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Bio-Kartoffelbautagung: Krankheitsreduzierende Anbausysteme und resistente Sorten

Letzten Montag fand die Bio-Kartoffelbautagung am Strickhof in Lindau Eschikon statt. Über 60 interessierte Landwirte und Branchenvertreter nahmen live oder online an der Tagung teil. Neben zahlreichen sehr informativen Vorträgen über die Situation im Kartoffelanbau und zu verschiedenen aktuellen Entwicklungen wurde der Anlass mit einer schmackhaften Degustation neuer Kartoffelsorten abgerundet.
Strickhof Forum - Kartoffelbautagung 2021
Breites Interesse; Haben Sie die Tagung verpasst? Im Frühjahr 2023 findet sie wieder statt!

Das 2021, ein klimatisch anspruchvolles Jahr

Kühler, trockener Frühling – gute Saatbedingungen. Dann kam der Schnee und der Regen, vernässte Böden, stehendes Wasser, ortsweise gab es als Zuschlag noch eine Portion Hagel obendrauf. Das vergangene Kartoffeljahr verlief alles andere als wünschenswert für die anwesenden Produzenten.
Auf Nachfrage von Andreas Rüsch vom Strickhof sei es mittelmässig bis schlecht gewesen, meinten die im Saal Anwesenden – einer ergänzte; ‘’Einzig der warme Spätsommer und Herbst und die somit trockenen Erntebedingungen haben das Jahr etwas gerettet’’. Die abrupten Wetterwechsel haben sich ebenfalls in der Qualität der Knollen bemerkbar gemacht. Gemäss Rüsch hat man in den Versuchen vom Strickhof vermehrt Fäulniss, Hohlherzigkeit und je nach Zeitpunkt des Knollenansatzes, auffallend viel Schorf, breit verteilt über alle Sorten, beobachtet. 

Bio-Kartoffelmarkt – starke Nachfrage

Eine bescheidene Ernte und tiefe Qualität. Für Ilona Stoffel von der Bio-Suisse war klar, die Nachfrage nach Bio-Kartoffeln ist nach wie vor von der Seite vom Detailhandel sehr stark. Obwohl die Deutschschweizer bisher pro Kopf am meisten Bio-Kartoffeln verspiesen, haben die Romands nun kräftig aufgeholt. Gegenüber 2020 nahm der Absatz um 17.3% zu. Auf total 890ha – was 8% der Gesamtanbaukartoffelfläche ist, wurden im 2021 Bio-Kartoffeln angebaut 

Herausforderungen im Anbau und in der Krautfäulebekämpfung

‘’Lieber in 2°C kalten Boden, bei perfekter Struktur legen – als in 8-10°C warmen und nassen Boden reinschmieren.’’ war eine der Kernaussagen von Christian Landzettel von Bioland. Landwirte, welche bei optimaleren Bedingungen setzten, hatten weniger verdichtete und somit infolge der Starkniederschläge vernässte Böden, wovon wiederum die Kartoffelpflanzen punkto Gesundheit und Knollenqualität profitierten. Weitere Erkenntnisse des Anbaujahrs 2021 waren:

  • Der Einsatz von Rollhacken für die Aufhäufelung der Dämme und in Kombination mit dem Striegel zur Unkrautbekämpfung, hat sich bei nassen Bodenbedingungen sehr bewährt.
  • Bei schlechten Stellen im Feld empfiehlt es sich vor der Ernte eine Probegrabung durchzuführen und im Zweifelsfall auf eine Rodung zu verzichten. Somit verhindert man die Einschleppung von übermässig faulen Knollen in die Lager hinein.
  • Stabile resistente Sorten und ein aufmerksames Monitoring waren heuer matchentscheidend bei der Krautfäulebekämpfung. Hier braucht es besonders Mut, neues auszuprobieren und das Sortenportfolio jährlich zu hinterfragen – selbstverständlich unter Berücksichtigung der Marktnachfrage.

Und Mut neues auszuprobieren hatte Daniel Hanggartner von der Firma Rathgeb. Er präsentierte nämlich einen kupferfreien Kartoffelversuch mit neuen resistenten Sorten. Angebaut wurden auf einer dreiseitig vom Wald umrahmten Parzelle acht unterschiedliche Kartoffelsorten. Der Versuch zeigte deutlich die Sortenunterschiede in der Resistenz gegenüber der Krautfäule auf. Die Sorten Muse und BIM-13-678-01, vorläufig noch ohne Sortenname, überzeugten diesbezüglich am besten.

Spitzwegerich als Bodendurchwurzler und Stickstoffauffänger 

Mit welchen Strategien kann die Nitratauswaschung nach erfolgter Kartoffelernte vermindert werden? Dieser Frage ging Knut Schmidtke vom FiBL in seinem Vortrag nach. Präsentiert wurden ein Versuch mit verschiedenen in Kartoffeln angebauten Untersaaten, gefolgt von Winterweizen. Leider verminderten diese nicht wie erwünscht die Nitratauswaschung, jene wurde lediglich zeitlich einige Monate in den Winter verschoben – der Winterweizen vermochte im jungen Stadium den freigesetzten Stickstoff nicht zu binden.

Ein wesentlich besserer Stickstoffbinder ist zum Beispiel zwischen Kartoffeln eingesäter Spitzwegerich. Dieser wurde gemäss Schmidtke 40-45 Tage nach dem Legen der Knollen, in die Dammsohle eingesät, wo er ein überaus dichtes und sehr tiefes Wurzelwerk ausbildete, einen Teil vom Stickstoff so gut aufzufangen vermochte und nach dem Befahren durch die Ernte wieder austrieb und einen Teil vom Boden bedeckte. 

Transfermulch – Erkenntnisse aus Versuchen und aus der Praxis

Eine dauerhafte Bodenbedeckung, bietet das Transfermulchsystem, welches der live zugeschaltete Stephan Junge von der Uni Kassel vorstellte. Bei diesem System wird von einer Donorfläche (Gründüngung, Kunstwiese etc.) etwa 40-60 Tonnen Frischmasse pro ha auf eine Akzeptorfläche (den Kartoffelacker) transferiert. Der Boden wird also mit organischer Substanz – Mulch bedeckt, Unkräuter werden so an der Keimung gehindert und der Boden von äusseren Einflüssen (Wind, Regen) geschützt. Die Resultate, welche aus dem Versuch gezogen wurden, konnte der Praktiker Heinz Brauchli aus Diessenhofen bestätigen. Konkret sind es:

  • Besserer Schutz vom Boden, höhere Stabilität bei Niederschlägen, höhere Aggregatsstabilität und Bodenfeuchtigkeit - höhere Regenwurmpopulationen gegenüber nicht mit Mulch bedeckten Feldern kurz ein vitalerer und lebendigerer Boden.
  • Daraus resultierten gesundere Kartoffelstauden, mit einer höheren Wiederstandskraft gegenüber der Krautfäule und gegenüber dem Kartoffelkäfer. Die Knollen aus diesem System verfügen gemäss Brauchli über eine deutlich bessere Keimruhe.

Nachteile des Transfermulchsystems sind:

  • Es wird zusätzlich Fläche benötigt; gemäss Heinz Brauchli braucht es für eine Hektare Mulchkartoffeln drei Hektaren Donorfläche, die auch über ausreichend Mulch verfügen muss.
  • Der hohe Aufwand bei der Mulchbereitung und Ausbringung – es werden Maschinen zum Häckseln, Transport und zur Ausbringung/Verteilung (Mistzetter) benötigt, welche gerade bei der Verteilung über ein hohes Gewicht verfügen.
  • Je nach Streuweite des Zetters müssen alle 12m Fahrgassen gezogen werden. Das Mulchmaterial muss zudem genug feucht sein, dass es auch genügend breit verteilt wird.
Ausbringung von Transfermulch auf Kartoffelacker
Ausbringung des Transfermulchs auf Kartoffelstauden.

Austausch zur Kartoffelkäferregulierung – mögliche Alternativen zu Novodor

Tobias Gelencsér FiBL Kartoffelbauberater und Mitorganisator der Tagung, diskutierte anschliessend mit den Landwirten welches die Erfahrungen in der Kartoffelkäferregulierung bei Novodorverzicht seien. Neben gut versorgten und fitten Pflanzen, fängt die Prävention bei der Bodenstruktur und somit beim Saatzeitpunkt an. Der Einsatz von Neem Azal soll ausserdem möglichst früh auf die noch sehr jungen Kartoffelkäferlarven erfolgen. Matchentscheidend ist hier ebenfalls wieder die Feldüberwachung. 

Krautvernichtung mittels Staudenziehen und Crop.Zone

Neue Möglichkeiten in der Krautvernichtung wurden von Julian Schneuwly, selber Landwirt und frischer Bachelorabsolvent von der HAFL, mit dem Staudenziehen und von Lorenz Büchel von der Agroline mit dem elektrischen Verfahren Crop.Zone vorgestellt. Bei diesem Gerät wird vorne am Traktor ein Tank mit einem Sprühgerät befestigt und eine Leitflüssigkeit appliziert. Die Abtötung der Pflanze erfolgt dann mittels Elektrizität, welche mit einem hinten auf der Maschine befestigtem Generator, erzeugt wird. 
Beim vom Schneuwly durchgeführten Versuch wurde das Staudenziehen mit der Crop.Zone Methode und einem konventionellem Mittel (Spotlight Plus) verglichen. 40 Tage nach der Anwendung wiesen alle Verfahren dieselbe Effektivität auf.

Sortenwahl Biokartoffeln – neue resistentere Sorten

Offizieller Abschluss bildete das Referat von Tobias Gelencsér zu den aktuellen Sortenprüfungsresultaten vom FiBL. Wie bereits von den Vorrednern erwähnt war das 2021 ein besonders günstiges Jahr, um krautfäuletolerante resp. resistente Sorten zu testen. Das FiBL baute zu diesem Zweck vier resistentere Sorten (Muse, Emanuelle, Simonetta und Camelia) zusammen mit der Referenzsorte Erika an. Mit den Resultaten war Gelencsér sehr zufrieden, bei der Krankheitsbonitur verfügten die resistenteren Sorten über deutlich gesündere Blätter, was sich schliesslich in auch im höheren Erträgen spiegelte.

Verschiedene Resistenzen gegenüber der Krautfäule
Anfällige und resistente Kartoffelsorte auf dem gleichen Feld, heuer waren die Resistenzunterschiede auf die Krautfäule deutlich ersichtlich.

Degustation der Sorten – die Siegerin heisst…

Ein schönes Blattwerk und ein hoher Ertrag sind schön – die Kartoffel muss aber auch vom Endverbraucher akzeptiert werden. Die Kursteilnehmer konnten zu diesem Zwecke zum Schluss noch zehn Kartoffelsorten (neue, sowie bereits auf der Sortenliste vorkommende) degustieren und anonym via Handy bewerten. Das Testresultat stand schnell fest. Siegerin war die Vitabella, welche im 2021 somit nicht nur auf dem Feld, sondern auch auf dem Teller brillierte.

Viktor Dubsky, Strickhof