Besonderheiten des Zentralschweizer Gemüsebaus
Besonderheiten des Zentralschweizer Gemüsebaus
Informationen im Rahmen des „1. Lozerner Gmües Höck“ am 22. Juni 2016, Bacd 22.6.2016
Klein aber fein
Wenn in der Schweiz von Gemüsebau gesprochen wird, so denkt man in erster Linie nicht an die Zentralschweiz. Regionen wie das Berner Seeland, die Mittelandkantone Zürich, Aargau und Thurgau sowie das Tessin werden schneller genannt, wenn nach typischen Gemüsebauregionen gefragt wird. Die Zentralschweiz, mit ihrem etwas launischen Wetter (Stichwort: Hagelzüge, spätere Schneeschmelze, Starkniederschläge), sowie ihren tendenziell schwereren, späteren Böden steht in der Anbaueignung für den Freilandgemüsebau nicht unbedingt an oberster und erster Stelle.
Betrachtet man nur die Anbauflächen so werden in der Tat „nur“ rund 215 Hektaren von den gesamtschweizerischen 12‘640 ha Frisch- und Lagergemüse in der Zentralschweiz (LU, ZG, OW, NW) angebaut was aufgerundet 2% entspricht.
Zum Vergleich ein Blick ins Archiv: Im Jahr 1996 lag der Flächenanteil mit 163 ha von gesamtschweizerisch 8‘756 ha auch bei rund 2%. Die Flächen in der Zentralschweiz haben also in dem Masse zugenommen wie die gesamtschweizer Flächen. Die Zentralschweiz schaffte es hier rein von der Fläche her den Anschluss an die anderen Gemüsebauregionen zu halten.
Trotz dem geringen Flächenanteil wäre es aber ein Trugschluss 1:1 auf die wirtschaftliche Bedeutung des zentralschweizer Gemüsebaus zu schliessen. Zwischen einer Hektare Karotten, Zwiebel oder Randen auf der einen- und einer Hektare modernen Gewächshaustomaten auf der anderen Seite bestehen Welten, was die Umsätze und Deckungsbeiträge betrifft.
In der Tat fällt in der Zentralschweiz der hohe Anteil an Gewächshausflächen auf. Von den erwähnten 215 ha Anbauflächen sind 44.46 ha oder 26% im geschützten Anbau in Kultur! Zum Vergleich: gesamtschweizerisch liegt der Anteil der Gewächshausflächen an der gesamten Anbaufläche bei gerade einmal 8%.
Die Zentralschweizer haben es hier offenbar verstanden, die natürlich gegebenen Standortnachteile durch den vermehrten geschützten Anbau auszugleichen.
Der geschützte Anbau dieser 44.46 ha Anbaufläche geschieht auf einer Gewächshaus-Konstruktionsfläche von 13.37 ha, womit die Zentralschweiz zum Beispiel die Kantone Basel und St. Gallen übertrifft. Die Art der Konstruktionen reicht dabei vom einfachen Plastiktunnel bis hin zu modernsten Hors-sol Anlagen (wie z.B. diejenige des Präsidenten oder M. Schildknecht), deren technische Einrichtungen in der Schweiz Massstäbe setzen.
Kleine „Gmüeslerfamilie“ – Naher Kontakt zu Abnehmern
Auch auf Vermarktungsseite gibt es in der Zentralschweiz Besonderheiten. Die Zentralschweiz (durch die Migros Luzern) gilt in der Gemüsebranche als „Geburtsstätte“ des AdR Gedanken. Der Idee also, dass selbst in Zeiten in denen die Transportwege kürzer werden, der Regionalität ein hohes Gewicht eingeräumt werden soll. Der Austausch zwischen Produktion, Grossverteiler und Konsumenten ist in der Zentralschweiz relativ überschaubar und findet auch wirklich statt. Diese Veranstaltung heute Abend ist nicht zuletzt Ausdruck von diesem Austausch.
Sortimentierung
Was zudem in der Zentralschweiz ein wichtigerer Absatzkanal als anderswo ist, ist der Direktverkauf über Hofläden und den Wochenmarkt. Vom Luzerner Wochenmarkt wird weitherum geschwärmt. Vielleicht auch aufgrund des höheren Anteils an Direktvermarktung ist die Sortimentierung der angebauten Kulturen sehr gross. Im Erfassungsblatt der angebauten Kulturen, die unsere Fachstelle einmal jährlich auch für die Zentralschweiz erstellt, gibt es kaum Lücken. Das heisst selbst solche Artikel wie Portulak, Petersilienwurzel, Pastinake, Cicorino vom Trevisano Typ oder Schwarzwurzel werden, wenn auch sehr kleinflächig, in der Zentralschweiz angebaut. Allgemein haben im Sortiment die etwas „gröberen“ Artikel wie Karotten, Zwiebeln und Kabis eine eher geringere Bedeutung als in anderen Regionen.
Ein Artikel der in der Zentralschweiz auch ins Auge sticht ist der Nüsslisalat, was sicher auch mit den relativ gesehen hohen Gewächshausflächen zu tun hat. So liegen die Nüsslisalatflächen mit rund 24 ha höher als diejenigen der Kantone TI, SG oder auch des „Gewächshauskanton“ Genf.