mit der Säkombination gesät (29.09.19). Der Winterhafer wurde im Frühling zusätzlich mit Biorga gedüngt, mit einer Menge, die rund 23 kg N/ha entspricht (18.03.20). Vor dem Sommerweizen wurde im August eine Gründüngung angesät (Nährgrün), die am 11. November mit der Messerwalze zerkleinert und im Januar (15.01.20) untergepflügt wurde. Die Frühlingssaat wurde ebenfalls mit der Säkombination gemacht (09.03.20).
Für jede Sorte wurden eine geringe und eine hohe Saatdichte verglichen (1.1 und 1.6 kg/Are). Die Bestände wurden zwei Mal gestriegelt; für die Winterhafersorte WILAND wurde in einem zusätzlichen Versuchsstreifen mit geringer Saatdichte auf den Striegel verzichtet, um den Effekt des Striegels zu überprüfen.
Die Ernte der Winterhafersorten erfolgte am 10. Juli, der Sommerhafer konnte am 31. Juli geerntet werden. Aufgrund der relativ schlechten Wetterprognose wurde der Winterhafer etwas zu früh geerntet, was sich im höheren Feuchtegehalt zeigte. Die Bedingungen Ende Juli waren ideal.
Nach der Ernte wurden Proben für jede Variante genommen und bis zur Bestimmung der Qualitäts-Werte tiefgekühlt. Die Feuchtigkeit wurde im Trockenschrank bestimmt. Vor der Analyse mit dem NIR-Gerät und der Bestimmung der Hektolitergewichte wurden die Proben zwei Mal gereinigt.
Resultate
Diskussion
Erträge und Qualität
Im Vergleich aller Varianten erreichte die neue Winterhafersorte EAGLE mit 56 dt/ha den höchsten Ertrag, und zwar im Verfahren mit der hohen Saatdichte (1.6 kg/Are). Demgegenüber lag der Ertrag der Winterhafersorte WILAND in der Variante mit der hohen Saatdichte am tiefsten, nämlich bei 46.3 dt/ha, was einer Differenz von fast 10 Dezitonnen entspricht. Alle Winterhafersorten hatten noch zu hohe Feuchtigkeitswerte. Der Erntezeitpunkt wurde aufgrund der schlechten Wetterprognose etwas zu früh gewählt. Ein späterer Erntezeitpunkt hätte sich möglicherweise auch positiv auf die Hektorliter-gewichte ausgewirkt, die im Versuchsjahr 2020 eher unbefriedigend waren (50 bis 51.9 Kilogramm). Mit einer zusätzlichen Reinigung hätte man aber den Zielwert von 54 kg/hl wahrscheinlich noch erreicht.
Demgegenüber konnte die Sommerhafersorte CANYON mit Erträgen von 47.9 und 52.9 dt/ha überzeugen. Die Hektolitergewichte lagen nach zwei Reinigungsschritten mit dem Labordrescher über 55 Kilogramm und waren sehr zufriedenstellend.
Für die Sorten WILAND und CANYON hat sich der Grundsatz bewahrheitet, dass die geringeren Saatdichten zu höheren Erträgen führen. Im Fall der neuen Sorte EAGLE zeigt sich jedoch das umgekehrte Bild: Die höhere Saatdichte führte zu einem höheren Ertrag. Dies könnte daran liegen, dass diese Sorte ein anderes Bestockungs-Verhalten und / oder eine sehr gute Resistenz gegenüber Krankheiten zeigt.
Striegelwirkung und Anbautechnische Überlegungen
Für die Sorte WILAND wurde ein Versuchsstreifen ohne Unkrautregulierung angelegt und mit einer gestriegelten Variante mit derselben Saatdichte (1.1 kg/Are) verglichen. Der Ertragsunterschied lag bei rund fünf Dezitonnen. Der Streifen, bei dem das Unkraut zwei Mal mit dem Striegel bekämpft worden war, erreichte einen Ertrag von 53.2 dt/ha, während auf der ungestriegelten Variante 48.4 dt/ha geerntet wurde. Der Unkrautdruck auf dieser Parzelle war nicht übermässig hoch, ein häufiges Unkraut war die Vogelmiere. Ein wichtiger Effekt des Striegels war allerdings auch das Aufbrechen der verkrusteten Bodenoberfläche, was einerseits Luft in den Boden bringt und gleichzeitig die Mineralisierungsprozesse im Boden anregt.
Fazit nach einem Versuchsjahr
Der Anbau der Sommerhafersorte CANYON führte im ersten Versuchsjahr zu erfreulichen Resultaten. Die Möglichkeit, eine Frühlingssaat durchzuführen, reduziert das Risiko von Auswinterungsschäden. Gleichzeitig ist Sommerhafer eine attraktive Kultur in Fruchtfolgen mit vielen Herbstsaaten. Der Versuch soll im kommenden Anbaujahr wiederholt werden.
Wer Speisehafer anbauen möchte, muss im Voraus einen Anbauvertrag abschliessen und vor der Saat abklären, wo der Hafer abgeliefert und getrocknet werden kann. Bei zu später Trocknung kann sich ein Dumpfgeruch entwickeln, der den Hafer für die Flockenproduktion unbrauchbar macht.
Autorin: Katrin Carrel, Strickhof Fachstelle Biolandbau
Kontaktpersonen Gesamtversuch und Anbauvertrag: Hansueli Brassel, Biofarm
> Druckversion: VB Bio-Speisehafer - Sorten und Anbautechnik 2020
Merkblatt Speisehafer 2022 von Biofarm