Additives Intercropping in Kohl 2020
Additives Intercropping in Kohl 2020
Philpp Trautzl Fachstelle Gemüse- und Beerenbau TG/SH und Daniel Bachmann, Fachstelle Gemüse Strichhof
Ausganslage
Im Rahmen des Aktionsplans Pflanzenschutzmittel des Bundesrats werden Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz erforscht und gefördert. Aus diesem Grund setzen auch die Gemüsebaufachstellen in der Schweiz ihre Versuchsschwerpunkte auf dieses Thema.
Im Rahmen der Zusammenarbeit hinsichtlich der Interkantonalen Fachtagung Freilandgemüse 2020 am Strickhof in Wülflingen realisierten die Gemüsebaufachstellen der Kantone Thurgau und Zürich gemeinsam einen Versuchsaufbau zum Thema "Additives Intercropping".
Beim additiven Intercropping werden spezifische, für bestimmte Nützlinge besonders förderliche Habitatpflanzen in die Pflanzreihen der Kultur gepflanzt, welche den Fressfeinden und Parasitoiden der Gemüseschädlinge Nahrung und Unterschlupf bieten. Dabei sollen die Nützlinge zum einen möglichst früh in die Kultur gelockt und zum anderen dort möglichst lange, also bis zur Ernte gehalten werden. Dabei spielt sowohl der Blühzeitunkt und die Blühdauer der Intercroppingpflanzen für die verschiedenen Nützlingsarten eine Rolle, wie auch die Erreichbarkeit der Pollen und des Nektars in der Blüte. Das Pflanzen der Intercroppingpflanzen geschieht derart, dass die Kultur weiterhin mit der herkömmlichen Hacktechnik bearbeitet werden kann und das Verfahren auch sonst keine zusätzlichen Anpassungen in der Kulturführung erfordert.
Das Verfahren soll dazu beitragen den Insektizideinsatz reduzieren zu können, indem bereits vor einer Massenvermehrung der Schädlinge eine ausreichend grosse Nützlingspopulation angelockt wird und am Standort gehalten werden kann.
Versuchsziele
Nebst dem Demonstrationseffekt an der Interkantonalen Fachtagung Freilandgemüse war das Ziel des Versuchs die Möglichkeiten und Grenzen des Anbausystems hinsichtlich der Einsparung von Insektizidbehandlungen im Freilandkohlanbau auszuloten. Dieses Potential wurde in diesem Versuch durch wöchentliche, detaillierte Bonituren genauer beleuchtet.
Methodik
Anzahl Standorte | Anzahl Versuchsjahre | Anzahl Wiederholungen | Art des Versuchs |
1 | 1 | 1 | Demonstrationsversuch |
Versuchsaufbau
Bepflanzung
Vorkultur auf der Versuchsfläche war Kunstwiese (Raygras und Luzerne). Die Grundbodenbearbeitung erfolgte in KW 21 mittels Spatenmaschine. Anschliessend wurde die Fläche mehrfach mit der Kreiselegge/Beetfräse vorbereitet. Die Düngung erfolgte als mineralische Grunddüngung mit (N/P/K) 250/40/150 kg/ha. Die Unkrautbekämpfung erfolgte vor der Pflanzung 1 x chemisch mit Glufosinate (5 l/ha «Basta»), sowie während des Versuchs mittels Handhacke. Die Bewässerung erfolgte zur Anwachsphase überkopf und anschliessend mittels Tropfbewässerung.
Die Bepflanzung erfolgte am 14.07.20 von Hand, da es sich um einen Kleinparzellenversuch handelte. Die Bepflanzung der Vergleichsparzelle erfolgte in den praxisüblichen Abständen (50cm x 35cm) mit Weisskohl Sorte Farao F1 und Spitzkohl Sorte Tourina F1. In der Intercroppingparzelle wurden dieselben Abstände gewählt, jedoch jede sechste Pflanzstelle anstatt einer Kohlpflanze mit einer Intercroppingpflanze belegt. Die Abstände zwischen den Intercroppingpflanzen wurden im Versuch zur besseren Veranschaulichung in der verhältnismässig kleinen Parzelle so eng bemessen.
Je Beet (jeweils drei Pflanzreihen) wurden abwechselnd ein Block Fenchel, Koriander, Dill und ein Block Steinkraut, Kornblume, Ringelblume gepflanzt. Weiterhin wurde in jeden Habitatpflanzenblock noch zusätzlich Hopfenluzernepflanzen eingebracht. Zwischen den beiden Teilflächen wurde rund eine Woche nach der Pflanzung ein Insektenzaun von ca. 1.2 m Höhe und Maschenweite von 0.9 mm aufgestellt, damit sich allfällig ergebene Nützlings- und Schädlingsgradienten durch das kleinflächige Versuchsdesign nicht zu schnell durch Abwanderung ausgleichen.
Die Kohljungpflanzen wurden vom Jungpflanzenbetrieb Beat Jud in Tägerwilen bezogen. Die Intercroppingpflanzen wurden vom Team der Extension Gemüse der Agroscope in Wädenswil auf Termin angezogen. Der zur Planung angefertigte Blüh- und Anzuchtplan wurde anhand einer Literaturrecherche zusammengestellt. Jedoch erwiesen sich die Daten als zu grosszügig bemessen. Unter Glas ist eine wesentlich geringere Anzuchtdauer notwendig, so dass viele Jungpflanzen bereits zu gross und überständig waren. Aufgrund des starken Wachstums mussten einige Pflanzen in 12er Plastiktöpfe umgetopft werden, so dass die Ballen nicht mehr Pflanzmaschinennorm aufwiesen. Dank der Bewässerung konnte ein guter Anwuchserfolg realisiert werden und auch die Blühdauer war bis zur Ernte des Versuchs ausreichend lang.
Bei der Auswahl der geeigneten Intercroppingpflanzen ist nebst der Blütenmorphologie, welche für die Zielnützlinge als Nahrungsquelle erschliessbar sein muss, auch darauf zu achten, dass diese zwar für Nützlinge förderlich sind, nicht aber für die Schädlinge der Zielkultur. In erster Linie ist daher darauf zu achten, dass es sich mindestens nicht um dieselbe Pflanzenfamilie handelt. Im Falle des Steinkrauts wurde im vorliegenden Versuch gegen diesen Grundsatz verstossen. Jedoch ist Steinkraut in einem besonderen Mass für Schwebfliegen interessant, so dass befunden wurde, dass die Vorteile gegenüber den Nachteilen überwiegen. Auch zeigt das Beispiel Buchweizen, dass man nicht alleine auf die Pflanzenfamilie gehen kann. Buchweizen gehört nicht zu den Kreuzblütlern, wird aber gerne von Kohlerdflöhen als Nahrungspflanze angenommen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Auswahl der Intercroppingpflanzen ist deren Blühzeitpunkt und Blühdauer. Ziel sollte es sein, bereits zur Pflanzung erste blühende Pflanzen zu haben, so dass bereits zu Beginn Nützlinge angelockt und erste einwandernde Schädlinge bekämpft werden können. Anderseits sollte es bis zur Ernte hin blühende Pflanzen geben, damit die Umgebung für die Nützlinge weiterhin attraktiv bleibt und diese im Feld gehalten werden können. Beide Punkte konnten im vorliegenden Versuch sehr gut realisiert werden.
Bonituren
Alle Organismen wurden direkt im Bestand gezählt, bis auf die Thripse, welche durch je eine Blaufalle (Rebell blu) pro Parzelle erfasst wurden. Die Auszählungen und Bonituren erfolgten wöchentlich gemäss einem Boniturschema in je 4 Blöcken und unter Berücksichtigung folgender Organsimen.
- Läuse: Kolonien mehlige Kohlblattlaus
- Läuse: Einzelne beflügelte Kohlblattläuse
- Läuse: Herzbefallene Pflanzen
- Läuse: Kolonien andere Lausarten
- Läuse: Einzelne beflügelte andere Lausarten
- Läuse: Parasitierte Individuen
- Kohlmottenschildlaus: Eigelege (Kreisförmig abgelegt)
- Kohlmottenschildlaus: Befallene Pflanzen
- Kohlmottenschildlaus: Bonitur Befallsstärke
- Kohlraupen: Eigelege (Kohlweisslinge; Kohleule)
- Kohlraupen: Raupen
- Kohlraupen: Vorherrschende Art (Kohlmotte)
- Kohlerdflöhe: befallene Pflanzen mit Lochfrass
- Kohlerdflöhe: Befallsstärke (0-5)
- Kohldreherzgallmücke: befallene Pflanzen mit Herzlosigkeit
- Thripse: Auf Blaufalle
- Thripse: Befallsstärke (0-5)
- Schwebfliegen: Larven
- Florfliegen: abgelegte Eier
- Marienkäfer: Eigelege
- Marienkäfer: Larven
- Marienkäfer: Adulte
Resultate
Diskussion
Aufgrund der Erhebungen lässt sich ein Vorteil der Intercroppingparzelle hinsichtlich Nützlingsförderung und Schädlingskontrolle gegenüber der Vergleichsparzelle ableiten. Im Falle der Kohlmottenschildlaus und der Thripse ist eine gute Regulierung durch diverse Nützlinge erkennbar, die sich aber aufgrund der standörtlichen Gegebenheiten und der natürlichen Mobilität der Organismen nicht ausschliesslich und eindeutig auf das Intercropping zurückführen lässt.
Bei der, in diesem Fall entscheidenden Schädlingsgruppe, den Kohlraupen, wurde das Ziel jedoch deutlich verfehlt. Hier müsste in der Praxis rechtzeitig eingegriffen werden und z.B. ein Bacillus thuringensis Präparat zur Bekämpfung der Kohlraupen appliziert werden um den im vorliegenden Fall entstandenen Schaden abwenden zu können.
Die Schwächen des Versuchsdesigns sind in erster Linie in der Unberechenbarkeit des Schädlingszuzugs zu suchen. Die Mindererträge lassen sich zum grössten Anteil auf Frassschäden der Kohlmotte zurückführen, welche zwar zu einem geringen Teil durch Hyposoter ebeninus parasitiert wurde, dies aber die Vermehrung nicht aufhalten konnte. Weshalb das Auftreten der Kohlmotte in der Intercroppingparzelle und somit die Frassschäden dort verstärkt vorkamen, kann verschiedenen Gründe haben. Wahrscheinlich ist jedoch, dass der Einflug der Kohlmotte von Nordwesten aus den angrenzenden Gemüseparzellen starker erfolgte als von Südosten, wo sich Parkplätze und Infrastruktur befinden. Das vertikale Insektenschutznetz hat dabei verhindert, dass sich die Tiere in beiden Parzellen zu gleichen Teilen angesiedelt haben.
Es ist anzunehmen, dass das mittig angebrachte Insektenschutznetz zwar eine Migration von Nützlingen wie auch Schädlingen zwischen den beiden Parzellen verlangsamt, jedoch nicht verhindert hat.
Klarheit kann hier nur eine Wiederholung des Versuchs mit einem verbesserten Versuchsdesign bringen. Das heisst mit grösseren Abständen, homogenerem Umfeld, Mehreren Versuchsblöcken pro Variante und weniger Randeffekte durch Saumstrukturen und Nachbarparzellen. Ebenfalls können Versuche mit einzelnen Intercroppingpflanzen angelegt werden um die Einzeleffekte der verschiedenen Pflanzen zu überprüfen.
Bei einer grossflächigen Umsetzung des additiven Intercroppings in der Praxis müsste die Anzucht der Intercroppingpflanzen in derselben Erdpresstopfgrösse erfolgen wie die Kulturpflanzen, so dass eine maschinelle Pflanzung im Hinblick auf eine rationelle Feldbestellung möglich ist. Weiterhin können in der Praxis die Abstände der Intercroppingpflanzen in der Reihe weit grösser gewählt werden als im vorliegenden Versuch, es sollte dann trotzdem eine ausreichend grosse Attraktivität für die Nützlinge gegeben sein. Die Abstände wurden in diesem Fall zur besseren Veranschaulichung im Rahmen der Demonstrationen so eng bemessen, sollten aber bei einer Wiederholung des Versuchs grösser gewählt werden.
Den ausführlichen Bericht gibt es hier: Additives Intercropping in Kohl 2020