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Anwendungsversuch Berechnungsmodell zum Lauchmottenflug 2019-2021

In diesem Anwendungsversuch wurde die Voraussagekraft eines selbst entwickelten Berechnungstools über den Zeitpunkt der drei Hauptflüge der Lauchmotte im Kanton Zürich getestet. Die Resultate der Saisons 2019 - 2021 zeigen eine insgesamt zufriedenstellende Übereinstimmung zwischen den errechneten Flughöhepunkten und der gemessenen Flugaktivität mittels Pheromonfallen im Feld.

Anwendungsversuch Berechnungsmodell zum Lauchmottenflug 2019-2021

 

Ausgangslage und Versuchsfrage 

Die Lauchmotte (Lepidoptera: Acrolepiopsis assectella) ist nebst dem Zwiebelthrips (Thrips tabaci) der Hauptschädling im professionellen Lauchanbau in der Schweiz. Die bis zu 12 mm langen Larven des Kleinschmetterlings schädigen das Ernteprodukt direkt durch ihre Frasstätigkeit in den Lauchschäften. Unter Deutschschweizer Bedingungen entwickeln sich 3 Faltergenerationen mit Flughöhepunkten im April, Juli und August. Die direkte Bekämpfung muss aufgrund der Flugaktivität erfolgen weil a) das Auftreten auf den Parzellen unterschiedlich ist und b) die Bekämpfung nach einem Flughöhepunkt erfolgen muss, um die Larven bekämpfen zu können bevor sich diese in die Lauchschäfte hineinfressen. Zu diesem Zweck kann der Flug der adulten Tiere mittels Pheromonfallen überwacht werden. Diese Methode bietet zwar die beste Aussagekraft über Zeitpunkt und Stärke des Auftretens, ist jedoch auch verhältnismässig aufwendig und teuer in der Umsetzung. 

Die Fachstelle Gemüse des Strickhofs betreibt für Lauchproduzenten seit rund 10 Jahren ein umfangreiches Monitoring der Lauchmotte. Mit diesen langjährigen Daten über das Auftreten und die Verteilung der adulten Tiere als Grundlage, wurde in diesem Versuch ein einfaches Modell für den Zeitpunkt der drei Hauptflüge der Lauchmotte erstellt und mit realen Fangzahlen von 2019 bis 2021 verglichen. 

Ziel des Versuchs war es, ein einfaches Modell zu erstellen, das den Flughöhepunkt der Lauchmotte basierend auf meteorologischen Daten mit einer Genauigkeit von +/- 4 Tage berechnen kann. Mit einem zuverlässig funktionierenden Modell könnte man einerseits vorbeugende Kulturschutzmassnahmen wie Netze zeitlich einschränken und/oder anderseits direkte Bekämpfungsmassnahmen zeitlich genauer abstimmen, ohne dabei Fallen im Feld aufstellen und auswerten zu müssen. Kein Ziel war es dagegen, das Auftreten der Tiere und die Stärke des Flugs auf der Parzelle per se zu modellieren. Ob Lauchmotten auf dem Betrieb überhaupt auftreten, muss bekannt sein. 

Methodik

 

Anzahl StandorteAnzahl VersuchsjahreAnzahl WiederholungenArt des Versuchs
434Anwendungsversuch

 

Datengrundlage

Ausgangspunkt für das entwickelte Modell waren Fangzahlen der Lauchmotte im Kanton Zürich aus den Jahren 2013 – 2018. Dabei handelte es sich nicht um Fangdaten, die in Hinblick auf ein Modell erhoben wurden, sondern um Fangzahlen von Einzelparzellen, auf denen die Schädlingspopulation durch die Fachstelle Gemüse kostenpflichtig überwacht wurde. Die Datensätze beinhalteten den Gemüsebetrieb, den Standort der Parzelle, das Auswertungsdatum (die Pheromonfallen wurden einmal wöchentlich ausgezählt) sowie die Anzahl gefangener adulter Tiere. Insgesamt standen rund 50 Datensätze von 7 unterschiedlichen Betrieben zur Verfügung. Von diesen Fangreihen wurden 23 Parzellen ausgewählt, in denen klare Flughöhepunkte erkennbar waren. Weil die Parzellen nur so lange überwacht wurden, wie die Kulturen auf dem Acker standen, bilden die Datenreihen bis auf wenige Ausnahmen jeweils nur einen Teil der Anbausaison ab. Ebenfalls als Grundlage herangezogen wurden die Tagesdurchschnittstemperaturen sowie die täglichen Niederschlagsmengen von 7 Standorten des Messnetzes «Agrometeo» (Wülflingen, Lindau, Steinmaur, Seegräben, Uesslingen, Uhwiesen, Liebensberg) der Jahre 2013 – 2018.

Modellierung

Mit Hilfe dieser Grundlagen wurden pro Datensatz folgende Parameter bestimmt bzw. errechnet: 

  • Anzahl Tage von Neujahr bis zum 1. Flughöhepunkt
  • Anzahl Tage vom 1. bis zum 2. Flughöhepunkt
  • Anzahl Tage vom 2. bis zum 3. Flughöhepunkt
  • 30-tägige Temperatursumme vor dem 1. Hauptflug
  • 7-tägige Temperatursumme vor dem 1. Hauptflug
  • Zusammenhängende Tage über 12°C Tagesdurchschnittstemperatur
  • Temperatursumme vom 1. bis zum 2. Flughöhepunkt
  • Temperatursumme vom 2. bis zum 3. Flughöhepunkt
  • Niederschlagssumme (mm) vom 1. bis zum 2. Flughöhepunkt
  • Niederschlagssumme (mm) vom 2. bis zum 3. Flughöhepunkt

Im Anschluss wurden diese Parameter und die effektiv festgestellten Flughöhepunkte aus den Datenreifen umfangreichen Korrelationstests unterzogen, um ein einfaches Modell zu erstellen. Für die Modellierung wurde mit einem Indexwert von 0 – 40 Punkten gearbeitet, wobei Werte von mehr als 35 Punkten einen errechneten Flughöhepunkt anzeigen. Die Zusammensetzung der Indexwerte war dabei von Flug zu Flug verschieden und gestaltete sich wie folgt:

1. Hauptflug

KriteriumKenngrösseErrechnung IndexwertGewichtung im Modell
Datum Anzahl Tage seit NeujahrNormalverteilung um Mittelwert von 104 Tagen und Standardabweichung von 10 Tagen25% (Max 10 Punkte)
Temperatur im Monat vor dem 1. Flughöhepunkt30-tägige Temperatursumme (nur Werte > 0°C) vor entsprechendem DatumLogistisches Wachstum hin zu 220°C-Tagen = 10 Indexpunkte25% (Max. 10 Punkte)
Temperatur in der Woche vor dem 1. Flughöhepunkt7-tägige Temperatursumme (nur Werte > 0°C) vor entsprechendem DatumLogistisches Wachstum hin zu 80°C-Tagen = 10 Indexpunkte25% (Max. 10 Punkte)
Überschreiten einer kritischen TagesdurchschnittstemperaturAnzahl zusammenhängende Tage mit einer Tagesdurchschnittstemperatur > 12°C

1 Tag = 2 Punkte

2 Tage = 5 Punkte

≥ 3 Tage = 10 Punkte

25% (Max. 10 Punkte)

2. Hauptflug

KriteriumKenngrösseErrechnung IndexwertGewichtung im Model
Zeit zwischen 1. und 2. HauptflugAnzahl Tage seit dem 1. FlughöhepunktNormalverteilung um Mittelwert von 69 Tagen und Standardabweichung von 20 Tagen12.5 % (Max 5 Punkte)
Temperatur zwischen 1. und 2. HauptflugTemperatursumme (nur Werte > 0°C) seit dem 1. FlughöhepunktNormalverteilung um Mittelwert von 1050°C-Tagen und Standardabweichung von 200°C-Tagen.50 % (Max 20 Punkte)
Niederschlag/Beregnung in den letzten 3 Tagen3-tägige Niederschlagssumme vor entsprechendem DatumLogistisches Wachstum hin zu 15 mm = 15 Indexpunkte37.5 % (Max 15 Punkte)

3. Hauptflug 

KriteriumKenngrösseErrechnung IndexwertGewichtung im Model
Zeit zwischen 2. und 3. HauptflugAnzahl Tage seit dem 2. FlughöhepunktNormalverteilung um Mittelwert von 43 Tagen und Standardabweichung von 20 Tagen12.5 % (Max 5 Punkte)
Temperatur zwischen 2. und 3. HauptflugTemperatursumme (nur Werte > 0°C) seit dem 2. FlughöhepunktNormalverteilung um Mittelwert von 900°C-Tagen und Standardabweichung von 200°C-Tagen.50 % (Max 20 Punkte)
Niederschlag/Beregnung in den letzten 3 Tagen3-tägige Niederschlagssumme vor entsprechendem DatumLogistisches Wachstum hin zu 15 mm = 15 Indexpunkte37.5 % (Max 15 Punkte)

Im Modell wurden die Flughöhepunkte des 1. und 2. Flugs jeweils automatisch bestimmt und darauf aufbauend wurde weitergerechnet. Das Modell bietet jedoch auch die Möglichkeit, diese Flughöhepunkte manuell einzutragen, um allfällige Abweichungen nicht in die Berechnung der weiteren Flughöhepunkte einfliessen zu lassen.

Modelltests

Um das Modell zu testen, wurde im Jahr 2019 der Lauchmottenflug am Standort Fehraltorf in einer Lauchkultur während der gesamten Saison mittels Pheromonfallen überwacht. Drei weitere Standorte zeigten so wenig Flugaktivität, dass diese nicht für den Modelltest verwendet werden konnten. Die Fangdaten wurden anschliessend mit den errechneten Flughöhepunkten gemäss dem Modell verglichen. Für die Modellrechnungen wurden die Tagesdurchschnittstemperaturen und die Tagesniederschläge der Agrometeo-Station Seegräben verwendet. Diese Station stellt die nächstgelegene Station zur oben genannten Lauchparzelle dar. 

In den Jahren 2019 - 2021 wurden die Mittelwerte aus den über den ganzen Kanton Zürich erhobenen Fallenfängen (jeweils 8 Standorte pro Jahr) pro Kalenderwoche errechnet. Die Flugaktivitätskurve dieser Mittelwerte wurde mit den Modellberechnungen verglichen. Als Input für das Modell dienten die Mittelwerte aus den Wetterstationen in Wülflingen, Uhwiesen, Seegräben und Steinmaur. 

Resultate 

Die Resultate aus dem Jahr 2019, bei dem die Fallenfänge am Standort Fehraltorf direkt mit den Modellberechnungen mit den Wetterdaten von Seegräben als Input verglichen wurden, sind in Abbildung 1 ersichtlich.

Berechnungsmodell Lauchmotte 2019 Fehraltorf
Vergleich der Indexwerte des Berechnungsmodells für die Lauchmotte, mit den Wetterdaten von Seegräben und den Fangzahlen aus Pheromonfallen in Fehraltorf 2019.

Es ist ersichtlich, dass durch das Modell der Flughöhepunkt der 1. und 2. Fluggeneration auf wenige Tage genau berechnet wurde. Beim dritten Flug wurde hingegen durch das Modell erst ein Flughöhepunkt errechnet, als die effektiven Fangzahlen bereits rückläufig waren. Der Flughöhepunkt gemäss Modell lag rund eine Woche später, als der effektiv gemessene Flughöhepunkt.  Ein Vergleich mit weiteren, hier nicht gezeigten Fangreihen aus Einzelparzellen, zeigte ebenfalls eine gute Modellierung des 1. und 2. Flugs, jedoch nicht mit dem 3. Flug. 

In Abbildung 2-4 ist der Vergleich der aggregierten Fangzahlen aus dem ganzen Kanton ZH (als Mittelwerte von jeweils 8 Standorten pro Jahr) und der Modellberechnung für die Saisons 2019 - 2021 ersichtlich. In der Modellberechnung wurden die Mittelwerte der vier Standorte (Seegräben, Steinmaur, Wülflingen, Uhwiesen) als Input verwendet. 

Berechnungsmodell Lauchmotte 2019
Vergleich der Indexwerte des Berechnungsmodells für die Lauchmotte mit den Mittelwerten der Wetterdaten von Seegräben, Steinmaur, Wülfingen und Uhwiesen und den Fangzahlen aus Pheromonfallen im Kanton ZH 2019.
Berechnungsmodell Lauchmotte 2020
Vergleich der Indexwerte des Berechnungsmodells für Lauchmotte mit den Mittelwerten der Wetterdaten von Seegräben, Steinmaur, Wülflingen und Uhwiesen und den Fangzahlen aus Pheromonfallen im Kanton ZH 2020.
Berechnungsmodell Lauchmotte 2021
Vergleich der Indexwerte des Berechnungsmodells für die Lauchmotte mit den Mittelwerten der Wetterdaten von Seegräben, Steinmaur, Wülflingen und Uhwiesen und den Fangzahlen aus Pheromonfallen im Kanton ZH 2021.

In allen drei Jahren 2019-2021 wurden durch das Modell die Flughöhepunkte mit einer Genauigkeit von +/- 7 Tagen errechnet. Am höchsten waren die Abweichungen zwischen Berechnungsmodell und Fangzahlen jeweils beim 3. Hauptflug. Erwähnenswert sind die sehr schwachen bzw. ganz ausbleibenden 1. Flughöhepunkte gemäss Pheromonfallen in den Saisons 2019 und 2020.  

Diskussion 

Insgesamt zeigen die Resultate, dass das Modell eine angemessene und einfache Berechnungsmöglichkeit des Lauchmottenflugs ermöglicht. Die Genauigkeit zur Errechnung des Flughöhepunkts liegt dabei beim 1. und 2. Hauptflug in einem guten Bereich. Da das Modell jeweils den Zeitpunkt des vorhergehenden Flugs als Ausgangspunkt für die Berechnung des nächsten Flugs heranzieht, verstärken sich die Ungenauigkeiten zum 3. Flug hin. Im Jahr 2021 wurde z.B. der 1. Hauptflug durch das Modell auf den 2. April gesetzt. Im Anschluss an den 2. April folgte 2021 jedoch ein markanter Temperatursturz und erst gegen Monatsende folgte die nächste Phase mit milderen Temperaturen. Das Modell hat diese zwei Flugphasen der 1. Generation soweit auch gut abgebildet. Weil das Modell jedoch mit dem Flughöhepunkt 2. April weiterrechnet, sind die folgenden Flüge durch das Modell früher errechnet worden, als im Feld effektiv Tiere gefangen wurden. Bei einem derart starken Temperatursturz mit Frost und Schnee Anfang April ist es jedoch nicht unwahrscheinlich, dass für die weitere Populationsentwicklung die Tiere von Ende April entscheidender waren als die Adulten, welche bereits zu Monatsbeginn unterwegs waren. In der Tat verbesserte sich die Übereinstimmung über den Zeitpunkt des 2. und 3. Fluges wesentlich, wenn der 1. Hauptflug manuell auf den 25. April gesetzt wurde.  Dieser Zusammenhang ist in Abbildung 5 ersichtlich. 

Berechnungsmodell Lauchmotte 2021_2
Vergleich der Indexwerte des Berechnungsmodells für Lauchmotte mit den Mittelwerten der Wetterdaten von Seegräben, Steinmaur, Wülflingen und Uhwiesen und den Fangzahlen aus Pheromonfallen im Kanton ZH 2021. Der 1. Hauptflug wurde manuell auf den 25.4.2021 gelegt; roter Pfeil.

Die Resultate des 1. Hauptflugs 2019 und 2020 zeigen weiter, dass das Modell lediglich eine Aussage über den wahrscheinlichsten Zeitpunkt des Flugs trifft, nicht jedoch ob überhaupt Flugaktivität auf der Parzelle vorhanden ist. 2020 wurden z.B. Parzellen überwacht, die keinen Flug zeigten. 

Schlussfolgerung

Die Resultate zeigen eine vereinfachte Möglichkeit auf, ohne direkte Erhebung mit Pheromonfallen den Zeitpunkt der Flughöhepunkte der Lauchmotte basierend auf meteorologischen Tagesdaten in ausreichender Genauigkeit zu bestimmen. Das Modell wurde jedoch ausschliesslich für den Kanton ZH erstellt. Zudem wurde das Modell mit Hilfe von Korrelationsanalysen zwischen Wetterdaten und Fangzahlen und nicht mit Bioessays entwickelt. Die Übertragbarkeit in andere Regionen ist daher nicht zwangsläufig gegeben. Ebenfalls macht das Modell keine Aussage darüber, wie gross der Druck mit Lauchmotten auf der Fläche ist. Im Kanton ZH bietet das Modell jedoch für die Beratung ein gutes Werkzeug, um den Zeitpunkt der Flughöhepunkte zu errechnen. Zusätzlich sollte bei einer weiteren Anwendung auch mit Wetterprognosedaten gerechnet werden, um das Modell als eigentliches Prognosetool zu verwenden.

Druckversion: Anwendungsversuch Berechnungsmodell zum Lauchmottenflug 2019 - 2021