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Aktuelles aus dem Rebbau

Die Frühlingsmonate April und Mai waren von häufigen Niederschlägen und eher kühlen Temperaturen geprägt, von einem echten Frühling konnte man bis vor Kurzem kaum sprechen. Dementsprechend verlief dieses Jahr der Vegetationsbeginn eher zögerlich, bewegte sich aber immer noch im Bereich des mehrjährigen Durchschnitts. (Publikation vom 1.6.2023)

Witterung und Vegetationsentwicklung

Vergleicht man die Niederschlagsmengen im April und Mai 2023 mit jenen der beiden Vorjahre (Tabelle 1), so fällt auf, dass dieses Jahr deutlich mehr Regen gefallen ist. Insgesamt fielen in Wülflingen im April und Mai knapp 100 Liter mehr Regen als im Vorjahr, selbst im Vergleich zu 2021 sind es noch rund 50 Liter mehr. Das hat zwar den Böden gutgetan und vielleicht auch die Reserven wieder etwas aufgefüllt, aber leider haben die häufigen Niederschläge auch dazu geführt, dass die Anlagen oft nicht oder nur schwer zu befahren waren. Dementsprechend konnten manche Arbeiten, wie Pflanzen, Mulchen oder Unterstockbearbeitung, nicht zum geplanten Zeitpunkt durchgeführt werden. Passend dazu waren die Temperaturen eher kühl. Die Durchschnittstemperatur in Wülflingen (siehe Tabelle) im April lag mit 8.5 Grad Celsius deutlich unter der des Jahres 2022 und nur geringfügig über jener des Jahrs 2021. Im Mai ergab sich ein Temperaturmittel von 13.3 Grad Celsius, immer noch deutlich weniger als 2022, aber schon deutlich mehr als 2021. In Anbetracht dieser Situation ist es nicht verwunderlich, dass der Austrieb der Reben eher langsam vonstattenging. Bis Mitte Mai lag die Entwicklung leicht hinter dem langjährigen Durchschnitt zurück, ähnlich wie im Jahr 2022. Mit den warmen Temperaturen der letzten Woche nahm das Wachstum aber rasch Fahrt auf und die Reben konnten aufholen.

Tabelle Temperatur Niederschlat
Durchschnittstemperatur und Niederschlagssumme der Monate April und Mai 2023, im Vergleich zu den vergangenen beiden Jahren.

 

Schädlingsauftreten

Der eher späte Austrieb und die darauffolgende langsame Entwicklung bei feuchten und kühlen Bedingungen führte zu einem überraschend starken Auftreten von typischen und untypischen Frühlingsschädlingen. So können jetzt in vielen Rebanlagen Schadsymptome von Kräusel- und Pockenmilben (siehe Abbildung 1 und 2) beobachtet werden, auch Schäden durch Thrips findet man häufiger als sonst. Im Normalfall verursachen diese Schädlinge keine ernstzunehmenden Schäden. In einigen Rebanlagen ist das Auftreten in diesem Jahr allerdings so stark, dass man durchaus von Schäden sprechen kann, vor allem bei Kräuselmilben oder Thrips. Ein weiterer Schädling, der sonst kaum in Erscheinung tritt, hat dieses Jahr ebenfalls deutliche Spuren hinterlassen - Schnecken. Vielfach kann man deren Frassschäden an den Blättern und sogar Trieben finden, teilweise wurden sogar ganze Triebe kahlgefressen. In manchen Junganlagen war es deshalb durchaus sinnvoll die Schnecken zu bekämpfen, damit der Stockaufbau nicht gestört wird.

Rebbau Krankheiten 2023
Befall durch Kräuselmilben an einem Rebtrieb, in diesem Jahr häufiger zu sehen als sonst. (Abb. 1)
Rebbau Krankheiten 2023
Pockenmilbenschäden – wie hier im Bild – führen in Ertragsanlagen nur im Extremfall zu Ertrags- und Qualitätseinbussen. Trotzdem ist bei so starkem Befall eine Behandlung im Folgejahr einzuplanen. (Abb, 2)

 

Krankheiten

Wie häufig in Jahren mit so einem Witterungs- und Vegetationsverlauf zu Saisonbeginn, bestand das Risiko für Infektionen durch die Schwarzfleckenkrankheit, was Viele dazu veranlasste gezielte Massnahmen zu ergreifen. Diese Behandlungen waren, in Anbetracht der häufigen Niederschläge und wenigen möglichen Behandlungstermine, vermutlich auch in Hinblick auf den Falschen Mehltau von Nutzen, wenn dafür geeignete Pflanzenschutzmittel eingesetzt wurden. Befall durch die Schwarzfleckenkrankheit ist zwar zu sehen, er hält sich aber in Grenzen. Dafür sind in den letzten beiden Wochen deutliche Symptome von Falschem Mehltau (Abbildung 3) aufgetaucht, wofür vermutlich die Infektionen von Anfang Mai verantwortlich sind.

Rebbau Krankheiten 2023
Die ersten sporulierenden Ölflecken wurden dieses Jahr bereits Ende Mai gefunden, deutlich früher als im letzten Jahr. Bei vorhandenem Befall ist dem Pflanzenschutz in der nächsten Zeit besondere Aufmerksamkeit zu widmen. (Abb. 3)

 

Ausblick bis zur Blüte

Je nach weiterem Witterungsverlauf besteht damit bereits vor der Blüte die Gefahr von Sekundärinfektionen durch Falschen Mehltau, eine Situation, die man eigentlich zu vermeiden sucht. Unter Berücksichtigung der Prognosen der Wetter- und Krankheitsmodelle gilt es in Anlagen mit Befall nun einen lückenlosen Schutz aufrechtzuerhalten, um Gescheinsbefall und damit Ertragseinbussen zu verhindern. In der jetzigen Phase ist klarerweise neben dem Falschen Mehltau auch auf den Echten Mehltau zu achten, und im Bereich um die Blüte sollte auch Botrytis berücksichtigt werden.

Aber, auch wenn das Frühjahr bisher in einigen Bereichen herausfordernd war, lässt sich in Bezug auf das Krankheitsauftreten noch kein endgültiger Schluss ziehen. Ein sonniger und trockener Juni bzw. Sommer können durchaus dafür sorgen, dass die Pilzkrankheiten im weiteren Verlauf kein grösseres Problem darstellen. Übermässiger Pessimismus ist daher sicher nicht angebracht, Vorsicht und Aufmerksamkeit jedoch schon.