Besaugen hat verschiedene Ursachen
Der erste Fachabend dieser Saison, organisiert vom Team Tierhaltung am Strickhof, widmete sich dem «gegenseitigen Besaugen bei Kälbern». Der erste Referent, Tierarzt Martin Kaske vom Rindergesundheitsdienst, erklärte, welche verschiedenen Gründe dazu führen, dass sich Tiere besaugen. Das Besaugen ist problematisch, weil es an den betroffenen Körperteilen zu Hautirritationen und Entzündungen führen kann. Die saugenden Tiere nehmen Haare auf, die die Verdauung stören, was schliesslich zu verminderten Tageszunahmen führen kann.
Nutritives und nicht-nutritives Besaugen
Das Besaugen ist von der Lecksucht zu unterscheiden. Kommt es in einer Gruppe gehäuft vor, dass Tiere an der Einrichtung, am Boden und an den Wänden lecken, kann es an der Wasserversorgung, an der Salzversorgung oder an fehlender Struktur im Futter liegen. Beim eigentlichen Besaugen muss zwischen nutritivem und nicht-nutritivem Besaugen unterschieden werden.
- Nutritives Besaugen: Beim Trinken am Nuggi ist der Saugwiderstand um ein Vielfaches geringer als beim Trinken direkt am Euter. Beim Trinken aus dem Eimer können die Kälber ihr Saugbedürfnis nur ungenügend befriedigen. Diese Form des Besaugens ist dadurch zu erkennen, als dass die Tiere nach dem Tränken andere Tiere besaugen, obwohl sie satt sind.
- Nicht-nutritives Besaugen: Diese Form des Besaugens dient der Bewältigung ungünstiger Haltungsbedingungen. Die Tiere versuchen, den gefühlten Stress durch Besaugen abzubauen und sich zu beruhigen.
Besaugen reduzieren
Als zweite Referentin stellte Sandra Glauser den von der Melior entwickelte Suckling-Check vor. Der Test ist auf der Internetseite von Melior zu finden und kann online ausgefüllt werden. Durch die Beantwortung der Fragen zur Fütterung und Haltung der Tiere erkennt der Test Risikofaktoren und schlägt den Tierhaltern individuelle Optimierungsmöglichkeiten zur Reduktion des Besaugens vor.
- Bei nutritivem Besaugen kann ein Nuggi mit hohem Saugwiderstand (0,6 – 0,8 Liter/Min) und mindestens 8 Liter Vollmilch/Tag Abhilfe schaffen. Die Milchreduktion sollte erst ab dem 40. Tag beginnen und maximal um einen Liter pro Woche verringert werden.
- Bei nicht-nutritivem Besaugen sollte die verfügbare Fläche pro Kalb überprüft werden (mind. 3 m2), die Altersdifferenz in der Gruppe sollte möglichst gering sein (max. 6 Wochen). Weiter können Flechten zu Unwohlsein führen, weshalb sie möglichst bekämpft werden sollten. Beschäftigung kann Abhilfe schaffen, z.B. Blindsauger, Spielball, Heunetz, Spieligel, etc. wobei diese Massnahmen eher als Symptombekämpfung gelten.
Arzneipflanzen einsetzen
Bei der anschliessenden Stallbesichtigung stellte Katrin Müller vom Strickhof den Kälberstall von AgroVet-Strickhof vor und mit welchen Massnahmen das Haltungssystem möglichst tierkonform gestaltet wurde. Sie stellte verschiedene Saugschutzringe vor, die beim gegenseitigen Besaugen eingesetzt werden können. Sie betonte aber, welche Verletzungen damit bei den Tieren verursacht werden können, weshalb sie nur im Ausnahmefall eingesetzt werden sollten.
Roger Bolt vom Strickhof stellte anschliessend phytotherapeutische Behandlungen vor, die bei gegenseitigem Besaugen eingesetzt werden können. Beispielsweise können Arzneipflanzen bei stressigen Massnahmen wie Gruppenumstellungen, Futterumstellungen, oder Absetzen von der Mutter eingesetzt werden. Arzneipflanzen können aber auch bei anderen Problemen und Erkrankungen helfen, etwa um die Tiere zu stärken oder die Verdauung positiv zu beeinflussen.
Text: Ursina Berger
Nächster Fachabend zum Thema «Stallklima und Reduktion von Hitzestress» am Dienstag, 30. April 2024 um 19.30 Uhr. Anmeldung auf kurse.strickhof.ch
Kontakt bei Interesse für Arzneipflanzenanwendungen im Stall: Roger Bolt, 058 105 98 53 (roger.bolt@strickhof.ch)