Bio-Roggen Sortenversuch 2023
Ausgangslage und Versuchsfrage
Roggen ist ein einheimisches Brotgetreide, welches in den letzten Jahren eine steigende Nachfrage erlebt hat. Da Roggen wenig Gluten enthält, ist er anspruchsvoll beim Backen und wird häufig zu Sauerteigbroten verarbeitet. Mit seinem ausgeprägten Wurzelwerk zur effizienten Nährstoffaufnahme und seinem geringen Wasserbedarf während der Hauptwachstumsphase eignet sich Roggen sehr gut für extensive Standorte. Zudem verträgt Roggen Fröste und keimt bei niedrigen Temperaturen.
Auf der aktuellen Bio-Sortenliste (2024) befinden sich lediglich drei Roggensorten: RECRUT, MATADOR (läuft nächstes Jahr aus) und ELIAS. Alle drei Sorten sind Populationssorten. Da die Sortenvielfalt die Grundlage für eine standortangepasste Sortenwahl bildet, ist es wichtig, dass in Zukunft noch mehr Roggensorten auf die Sortenliste aufgenommen werden. Deshalb bildet die Selektion neuer Sorten mittels Sortenprüfung auf Biobetrieben wie dem Stiegenhof die Grundlage für einen etablierten Roggenanbau.
In der konventionellen Landwirtschaft wird Roggen ausschliesslich als Hybridsorte angebaut. Hybridsorten haben neben einem höheren Ertrag auch ein geringeres Risiko für Lager und Auswuchs. Im biologischen Landbau sind Hybridsorten im Roggen nicht zugelassen. Damit untersucht werden kann, ob Roggen-Hybridsorten im Bio interessant sein könnten, wird die Hybridsorte SERAFINO in diesem Versuch angebaut. SERAFINO hat einen hohen Ertrag und geringe Anfälligkeit gegenüber Mutterkorn und Mehltau.
Methodik
Anzahl Standorte | Anzahl Versuchsjahre | Anzahl Wiederholungen | Art des Versuchs |
1 | 1 | 1 | Streifenversuch |
Bodenbearbeitung, Saat, Düngung, Pflege und Ernte
Im diesjährigen Streifenversuch wurden sechs Roggensorten auf der Parzelle Rüteli 1 angebaut und miteinander verglichen: SERAFINO, ELIAS, MATADOR, DIAMENT, BALDACHIN und RECRUT. Erstere ist eine Hybridsorte, während es sich bei den übrigen um Populationssorten handelt. Die Vorkultur war eine zweijährige Kunstwiese (440 Mischung). Ende September wurde die Parzelle gepflügt (21.09.22), dann geeggt (22.09.22) und einen Tag später erfolgte die Saat (23.09.22). Gesät wurde mit einer Saatdichte von 350 Körner/m2 bei den Populationssorten und mit 250 Körner/m2 bei der Hybridsorte. Die Saattiefe betrug 2 cm. Zur Regulierung des Unkrautes wurde der Roggen zwei Mal gestriegelt (22.03. und 10.04.23). Am 20.07.23 wurde der Roggen geerntet. Zur Bestimmung des Ertrags wurde ein Mittelstreifen aus den jeweiligen Sorten herausgedroschen und das Erntegut gewogen. Anschliessend wurden Feuchtigkeit und Hektolitergewicht mit dem NIRs Gerät analysiert.
Resultate
Durchschnittlich erzielten die sechs Roggensorten einen Ertrag von 64.8 dt/ha. Mit 76.2 dt/ha erzielte die Hybridsorte SERAFINO den höchsten Ertrag, die Populationssorte MATADOR wies mit 43.7 dt/ha den niedrigsten Ertrag auf.
Das Hektolitergewicht lag durchschnittlich bei 76.9 kg/hl. Somit liegen alle Sorten über dem geforderten Hektolitergewicht für Roggen von 73-74.9 kg/hl und erhielten einen Zuschlag.
Mit einer durchschnittlichen Feuchtigkeit von 13.3% lagen alle Sorten unter dem maximalen Feuchtigkeitswert von 14.5%.
Der Mutterkornbesatz lag unter dem geforderten Grenzwert.
Diskussion
Erträge und Qualität
Das Erntejahr 2023 war für den Roggen ein gutes Jahr. Trotz des nass-kalten Frühlings und des darauffolgenden heiss-trockenen Sommers waren die Erträge mit durchschnittlich 64.8 dt/ha hoch. Einzig die Sorte MATADOR, die im Jahr 2024 das letzte Mal auf der Sortenliste ist, hatte einen deutlich tieferen Ertrag (43.7 dt/ha). Der Roggen zeigte sich schon im Herbst 22 und Frühjahr 23 von seiner besten Seite: Die Pflanzen waren wüchsig und der Boden gut bedeckt. Die Sorte MATADOR wies viele Löcher durch Mäuseschäden in der Bodenbedeckung auf. Dies könnte ein Grund sein, warum der Ertrag dieser Sorte im Vergleich tiefer war. Die Roggen entwickelte sich dann trotz Nässe, Hitze und ohne Düngung gut, sodass die Pflanzen im Bestand hoch wurden. Dies führte jedoch bei allen Sorten zu Lager. Insbesondere die Sorten RECRUT und MATADOR lagerten, was ein weiterer Grund für den tiefen Ertrag der Sorte MATADOR sein könnte. Die prächtige Entwicklung des Roggenbestandes ist einerseits der zweijährigen Kunstwiese als Vorkultur zu verdanken, die einen guten Nährstoffvorrat im Boden hinterliess. Andererseits profitierte der Roggen in der heiss-trockenen Phase im Sommer von den tonhaltigen und tiefgründigen Böden am Standort Stiegenhof, die das Wasser gut speicherten und dann zur richtigen Zeit abgaben. Zudem ist Roggen sehr sparsam im Umgang mit Wasser und besitzt ein grosses Wurzelwerk, was ihm dieses Jahr zugutekam. Sowohl der effiziente Umgang mit Wasser als auch das gute Nährstoffaneignungsvermögen zeigten sich im hohen Hektolitergewicht. Der Roggen hatte während der trockenen Phase, in der die Kornfüllung stattfand, noch genügend Wasser und Nährstoffe. Zwei Wochen vor der Ernte zeigten alle Sorten Symptome von Septoria und Braunrost. Aufgrund der hohen Erträge scheint dies jedoch nicht ertragsrelevant zu sein.